Europäische Union Nizza und Lissabon: Was hätte sich geändert?

Was hätte sich durch den Lissabon-Vertrag geändert und auf welcher Grundlage arbeitet die EU jetzt? Ein Vergleich.

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EU-Gipfel in Nizza Quelle: dpa

Größe der Kommission

Nizza: Die EU-Kommission muss bereits im Jahr 2009 verkleinert werden. Es gibt aber keine präzise Größenvorgabe.

Lissabon: Der Vertrag verlangt eine Verkleinerung von derzeit 27 auf 18 Kommissare – allerdings erst 2014. Neun Mitgliedsländer wären dann pro Amtszeit nicht mehr in der Kommission vertreten. Der Ärger darüber dürfte größer sein als die möglichen Effizienzgewinne durch ein kleineres Gremium.

Neue Posten

Nizza: Keine personellen Veränderungen.

Lissabon: Um der EU ein Gesicht zu geben, schafft der Vertrag einen Ratspräsidenten und einen Außenminister mit dem Titel „Hoher Vertreter“. Diesem Außenminister soll ein eigener diplomatischer Dienst unterstehen, seine Aufgaben sind relativ klar umrissen. Dagegen lässt der Vertrag die Befugnisse des Rats-präsidenten offen. Er soll für größere Kontinuität sorgen, als das die bisher alle sechs Monate rotierenden Ratspräsidentschaften getan haben.

Abstimmungsweise im Rat

Nizza: Der Vertrag sieht Mehrheitsbeschlüsse in 137 Politikfeldern vor.

Lissabon: Der Rat muss seltener einstimmig entscheiden: In 181 Bereichen reichen Mehrheitsbeschlüsse aus. Die Wirtschaft wäre davon allerdings wenig betroffen, die Neuerung bezieht sich auf Bereiche wie Polizei, Justiz und Asylrecht. Bei der Steuerpolitik etwa kann weiterhin niemand überstimmt werden.

Stimmgewichtung im Rat

Nizza: Für eine qualifizierte Mehrheit sind 14 Mitgliedstaaten erforderlich, die 73,91 Prozent der Stimmen auf sich vereinen müssen. Die Stimmen sind nach einem Schlüssel verteilt, der kleine Staaten bevorzugt. Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern hat 29 Stimmen, Irland mit knapp vier Millionen Einwohnern sieben Stimmen.

Lissabon: Der Vertrag verschiebt die Gewichtung zugunsten großer Staaten. Ab 2014 wäre eine Mehrheit erreicht, wenn 55 Prozent der Mitglieder (also 15 von 27) zustimmen – sofern sie 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.

Europaparlament

Nizza: Der Vertrag beschränkt die Zahl der Abgeordneten ab 2009 auf 732. Deutschland würde 99 Abgeordnete behalten.

Lissabon: Der Vertrag reduziert die Zahl der Abgeordneten von 785 auf 750, höchstens 96 pro Mitgliedstaat. Deutschland verlöre also drei Mandate. Das Parlament bekäme mehr Mitspracherechte und würde etwa bei Landwirtschaft und Handelspolitik mitregieren.

Nationale Parlamente und EU

Nizza: keine Änderung

Lissabon: Der Vertrag würde den Parlamenten der Mitgliedsländer mehr Mitwirkungsmöglichkeiten zugestehen. Die Kommission müsste alle Gesetzesinitiativen unmittelbar in die nationalen Hauptstädte weiterleiten. Binnen acht Wochen könnten die nationalen Parlamente Einspruch einlegen. Kommt Kritik von der Hälfte der nationalen Parlamente, muss die Kommission begründen, warum sie keinen neuen Vorschlag vorlegt. Über ihre Regierungen können die Parlamente auch vor dem Europäischen Gerichtshof gegen einen Vorschlag klagen.

EU-Erweiterung

Nizza: Der Vertrag beschränkt die Zahl der EU-Mitglieder auf die heutige Zahl von 27. Vielen Politikern und Beamten in Brüssel und Europas Hauptstädten kommt das sehr gelegen. Nach der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens, die sich als übereilt erwiesen hat, tut der Union eine Verschnaufpause gut. Der Beitritt Kroatiens wird auf unbestimmte Zeit verschoben, wenn der Vertrag von Lissabon nicht in Kraft tritt. Die Türkei, Mazedonien und Montenegro werden sich ebenfalls gedulden müssen.

Lissabon: Der Vertrag lässt die Zahl offen.

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