Euro-Finanzminister Transaktionssteuer könnte ab 2015 Geld bringen

Die Diskussion über eine Finanztransaktionssteuer gewinnt in Brüssel an Fahrt. Die Eurofinanzminister beraten über eine Einführung auch ohne Großbritannien und Schweden. Weiteres Thema: die Finanzlage Spaniens.

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Brüssel Im Ringen um eine Börsensteuer will sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht länger von den Briten bremsen lassen. In Brüssel wollte er am Montag und Dienstag mit seinen Kollegen über das Reizthema beraten. Falls sich zeige, dass die Abgabe im Kreis aller 27 nicht schnell zu schaffen sei, „dann fangen wir natürlich an, über Alternativen nachzudenken“, sagte Schäuble bei seiner Ankunft.

Nach dem Schuldenerlass für Griechenland rückte auf dem Treffen Spanien in den Fokus, weil das Land seine Defizitziele reißt und die Konjunktur einbricht. Auch über die künftige Leitung der Eurogruppe berieten die Ressortchefs, weil der bisherige Chef Jean-Claude Juncker im Juni nicht erneut antreten will. Keine Zweifel ließen die Minister daran, dass Athen noch in dieser Woche die offizielle Zusage für sein zweites Rettungspaket erhält.

Über eine Finanztransaktionssteuer will Schäuble die Branche an den Krisenkosten beteiligen, Geld zur Haushaltssanierung einnehmen und riskante Finanzspekulationen unattraktiver machen. Die EU-Kommission hatte im September einen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Die Gruppe der Befürworter ist seitdem gewachsen: Auf die Seite von Deutschland, Österreich und Frankreich haben sich fünf weitere Länder geschlagen und in einem gemeinsamen Brief die dänische Ratspräsidentschaft zu mehr Tempo aufgefordert.

„Aber die Schweden und die Briten sind noch etwas sperrig“, sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter am Montag. Sie hoffe dennoch, dass am Dienstag der Startschuss für die Steuer komme. „Wir rechnen 2015 mit dem ersten Geld“, sagte sie.

Ohne Einlenken Londons und Stockholms wäre ein Vorpreschen der Eurozone möglich. Allerdings stellt sich Schäubles Koalitionspartner FDP bislang quer und will als Alternative eine Stempelsteuer nach britischem Vorbild, bei dem internationale Finanztransaktionen verschont blieben. Genau dabei will die EU-Kommission aber abkassieren und hofft auf Einnahmen von 57 Milliarden Euro pro Jahr.


Zu hohes Defizit in Spanien

Weil dem rezessionsgeplagten Spanien die Einnahmen wegbrechen, musste die Regierung ihre Defizitziele für 2011 und für 2012 schon deutlich nach oben korrigieren. Nach den verschärften Regeln des Euro-Stabilitätspaktes drohen dem Land damit Sanktionen, doch die Euro-Partner tun sich schwer. Schäuble hatte sich vor der Eurogruppenkonferenz Zeit für ein Vier-Augen-Gespräch mit seinem spanischen Kollegen Luis de Guindos genommen.

„Das wichtigste ist, dass wir zu Wachstum zurückkehren“, sagte Guindos im Anschluss. Und Schäuble habe begrüßt, dass sein Land 2013 die Drei-Prozent-Defizitgrenze wieder einhalten wolle. Die österreichische Finanzschefin Fekter forderte indes, Madrid müsse schon in diesem Jahr „gravierendere Einschnitte“ vornehmen und ihr Sparprogramm „neu justieren“. Die Kommission wartet vor Konsequenzen auf die genauen Haushaltsdaten aus Spanien, die Ende des Monats vorgelegt werden sollen.

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos war mit einer guten Nachricht nach Brüssel angereist: Die Privatgläubiger des Landes hatten bis zum Abend Altanleihen im Wert von beinahe 180 Milliarden Euro umgetauscht, wodurch sich der Schuldenberg des Landes fast halbiert hat. Es gebe nun „keine materiellen Zweifel mehr“, dass die Europartner noch in dieser Woche das neue Rettungspaket von 130 Milliarden Euro freimachten, sagte Schäuble. Die Eurogruppe konnte den Beschluss am Montag noch nicht formalisieren, weil unter anderem der Haushaltsausschuss des Bundestages noch über das Schuldenschnittsergebnis informiert werden muss.

Auch eine Entscheidung über den künftigen Chef der Eurogruppe wurde am Montag noch nicht erwartet. Juncker hatte zwar angekündigt, dass er nicht mehr antreten wolle. Allerdings wird in Diplomatenkreisen nicht ausgeschlossen, dass sich der Luxemburger bei einer freundlichen Bitte seiner Kollegen noch ein Mal überzeugen ließe. Juncker selbst lehnte dazu am Montag jede Stellungnahme ab.

Zum Kreis der gehandelten Namen zählt auch der des finnischen Ministerpräsidenten Jyrki Katainen. Der hätte den Vorteil, aus einem der vier verbliebenen Länder mit bester Bonitätsnote aller Ratingagenturen zu kommen. Und Länder mit dem dreifachen A seien in einer besseren Position, einen Kandidaten zu stellen, sagte Schäuble der niederländischen Zeitung „Volkskrant“. Denn schließlich sei es Teil des Jobs, für die Einhaltung der europäischen Stabilitätsregeln zu sorgen. Ratschef Herman Van Rompuy wäre als Belgier damit kein erstklassiger Kandidat mehr.

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