Eintracht bei „Merkozy“ „Wir sind für einen neuen Vertrag“

Vom Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel bei Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben sich viele die Worte erhofft, die Europa retten sollen. Und tatsächlich wollen die beiden Politiker rasch handeln.

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Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben sich am Montag mal wieder getroffen. Diesmal im Elysée-Palast. Quelle: dapd

Paris Schon von weitem ist vor dem Elysée-Palast ein großes Polizeiaufgebot zu sehen. Im französischen Präsidentensitz speisen gerade Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Vor allem reden sie, über Europa und die Schuldenkrise und suchen einen gemeinsamen Nenner für die Reformpläne. Die Stimmung ist angespannt. So viele Journalisten drängten sich schon lange nicht mehr auf dem Kieselhof.

Alle warten auf die Worte, die Europa retten sollen. Eine Stunde schon, dann kommen endlich die beiden Regierungschefs, die aufgrund ihrer häufigen Treffen schon „Merkozy“ genannt werden. Er trägt dunkelblau, sie schwarz, die ernsten Gesichter passen zur Kleidung. Im Hintergrund sind drei Flaggen zu sehen, die deutsche, die französische und die europäische.

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben sich in Paris auf gemeinsame Vorschläge zur Rettung in der Eurokrise geeinigt, die sie am Donnerstag und Freitag in Brüssel präsentieren wollen: Die wichtigste Maßnahme ist ein neuer europäischer Vertrag, der automatische Sanktionen für Defizitsünder und eine Schuldenbremse vorsieht, die alle Länder in ihren Verfassungen verankern sollen.

Es ist fast 15.30 Uhr als Sarkozy im Pressesaal mit goldenem Stuck und goldenen Stühlen die ersten Worte spricht: „Wir haben jeden Tag zusammengearbeitet.“ Die derzeitige Krise in Europa soll sich nicht wiederholen, dem wolle man entgegenwirken. „Wir sind für einen neuen Vertrag, unser Präferenz ist mit 27 Ländern, aber wir sind auch bereit nur für 17 Länder der Eurozone und offen für die anderen Staaten, die zu uns stoßen wollen“, fügt er hinzu. Angela Merkel pflichtet ihm bei: „Der Euro ist uns so wichtig, dass wir auch den Weg der 17 gehen würden.“ Es gehe darum, das Vertrauen wiederzugewinnen. Die Akzeptanz von Europa habe gelitten.

„Wir sind für automatische Sanktionen bei Verstößen gegen die Drei-Prozent-Defizitgrenze des Bruttoinlandsproduktes“, erklärt Sarkozy. Die Schuldengrenze müsse auf europäischem Niveau in die Verfassungen aufgenommen werden. Auch die Bundeskanzlerin betont die „bindenden Schuldengrenzen“ und führt aus: „Der europäische Gerichtshof soll das überprüfen, das ist in den bisherigen Verträgen nicht möglich.“ Auch das ist eine Forderung, die Deutschland gestellt hat. Frankreich berief sich immer wieder auf die nationale Kompetenz bei der Schuldenüberprüfung. Allerdings soll es doch keine direkte Eingriffsmöglichkeit in die nationalen Budgets geben, wie sich die Bundeskanzlerin erst gewünscht hat. Der europäische Gerichtshof soll nur prüfen, ob die Schuldenbremse in den Ländern eingehalten wird.

Vorgezogen werden soll die Einrichtung des Europäischen Stabilätsmechanismus (ESM) von 2013 auf 2012.  Es müsse einen dauerhaften Stabilitätspakt geben, Griechenland sei eine „Ausnahme“ gewesen. „Staatsanleihen in Europa müssen wieder sichere Investitionen werden“, erklärt Merkel. Deshalb solle für die Zukunft auch kein Schuldenschnitt vereinbart werden. Die Beteiligung der privaten Gläubiger sei bei Griechenland freiwillig gewesen. Man wolle in Zukunft der Praxis des Internationalen Währungsfonds folgen, so die Bundeskanzlerin. Das ist ein Zugeständnis, über das Frankreich froh sein dürfte. Denn Frankreichs Banken sind nicht nur in Griechenland, sondern auch im verschuldeten Italien sehr aktiv.


Unveränderte Haltung zur EZB

Zum Thema Europäische Zentralbank wurde die Position bestätigt, die schon vergangene Woche in Straßburg beim Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti stand. Die EZB bleibe unabhängig, man werde sich jedes Kommentars enthalten. Damit hat Frankreich darauf verzichtet, Staatsanleihen von Problemländern aufzukaufen und Deutschland kann durchaus ein Auge zudrücken, wenn die EZB es dennoch mal tut, um die Märkte zu beruhigen.

Sarkozy redet mit leiser Trauerstimme, weniger energisch als sonst, besonders als er das Thema Euro-Bonds anspricht. Ursprünglich war Frankreich für die gemeinsamen Anleihen, doch Merkel wollte in diesem Punkt auf keinen Fall nachgeben. So sagt Sarkozy nun: „Deutschland und Frankreich sind sich einig, dass Euro-Bonds keine Lösung sind. Auf keinen Fall.“ Das „auf keinen Fall“ betont der französische Präsident gleich zweimal und erklärt warum: Man dürfe die Schulden nicht verallgemeinern und Frankreich und Deutschland müssten zahlen, ohne es kontrollieren zu können.

Auch über den Fahrplan sind sich beide einig. Die Vorschläge sollen dem Präsidenten des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, am Mittwoch in einem Brief vorgelegt werden. Eine Entscheidung über alle Forderungen von Deutschland und Frankreich solle schon beim Eurogipfel am kommenden Wochenende fallen. Bis zum März soll ein neuer Vertrag zumindest für die 17 Länder der Eurozone ausgehandelt sein. „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren“, warnt Sarkozy.

Allerdings dürfte es in Frankreich schwierig werden, die Schuldenbremse zu verankern, denn die oppositionellen Sozialisten, die im Senat die Mehrheit stellen, sind dagegen. Sozialistische Politiker hatten Merkel auch in den letzten Tagen kritisiert. Abgeordnete wie Arnaud Montebourg hatten die Kanzlerin mit Bismarck verglichen und ihr nationalistische Politik vorgeworfen.

Die Frage, wie sie das finde, entlockt der Kanzlerin zum ersten Mal an diesem Tag ein Lächeln und sie schaut zu Sarkozy: „Leute, die das sagen, haben weder Ahnung von Geschichte noch von Gegenwart.“ Sie seien meist in der Opposition. „Wie gut, dass wir an der Regierung sind.“ Sarkozy pflichtet bei, es habe in Frankreich im rechten und linken Lager immer Konsens über die deutsch-französische Freundschaft gegeben.  Es scheint als hätten sich die beiden unterschiedlichen Politiker tatsächlich zusammengerauft und einen Kompromiss gefunden.

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