Erdstöße in Nordkorea Offenbar neuer Atomtest in Nordkorea

In Nordkorea ereignet sich ein ungewöhnliches Beben. Das südkoreanische Militär ist sich nach kurzer Überprüfung relativ sicher: Es handelt sich wohl um einen Atomtest. Zuvor hatte Nordkorea wieder einmal Propaganda betrieben.

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Diese von der Regierung Nordkoreas am 03.09.2017 verbreitete Aufnahme zeigt Staatschef Kim Jong Un (2.v.r.) bei der Inspektion eines angeblichen Wasserstoffbomben-Sprengkopfes an einem nicht genannten Ort. Nordkoreas Nuklearwissenschaftler haben nach Angaben der Staatsagentur KCNA eine Wasserstoffbombe gebaut, die von Interkontinentalraketen ins Ziel gebracht werden kann. Quelle: dpa

Seoul Nordkorea könnte nach Angaben des südkoreanischen Militärs seinen sechsten Atomtest durchgeführt haben. Der südkoreanische Generalstabschef und die Wetteragentur des Landes erklärten am Sonntag, sie hätten künstlich erzeugte Erdstöße der Stärke 5,7 registriert, zu denen es in Kilju in der nordkoreanischen Provinz Hamgyong gekommen sei. Dem Generalstab zufolge handelte es sich wahrscheinlich um einen Nukleartest. Die US-Erdbebenwache gab die Stärke mit 6,3 an und sprach von einer Explosion.

Kurz darauf meldete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap erneute Erschütterungen der Stärke 4,6. China bestätigte diese. Südkoreas Wetteragentur widersprach jedoch. Das Militär des Landes erwähnte diese Erdstöße gar nicht.

Südkoreas Präsident Moon Jae In berief eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates ein. Der Generalstab erklärte, Seoul werde seine militärische Überwachung und Bereitschaft nun ausbauen. Das nordkoreanische Fernsehen kündigte eine wichtige Mitteilung an.

Die japanische Regierung bestätigte einen Nukleartest. Ministerpräsident Shinzo Abe sprach von einem inakzeptablen Schritt. Das US-Außenministerium reagierte zunächst nicht.

Wenige Stunden vor dem mutmaßlichen Atomtest hatten nordkoreanische Medien Bilder veröffentlicht, auf denen Staatschef Kim Jong Un bei der Beladung einer Internkontinentalrakete mit einer Wasserstoffbombe zu sehen sein soll. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA wurde die Bombe in Nordkorea hergestellt. Die Sprengkraft sei zwischen zehn und Hunderten Kilotonnen variabel einstellbar, hieß es.

Fotos zeigten Kim im Gespräch mit hochrangigen Militärs und beim Betrachten silbernen Gerätes in Form einer überdimensionalen Erdnuss. Dabei soll es sich die thermonukleare Waffe für die Rakete handeln. Davor ist ein Kegel zu sehen, bei dem es sich um eine Raketenspitze handeln könnte. Im Hintergrund eine die Modellzeichnung einer Bombe in einem Raketenkopf zu sehen.

Der Wahrheitsgehalt der nordkoreanischen Meldungen konnte nicht von unabhängiger Seite überprüft werden. Die Wortwahl in der Nachricht legte jedoch nahe, dass ein neuer Atomtest Nordkoreas bevorsteht.

Pjöngjang hatte zuletzt im vergangenen September einen nuklearen Sprengsatz gezündet. Anfang 2016 hatte das Land verkündet, eine Wasserstoffbombe getestet zu haben, was Südkorea allerdings in Zweifel zog, weil die Stärke der Detonation zu gering gewesen sei. Selbst ein fehlgeschlagenen Wasserstoffbombentest hätte stärkere Erschütterungen auslösen müssen als tatsächlich registriert wurden.

Ende der vergangenen Woche ließ Kim eine Rakete vom Typ Hwasong-12 über den Norden Japans fliegen und warnte zugleich, dies sei ein bedeutsamer Auftakt für einen geplanten Angriff auf die Gewässer rund um das US-Außengebiet Guam gewesen.

Ziel des abgeschotteten Landes ist es, Nuklearwaffen zu bauen, die das US-Festland treffen können. Einer der entschiedenen Schritte ist dabei, Atombomben so zu verkleinern, dass sie auf eine Rakete passen. Umstritten ist, ob Nordkorea dazu bereits in der Lage ist. Der südkoreanische Geheimdienst hält dies noch nicht für möglich. Einige andere Experten denken dagegen, das Nordkorea schon so weit sein könnte.

Der auf Nuklearstrategien spezialisierte Professor Vipin Narang vom Massachusetts Institute of Technology sagte, Nordkorea habe am Sonntag lediglich Fotos von Nachbildungen einer Wasserstoffbombe veröffentlich. „Wir werden nicht wissen, was sie haben, bevor sie es nicht testen und selbst dann bleibt noch eine große Unsicherheit, abhängig vom Ergebnis und der Form der Erdstöße und aller Isotope, die wir nach einem Test feststellen können“, sagte er.

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