Zwei schwere Erdbeben in kurzen Abständen haben im Süden Japans bis Samstag mindestens 32 Menschen in den Tod gerissen und 1500 weitere verletzt. Ihre Epizentren lagen am Donnerstagabend und Samstagmorgen (Ortszeit) relativ dicht rund zehn Kilometer unter der Erdoberfläche, was ganze Berghänge abrutschen ließ und Straßen und Häuser in sich auftuenden Abgründen verschwinden ließ. Das ganze Ausmaß der Schäden war zunächst nicht abzusehen.
Ministerpräsident Shinzo Abe warnte vor einer weiteren Gefahr: Regen und Starkwind könne Rettungs- und Bergungseinsätze im Laufe des Samstags behindern und weitere Erdrutsche auslösen. Das sei eine große Herausforderung für die Rettungskräfte. Es wurde befürchtet, dass die Zahl der Toten und Verletzten weiter steigt, je mehr Trümmer geräumt werden.
Die Zahl der Toten nehme stündlich zu, sagte ein Sprecher der Präfektur Kumamoto, Tomoyuki Tanaka. 19 der Opfer kamen bei dem erneuten Erdbeben der Stärke 7,3 um, das die Region auf der Insel Kyushu am frühen Samstagmorgen gegen 1.25 Uhr (Ortszeit) traf. Eine Erschütterung der Stärke 6,5 hatte dieselbe Region am Donnerstagabend getroffen, dabei starben nach Behördenangaben zehn Menschen.
Insgesamt wurden bei den Beben 1500 Menschen verletzt, 80 davon schwer, wie Kabinettssekretär Yoshihide Suga sagte. Er rief in einer vom fernsehen übertragenen Pressekonferenz dazu auf, nicht in Panik zu verfallen. „Bitte lasst uns uns gegenseitig helfen und ruhig bleiben“, sagte er.
Eine Reihe von Nachbeben ließ die Erde rund um die besonders stark getroffene Stadt Mashiki erzittern. Darunter war am Samstagmorgen ein Erdstoß der Stärke 5,4. Wie die Meteorologische Behörde Japans mitteilte, war die Erschütterung am Donnerstagabend vermutlich ein Vorläufer für das große Beben am Samstag.
Japanische Medien berichteten, dass mit dem Aso der größte aktive Vulkan des Landes ausgebrochen sei. Auch er befindet sich auf der Insel Kyushu, mit dem Auto fährt man aus Kumamoto gut 90 Minuten, um den 1592 Meter hohen Berg zu erreichen. Rund 100 Meter hoher Rauch stieg demnach auf, von Schäden wurde zunächst nicht berichtet. Es war zunächst nicht klar, ob es eine Verbindung zwischen den Beben und der Eruption gab.
Medienberichten zufolge waren fast 200 000 Häuser ohne Strom. Auch die Trinkwassersysteme fielen in der Region aus. Im Fernsehen waren Japaner zu sehen, die ruhig, mit Decken umhüllt und Schulter an Schulter in Evakuierungszentren saßen.
Suga sagte zuvor am Samstag, die Polizei in Kumamoto habe mehr als 300 Notrufe erhalten, in der nahegelegenen Präfektur Oita seien es weitere 100 gewesen. Viele hätten von Eingeschlossenen und Verschütteten berichtet. 20 000 Soldaten verstärkten Suga zufolge die Rettungseinsätze. Regierungschef Shinzo Abe rechnete mit erheblichen Schäden durch das zweite Erdbeben.
Die japanische Atombehörde teilte mit, in Sendai, wo die beiden derzeit einzigen hochgefahrenen Reaktoren Japans in Betrieb sind, seien keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. In der historischen Burg von Kumamoto brachen dagegen Steine aus den Mauern. Eine Holzkonstruktion brach zusammen.
So traurig die Szenen in der Region waren, so froh wurde am Freitag die Nachricht eines offenbar unverletzten Babys aufgenommen, das in eine Decke gewickelt aus einem Haus gerettet wurde.
Japan befindet sich auf dem sogenannten pazifischen Feuerring, auf dem es häufig zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen kommt.