Ebola und die Folgen Ghana - ein Land am Rand der Krise

Die beiden Bundesminister Gröhe und Müller besuchen ein recht erfolgreiches Land, das bei der nächsten Epidemie in Westafrika eine wichtige Rolle spielen wird - das aber selbst in Mitleidenschaft gerät.

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Entwicklungsminister Gerd Müller Quelle: dpa

140 mal hieß es im Noguchi-Institut in Ghanas Hauptstadt Accra im vorigen Jahr Alarm. 140 mal zum Glück dann aber auch wieder Entwarnung. Im westafrikanischen Vorzeigelabor testeten die Wissenschaftler Blut von Kranken, die Symptome von Ebola zeigten: hohes Fieber, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Erbrechen. Kein einziger Fall der oft tödlichen Viruserkrankung trat auf.

Die Ärzte und das Personal der Gesundheitsstationen in Ghana mit 26 Millionen Einwohnern kennen die zentrale Ebola-Telefonnummer des Noguchi-Instituts. Die sollen sie anrufen, dann werden Sie beraten, wie Patienten betreut werden sollen, und die Proben gelangen zügig ins zentrale Labor. "Mit dem, was wir untersuchen können, unterstützen wir auch die Nachbarländer," sagt Joseph Humphrey Kofi Bonney vom Noguchi. Aus Togo oder Benin etwa kommen Proben für alle möglichen ansteckenden Krankheiten.

Das Fieber mit den tödlichen Folgen ist noch überall präsent im westafrikanischen Land, auch wenn bei den betroffenen Nachbarn Liberia, Sierra Leone und Guinea die Zahl der Neuinfizierten abnimmt. Überall hängen Hinweise, wie sich Einzelne gegen eine Ansteckung mit Ebola schützen können. Händeschütteln ist nicht mehr selbstverständlich und am Eingang vieler Gebäude stehen Spender mit Desinfektionslösung  zum Einreiben.

Bei ihrer Reise nach Ghana und Liberia werden die beiden deutschen Minister Gerd Müller (CSU) und Hermann Gröhe (CDU) nicht müde, die Gastgeber bei ihrer ersten Station zu loben. Entwicklungsminister Müller preist die wirtschaftlichen Erfolge und den Frieden im Land, Gesundheitsminister Gröhe zollt den Medizinern und Mikrobiologen Anerkennung.

„Auch wenn sich die Scheinwerfer der Welt von Westafrika abwenden, dürfen wir die Region nicht allein lassen“, sagt Müller vollmundig.

Ghana gilt im Kampf gegen tödliche Seuchen und andere Krisen als wichtiger Staat in Afrika - es ist stabil, hat ein recht ordentliches Gesundheitssystem und eine leidlich funktionierende Infrastruktur. Ideal also als Stützpunkt für internationale Helfer, als medizinisches Zentrum, als Umschlagplatz für Hilfsgüter und als Vorbild für andere.

Doch die Ebola-Epidemie mit mehr als 10.000 Toten hat auch Ghana in Mitleidenschaft gezogen. Viele Reisende blieben im vorigen Jahr fort, weil sie die ganze Region als gefährlich einschätzten.  Internationale Kongresse wurden abgesagt. Und das in einer Zeit, in der die Wirtschaft im Lande ohnehin etwas ins Stottern geraten war.

Auf den Straßen sei die Nervosität zu greifen gewesen, berichten Ghanaer. Jeder habe damit gerechnet, dass Ebola in der dicht besiedelten Region von einem Land ins nächste wandern würde. Einem Mann, der über Accra nach Lagos in Nigeria gereist war, wurde dort Ebola nachgewiesen. Wie durch ein Wunder hatte er niemand beim Zwischenstopp angesteckt.

Das ist das Ebola-Virus

Nach dem Noguchi-Labor besuchen Gröhe und Müller noch die Uno-Mission gegen Ebola, genannt UNMEER. Dort auf dem großen Gelände am Flughafen in Accra lagern die Uno und Hilfsorganisationen alles von der Babynahrung über Medikamente bis zu Lebensmittelrationen, die für Noteinsätze wichtig sind. Es ist einer von weltweit sechs Stützpunkten der Uno für humanitäre Einsätze - riesige Lagerhallen, Kühlräume, etliche geländegängigen Lastwagen, direkter Zugang zum Flughafen. In einem Gang stapeln sich Fleecedecken bis unter die zehn Meter hohe Decke, im nächsten Kartons mit Fieberthermometern, dann Reis in riesigen Säcken.

Von hier aus operieren auch die Helfer des deutschen Technischen Hilfswerks (THW). In Ghana und Sierra Leone sind zurzeit zehn von ihnen, insgesamt waren seit Ausbruch von Ebola 71 THWler dort. Florian Gottschalk, im Hauptberuf in Deutschland Unternehmensberater, koordiniert die THW-Einsätze von Ghana aus:  die Logistiker seiner Truppe brachten etwa 400 Motorräder mit Kühlboxen zum Transport von Blutproben in die betroffenen Gebiete, 15 Allrad-LKW, 80 Stromaggregate und 240 Krankenhausbetten.

Für solche logistischen Kraftakte eigne sich Ghana sehr gut, lobt der UN-Vertreter in Accra, der Franzose Jean François Milhaud: "Accra ist ebolafrei, es gibt eine gute Infrastruktur und wir sind nah an der Region des Ausbruchs." Die Uno werde weiter von Accra aus operieren. Die nächste Krankheit - ob Vogelgrippe, Ebola oder ein anderes Fieber - kommt bestimmt.

THW-Mann Gottschalk nennt aber schon mal das Ende des Ebola-Einsatzes aus deutscher Sicht: "Die Mission hier endet am 30. Juni 2015."

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