EU-Handelskommissar Rettet das Acta-Abkommen!

Selten war ein EU-Vorhaben so umstritten wie das Urheberrechts-Abkommen. Viele Abgeordnete sind dazu entschlossen, gegen Acta abzustimmen. EU-Handelskommissar Karel De Gucht will den Vertrag doch noch durchsetzen.

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Karel De Gucht ist Handelskommissar der EU. Quelle: dpa

Brüssel Die EU-Kommission will das Europäische Parlament von einem Nein zu dem umstrittenen internationalen Urheberrechts-Abkommen Acta abbringen. Handelskommissar Karel De Gucht forderte am Mittwoch im Handelsausschuss des Parlaments in Brüssel, eine für Donnerstag angesetzte Abstimmung dazu zu verschieben. Die Abgeordneten wollen entscheiden, ob sie dem Plenum der europäischen Volksvertretung eine baldige Entscheidung empfehlen sollen. Nach massiven europaweiten Protesten im Frühjahr gegen Acta sind viele Abgeordnete entschlossen, den Pakt abzulehnen. Dann müsste er mit den internationalen Unterzeichnerstaaten neu verhandelt werden.

Selten hatte ein internationaler Vertrag der EU in Europa soviel Protest hervorgerufen. Im Februar waren Zehntausende Bürgerrechtler und Internet-Aktivisten dagegen in mehreren Ländern auf die Straße gegangen. Das Urheberrechtsabkommen zielt darauf ab, die hohen europäischen Standards zum Schutz der Hersteller vor Produktpiraterie und Markenfälschungen global durchzusetzen. Doch es enthält auch ein Kapitel zu Urheberrechten im Internet, das die Zugangsanbieter zur Kooperation mit Rechteinhabern verpflichtet. Nach Befürchtung der Kritiker könnte dies zu der nach europäischem Recht bisher noch nicht möglichen Regelung führen, dass Nutzern bei mehrmaligen Verstößen gegen Schutzrechte - und seien es Bagatellen - der Internetzugang gesperrt wird. Das Herunterladen von Filmen und Musik oder der private Austausch von Dateien könnte kriminalisiert werden. Im Internet drohten Überwachung und Zensur, argumentieren die Acta-Gegner.

De Gucht sagte, es sei nichts zu befürchten. "Acta ist kein Angriff auf unsere Freiheiten, es ist die Verteidigung unserer Lebensgrundlage." Die Unternehmen bräuchten gerade in Zeiten der Krise wie jetzt den Schutz des Urheberrechts, um sich im Wettbewerb durchzusetzen. Die Kommission hatte im Februar in Reaktion auf die massive Kritik den Europäischen Gerichtshof angerufen. Die Luxemburger Richter sollen klären, ob Acta den europäischen Grundrechten und dem Recht auf geistiges Eigentum widerspreche. Nach Ansicht De Guchts wird der EuGH aber zu dem Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall ist. Schließlich werde mit Acta das bestehende EU-Recht nicht verletzt. Mit einem Spruch des Gerichts ist erst in ein bis zwei Jahren zu rechnen. Solange sollen die Abgeordneten nach Meinung des Kommissars ihre Entscheidung auf Eis legen.

Doch die Sorge von Bürgerrechtlern und Internet-Aktivisten ist, dass sich durch Acta restriktive Regelungen in der Zukunft Bahn brechen. De Gucht hielt den Bedenken entgegen, die strittigen Fragen könnten in der anstehenden Revision der Urheberrechts-Richtlinie geklärt werden, die im Herbst auf den Tisch kommen soll.

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