EU-Türkei-Pakt "Es liegt noch Arbeit vor den Staaten"

Es ist ein wackeliger Pakt – kompliziert in der Umsetzung und politisch höchst umstritten. Dennoch werten die EU und die Türkei ihr Flüchtlingsabkommen positiv, trotzdem sehen sie noch viel Redebedarf.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) neben Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Quelle: dpa

Die Europäische Union und die Türkei haben eine positive Zwischenbilanz ihres Flüchtlingspakts gezogen. Es gebe Fortschritte, sagte der zuständige EU-Kommissar Dmitris Avramopoulos in Brüssel. Doch fügte er an: „Es bleibt noch Arbeit zu tun. Beide Seiten müssen liefern.“

Nach türkischen Angaben wurden im Rahmen des Abkommens seit 1. April 508 syrische Flüchtlinge aus der Türkei in die EU umgesiedelt. Gleichzeitig kamen 462 illegal nach Griechenland eingereiste Menschen verschiedener Nationalitäten zurück in die Türkei. Die Zahl der irregulären Überfahrten habe stark abgenommen, hieß es aus Behördenkreisen.

Dem Abkommen zufolge soll die Türkei unterbinden, dass Flüchtlinge ohne die nötigen Papiere auf die nahe gelegenen griechischen Inseln übersetzen. Wem die Überfahrt gelingt, aber in der EU kein Asyl zuerkannt wird, soll in die Türkei zurückgebracht werden. Im Gegenzug nimmt die EU auf regulärem Weg syrische Flüchtlinge aus der Türkei auf.

Tatsächlich ist die Zahl der illegal nach Griechenland Einreisenden von mehreren Tausend auf wenige Dutzend pro Tag gesunken. Allerdings gibt es große Vorbehalte gegen den Pakt, unter anderem wegen möglicher Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen in der Türkei und der zunehmenden politischen Konflikte Ankaras mit EU-Ländern, darunter Deutschland.

Amnesty International erklärte, die Resultate des Flüchtlingspakts seien kein Anlass, stolz zu sein. „Die Ergebnisse bedeuten, dass Tausende von Menschen unter schwierigen Bedingungen in Griechenland festsitzen, dass Flüchtlinge über die türkische Grenze zurück nach Syrien gezwungen werden und das Syrer in Gefahr sind, aus Griechenland in die Türkei deportiert zu werden“, erklärte AI-Vertreterin Iverna McGowan.

Während die Fluchtroute von der Türkei nach Griechenland viel weniger genutzt wird, versuchen immer noch Zehntausende, aus Nordafrika nach Europa überzusetzen. Und Tausende verlieren dabei ihr Leben. Die Internationale Organisation für Migration schätzte, dass dieses Jahr bereits mehr als 3400 Menschen auf der Flucht ums Leben kamen oder verschollen sind und davon 80 Prozent auf der Überfahrt nach Europa. Die Gesamtzahl liegt um zwölf Prozent höher als in der gleichen Zeit 2015.

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