Ende der Teilung? Stunde der Wahrheit für Zypern

Nach monatelangen Verhandlungen ist eine Lösung im Streit um das geteilte Zypern in Sicht. Die Konfliktparteien legen ihre Karten offen, die Uno ist optimistisch. Doch es gibt noch Stolpersteine.

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Die nächste und entscheidende Phase der Verhandlungen ist bereits in Sicht:. Quelle: AP

Mon Pélerin Nach mehr als 42 Jahren Teilung scheinen die griechischen- und türkischen Zyprer einer Einigung ein ganzes Stück näher gekommen zu sein. Angestrebt wird eine Föderation aus zwei Bundesstaaten. Ein griechisch-zyprischer im Süden und ein türkisch-zyprischer im Norden der drittgrößten Mittelmeerinsel. Die zyprischen Volksgruppenführer – der griechische Zyprer Nikos Anastasiades und der türkische Zyprer Mustafa Akinci – verhandeln im schweizerischen Mont Pélerin, seit Monatsbeginn schon sieben Tage lang. Vorangegangen waren Monate zäher Vorgespräche.

Im Mittelpunkt steht jetzt das heikle Thema der innerzyprischen Grenzen. Also die Grenze zwischen den beiden Bundesstaaten, die im Falle einer Einigung die Bundesrepublik Zypern bilden sollen. Gefahren lauern: Nach wie vor haben beide Seiten unterschiedliche Vorstellungen. Akinci will, dass möglichst wenige türkische Zyprer nach einer Rückgabe von Territorium an die griechischen Zyprer umgesiedelt werden müssen. Anastasiades jedoch möchte erreichen, dass möglichst viele griechische Zyprer in die Gebiete zurückkehren können, aus denen sie oder ihre Vorfahren 1974 vor den vorrückenden türkischen Truppen fliehen mussten.

Zyprische Medien wollen bereits erfahren haben, dass der türkische Teil von 34 Prozent auf 28,5 Prozent Zyperns schrumpfen soll. Die griechischen Zyprer würden demnach auch den größten Teil der drei Prozent des Bodens zurückbekommen, die bisher als Pufferzone zwischen den beiden Teilen dienen. Dann würde die griechisch-zyprische Seite 71,5 Prozent der Insel kontrollieren.

Wäre dann die Lösung unter Dach und Fach? Keineswegs: Die türkischen Zyprer und Ankara bestehen darauf, dass die Türkei weiterhin Garantiemacht bleibt, wie sie es seit der Gründung des Staates im Jahr 1960 war. Für die griechischen Zyprer und Athen sind dagegen Garantiemächte ein Anachronismus. In der EU brauche man keine Garantiemächte, auch nicht in Form eines Drittstaates wie die Türkei.

Weiterer Stolperstein sind die Kosten. Eine Wiedervereinigung würde enorme Summen erfordern. 160.000 griechische und 40.000 türkische Zyprer mussten 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention aus ihren Dörfern und Städten fliehen. Allein die Entschädigungen derjenigen, die umgesiedelt werden müssten oder nicht in ihre Häuser zurückkehren können, werden auf mehr als zehn Milliarden Euro geschätzt.

Die nächste und entscheidende Phase der Verhandlungen ist bereits in Sicht: Eine internationale Konferenz, an der die sogenannten Mutterstaaten Türkei und Griechenland, die Ex-Kolonialmacht Großbritannien, die Vereinten Nationen und auch die EU teilnehmen. Diese soll bereits Ende Dezember stattfinden, heißt es aus Verhandlungskreisen.

Danach muss noch eine Hürde, vielleicht die schwierigste, genommen werden: Die beiden Volksgruppen müssen das ganze Lösungspaket in getrennten Volksabstimmungen billigen. Ein ähnlicher Plan, den die UN 2004 ausgearbeitet hatten, scheiterte am Nein der griechischen Zyprer. Sie waren damals nicht überzeugt, dass Ankara, das 35.000 Soldaten im Norden Zyperns unterhält, den Plan in die Tat umsetzen würde. Lehnen sie den Plan erneut ab, könnte die Teilung der Insel endgültig besiegelt werden.

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