Europäische Union Islands halbherziges Bitten um EU-Beitritt

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Riesenstreit um Fischerei

Ein erlegter Wal auf einem Quelle: AP

Ein weiteres kapitales Hindernis auf dem Weg in die EU ist der Streit über die Fischereipolitik. Island schottet seine Fischgründe gegen ausländische Konkurrenz ab, lehnt das EU-Quotensystem ab und weigert sich, das Walfangverbot der EU-Staaten einzuhalten. Vor allem Deutschland und Großbritannien drängen die Regierung in Reykjavik zum Verzicht den Walfang. Laut EU-Richtlinie dürfen Wale und Delfine innerhalb der europäischen Gewässer weder gefangen noch getötet werden. Reykjavik fordert dennoch eine Ausnahmeklausel. Nach Angaben von Greenpeace erlaubt Island seinen Fischern in diesem Jahr, 150 Finnwale zu Forschungszwecken zu töten, obwohl Finnwale als besonders gefährdete Art gelten. Der Walfang gilt bei vielen Isländern noch immer als stolze Tradition.

„Die Verhandlungen werden kein Selbstläufer“, verlautete daher aus hohen europäischen Diplomatenkreisen. Nur wenn sich Reykjavík den EU-Bedingungen beuge, könne es der Gemeinschaft wirklich beitreten.

Viele Gesetze schon umgesetzt

Abgesehen davon erfüllt Island bereits einen Großteil der wirtschaftlichen und politischen Kriterien als langjähriges Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schengen-Zone zum visafreien Grenzverkehr. Etwa drei Viertel der für einen Beitritt notwendigen europäischen Gesetze hat Island bereits umgesetzt, was auch ein Grund für die Eröffnung der Beitrittsgespräche ist.

Der belgische Außenminister Steven Vanackere betonte, Island habe etwa als Mitglied des europäischen Freihandelsabkommens EFTA viele Fortschritte auf dem Weg in die EU gemacht. „Das heißt aber nicht, dass die Dinge keine klare Prüfung benötigen, darum wird das Ganze die nötige Zeit bekommen.“ Die Aufnahme in das Staatenbündnis ist für 2012 oder 2013 vorgesehen. Bis dahin dürfte auch Kroatien beigetreten sein, so dass die EU dann 29 Mitgliedstaaten umfassen würde. Islands Regierung wirbt nun in der Bevölkerung für den EU-Beitritt im Jahr 2012.

Islands Bevölkerung skeptisch

Belgien hat derzeit turnusmäßig die EU- Ratspräsidentschaft inne. Gemeinsam mit seinem isländischen Amtskollegen Ossur Skarphedinsson wird Vanackere das weitgehend zeremonielle Ereignis an diesem Dienstag leiten. Konkrete Verhandlungen oder bereits ein Öffnen der 35 Verhandlungskapitel – also Bereiche wie „Umwelt“ oder „Energie“ – wird es noch nicht geben. Die Verhandlungen sollen ein bis eineinhalb Jahre dauern.

Das letzte Wort über den EU-Beitritt – sollten die Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis führen – haben jedoch die Isländer selbst. Auf der Insel, die erst 1944 die vollständige Unabhängigkeit von Dänemark erreichte, müsste in einem Referendum die Mehrheit der Isländer dem Beitritt zustimmen, und noch ist eine Mehrheit der Isländer negativ eingestellt. „Ich habe aus den Umfragen nicht den Eindruck, dass die Isländer selbst sehr dafür sind, das ist das Problem“, sagte der französische Europaminister Pierre Lellouche. „Wir werden ja wohl niemanden zwingen.“

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