Energie Erdgas im Mittelmeer produziert Konflikte

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Griechenland, Zypern und Israel

Die Staaten mit dem größten Öldurst

Die Türken und allen voran die Regierung Erdogan hatten seit der Revolution vor zwei Jahren gehofft, im neuen Ägypten einen verlässlichen und vor allem auch ökonomisch wertvollen Verbündeten in der Region zu finden. Erdogan war noch 2011 mit einem Gefolge von Dutzenden an Investitionen in Nordafrika interessierten türkischen Unternehmern in die Revolutionsländer Tunesien und Ägypten gereist. Politisch sind die Ergebnisse dieses Engagements unklar, wirtschaftlich ist so gut wie nichts zu sehen: Die an einen starken Staat und klare Regeln gewöhnten türkischen Unternehmen scheuen vor dem ägyptischen Chaos zurück, und wegen der gewaltigen Wirtschaftsmisere im heutigen Ägypten verlangt Ägyptens Präsident Mohammed Mursi von möglichen Verbündeten vor allem Finanzspritzen. Damit können die milliardenschweren Ölmonarchen vom Golf dienen, allen voran der Emir von Katar. Erdogan kann es nicht, will es auch nicht und setzt darum am Ende auf die aus seiner Sicht ungläubigen Israelis, die in die Türkei Touristen, Kriegsgerät und demnächst auch Erdgas exportieren können.

Wie Erdogan nicht mehr auf Ägypten setzt, hat der Israeli Netanjahu seine Verbindung nach Zypern und von dort weiter nach Griechenland einschlafen lassen. Vor zwei Jahren sah das noch ganz anders aus: Netanjahu sah in dem damaligen griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, der wie er selbst in den USA aufgewachsen und zur Universität gegangen war, seinen besten Freund in Europa, und gemeinsam mit dem stark von Athen beeinflussten Zypern wollten die beiden eine den östlichen Mittelmeerraum dominierende Allianz bilden. Inzwischen ist Papandreou Privatmann, Griechenland völlig in der Krise versunken, Zypern desgleichen, und beide haben ökonomisch und machtpolitisch den Israelis nur noch wenig zu bieten.

Dazu kommt das Urteil der Gasingenieure aus Texas. Noble Energy war 2008 und 2009 fast gleichzeitig bei den beiden israelischen Gasfeldern und bei dem potenziell größeren Gasfeld Aphrodite vor der Küste Zyperns eingestiegen. Die Rede war damals von enger zypriotisch-israelischer Zusammenarbeit bei der Gasförderung und -vermarktung. Der Handelsweg sollte nach Nordwesten führen über eine geplante Pipeline Richtung Griechenland.

Türkei

Inzwischen haben die Israelis festgestellt, dass der Weg in die Türkei nicht nur viel billiger ist, sondern auch in ein wirtschaftlich mehr Vertrauen erweckendes Land führt. Außerdem weiß man heute, dass Aphrodite viel schwieriger zu erschließen ist als die israelischen Felder, und Noble Energy scheint das Interesse an dem zypriotischen Feld verloren zu haben. Der Energieexperte Jen Alic vom Informationsdienst oilprice.com schreibt, die Regierung der Inselrepublik glaube immer noch, über 60 Billionen Kubikfuß (also 1,7 Billionen Kubikmeter) Erdgas verfügen zu können – doch das „sind keine nachgewiesenen Reserven, und die wirtschaftliche Nutzbarkeit könnte noch Jahre entfernt sein“.

Und damit auch die finanzielle Rettung des Euro-Krisenlandes Zypern durch das Erdgas, ein Traum, den die Regierung in Nikosia nach wie vor pflegt. Immerhin sind Überraschungen möglich: An die israelischen Gasfelder war vor zehn Jahren noch nicht zu denken gewesen, und wer auf dem Boden des östlichen Mittelmeers noch vor fünf Jahren nach Schätzen suchte, galt als Spinner.

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