Erdogan und Putin in St. Petersburg Eine Versöhnung auf Bewährung

Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im November lagen die Beziehungen zwischen Ankara und Moskau am Boden. Nun treffen sich die Präsidenten erstmals wieder - und überschütten sich mit Nettigkeiten.

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Erdogan und Putin Quelle: AP

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin haben bei einem Treffen ihr Interesse an besseren Beziehungen ihrer Länder betont. Ein Dialog sei im Interesse der Völker beider Länder, sagte Putin am Dienstag in St. Petersburg. Erdogan dankte Putin für die Einladung und sagte, von der Zusammenarbeit beider Länder werde die gesamte Region profitieren. Es war sein erster Auslandsbesuch nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei vor fast vier Wochen.

Erdogan dankte Putin erneut, dass dieser ihn nach dem Umsturzversuch als einer der ersten angerufen habe, um seine Unterstützung zu bezeugen. Das „hat mich, meine Kollegen und unser Volk erfreut“, sagte Erdogan.

Die Beziehungen beider Länder hatten seit dem Abschuss eines russischen Kampfjets an der syrisch-türkischen Grenze durch die Türkei im November auf Eis gelegen. Erst Ende Juni bemühte sich Ankara um eine erste Annäherung und entschuldigte sich für den Vorfall. Russland lockerte daraufhin einige Sanktionen, die es als Reaktion auf den Abschuss verhängt hatte.

Visumfreiheit: Was die EU von der Türkei verlangt

Beobachtern zufolge könnte Erdogan eine weitere Annäherung an Moskau auch dazu nutzen, um seine Position in diversen Streitigkeiten mit den USA und der EU zu stärken. So fordert die Türkei von den USA, den Prediger Fethullah Gülen auszuliefern. Ihn sieht Erdogan als Drahtzieher des Putsches an. Mit der EU herrscht große Verstimmung, unter anderem wegen der Kritik an Erdogans Vorgehen gegen mutmaßliche Unterstützer des Putsches. Auch droht Ankara damit, den Flüchtlingspakt mit Brüssel platzen zu lassen, falls die Visafreiheit nicht in absehbarer Zeit gewährt wird.

Putin seinerseits zeigte sich im Vorfeld des Treffens mit Erdogan daran interessiert, wichtige wirtschaftliche Projekte wiederzubeleben, darunter eine Pipeline, durch die russisches Erdgas in die Türkei strömen soll. Auch will Moskau seinen Einfluss im türkischen Nachbarland Syrien erhöhen, wo russische Kampfjets den Truppen von Präsident Baschar al-Assad seit Ende September im Kampf gegen die Rebellen helfen. Russland und die Türkei unterstützen in dem Krieg rivalisierende Seiten. Wie dort eine mögliche Kooperation aussehen könnte, blieb offen.

Erdogan hat außerdem eine neue Epoche in den Beziehungen zu Russland ausgerufen. „Die Region hat politisch gesehen Erwartungen an uns“, sagte Erdogan zu Beginn seines Besuches in St. Petersburg. „Ich glaube, dass unsere Solidarität helfen kann, die regionalen Probleme zu lösen“.

Putin betonte in Anspielung an den gescheiterten Putsch vom 15. Juli, er sei froh, dass er Erdogan erneut treffe und pries dessen Besuch als Zeichen der Türkei, die belasteten Beziehungen zu reparieren. Dass Erdogan trotz der „sehr schwierigen Lage“ in der Türkei gekommen sei, bedeute, dass er den Dialog wieder aufnehmen und den Kontakt im Interesse der Völker beider Länder wieder herstellen wolle, sagte Putin.

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