Erstes Treffen Abe stellt sich dem Trump-Schock

Japans Ministerpräsident jettet als erster Regierungschef zum künftigen US-Präsidenten Donald Trump. In der Heimat kämpft derweil die Bank von Japan mit den Nebenwirkungen des Trump-Schocks – mit vielen Milliarden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Japans Regierungschef auf dem Weg zu Donald Trump. Quelle: AFP

Tokio Er ist noch nicht einmal im Amt, da hat Donald Trump auch gleich sein erstes Gipfeltreffen. Am Donnerstag trifft er Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Denn der hatte noch in der Wahlnacht alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den neuen Führer des Westens gnädig zu stimmen. Erst gratulierte er dem „außerordentlichen Geschäftsmann“ schriftlich. Dann rief Abe bei Trump an und schickte im nächsten Schritt seine Diplomaten los, um Kontakt zum Team des künftigen US-Präsidenten aufzunehmen und ein erstes Tête–à–Tête vorzubereiten. Denn der Schock über Trumps Wahl sei in Japan noch größer als in Europa gewesen, sagt ein diplomatischer Beobachter.

Der Grund: Trump hatte neben China auch den engsten Verbündeten der USA Japan als Währungsmanipulator und „Job-Dieb“ an den Pranger gestellt, an den Grundlagen der Sicherheitsallianz gerüttelt und das transpazifische Freihandelsabkommen abgelehnt, dass für Abe ein Eckstein seiner Wirtschafts- und Außenpolitik war. Doch ein Schritt der Bank von Japan hat womöglich noch ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt, das für Stress mit Trump sorgen könnte: die Geldpolitik – oder besser den wachsenden Unterschied zwischen den Zinsen in Japan und den USA.

Japans Notenbank hat am Donnerstag gezeigt, dass sie ihre neue Geldpolitik auch gegen die jüngste Trump-Hausse an den Finanzmärkten verteidigen wird. Sie kündigte an, japanische Staatsanleihen (JGBs) mit ein- bis fünfjähriger Laufzeit zu festen Zinsen zu kaufen. Damit will sie die Zinsen für JGBs drücken, die in Japan wie anderswo auf der Welt seit Trumps Wahlsieg steigen. Denn erst im September hatte die Bank von Japan zusätzlich zu ihrem massiven Kaufprogramm von JGBs ein neues Instrument eingeführt: die Zinskurvenkontrolle.

Sie verabschiedete sich damit de facto von ihrem bisherigen Versprechen, die Geldmenge pro Jahr um 80 Billionen Yen auszudehnen und negative Zinsen zu erzwingen. Stattdessen ist das Ziel ihrer Geldpolitik nun, die Zinsen für zehnjährige JGBs um null Prozent zu halten. Damit will sie erstens garantieren, dass die Zinsen für Anleihen mit kürzerer Laufzeit negativ sind, um die Investitionen von Unternehmen anzukurbeln. Zweitens sollen die Zinsen für langfristige Anleihen positiv bleiben, damit die Banken und vor allem die Lebensversicherer weiterhin etwas Geld mit JGBs verdienen können.

Doch Trumps Sieg stellte diese Politik unerwartet auf die Probe. Die Japaner hatten sich darauf eingestellt, dass ein Sieg Trumps zu einem Höhenflug des Yen und zu einem Crash an der Börse führen würde. Stattdessen wirkt seine Wahl wie ein Segen für die Finanzmärkte. Weil die Märkte nun massive Infrastrukturprogramme in den USA erwarten, stiegen simultan der Dollar, die Aktienkurse, aber eben auch die Anleihezinsen. Am 9. November lag der Zins zehnjähriger JGBs noch bei minus 0,083 Prozent, am Mittwoch dann bei plus 0,031 Prozent. Auch die Anleihen mit kürzerer Laufzeit lugten wieder ins Plus.


Japan sperrt sich gegen die Trump-Hausse bei Bondzinsen

Notenbankbeobachter sahen die Werte zwar noch im Zielkorridor. Aber die Notenbank entschied sich offenbar, früh zu zeigen, dass es Notenbankchef Haruhiko Kuroda ernst ist. Die Zinsen seien vielleicht in den USA gestiegen, hatte er am Mittwoch im Parlament erklärt. „Aber das heißt nicht, dass wir automatisch den Zinsen in Japan erlauben, im Tandem zu steigen.“

Unterstützt von der neuen Ankündigung der Notenbank kam die Botschaft am Donnerstag an. Der Dollar wurde kurzfristig wieder stärker, der Nikkei-Index stieg selbst nach seinem jüngsten Boom noch einmal ein bisschen um 0,4 Prozent auf 17862,63 Yen – und der Zins für zehnjährige JGBs fiel auf plus 0,005 Prozent.

Alles gut in Japan trotz Trump, könnte man meinen. Nur stellt sich die Frage, ob diese Zinskurvenkontrolle der Bank von Japan nicht schon bald zum Zankapfel mit Trump wird. Denn wenn die Bank von Japan die Zinsen für Anleihen niedrig hält, während sie in den USA steigen, wächst die Zinsspanne zwischen beiden Ländern. Und nach einer Denkschule bedeutet das dann einen schwächeren Yen.

Die Deutsche Bank sagt voraus, dass der US-Dollar-Kurs von derzeit 109 Yen bis Ende 2017 auf 115 Yen steigen wird. Diese Yen-Schwäche würde Japans Exporteuren große Wechselkursgewinne bescheren. Denn sie haben sich inzwischen auf einen stärkeren Yen eingestellt.

Die Frage ist, welche Yen-Kurs für Trump und sein Team akzeptabel ist und ab wann er Japan der Währungsmanipulation bezichtigt. 125 Yen wie im Juni 2015? Oder 99 Yen wie im Juni 2016? Niemand weiß es. Nur eines scheint klar. „Falls der Dollar zu stark wird, könnten Schlüsselpersonen aus Trumps Regierung Bedenken äußern“, warnt Toru Sasaki, Devisenexperte von JP Morgan Chase in Tokio.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%