Ex-Diktatoren Kleptokraten dieser Welt schaut auf unsere Banken!

Diktatoren wie Tunesiens Expräsident Ben Ali investieren ihr Geld gern in Europa

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Tunesiens Ex-Diktator Zine Quelle: dpa

Apartments in Paris und Genf, Villen an der Côte d’Azur, mehrere Fluggesellschaften, Radiostationen und Immobilienfirmen, Hotels in Tunesien und Brasilien, ein Feriendomizil in den französischen Alpen, prall gefüllte Konten in der Schweiz und Frankreich – dies ist eine unvollständige Liste von Reichtümern des gestürzten tunesischen Staatspräsidenten Zine al-Abidine Ben Ali und seiner Verwandten. Auf rund fünf Milliarden Dollar schätzt man allein das Vermögen von Tunesiens ehemaligem "First Couple". Dazu kommen der Besitz von Ben Alis sieben Geschwistern, den zehn Brüdern und Schwestern seiner Frau Leila sowie diverser Schwager, Schwägerinnen und Kinder. Größeres internationales Aufsehen erregten mit ihren Raubzügen nur zwei Neffen, als sie die Luxusjacht eines Pariser Bankiers in einem französischen Hafen stehlen ließen, was kurzzeitig zu einer Verstimmung der ansonsten vorzüglichen bilateralen Beziehungen zwischen Tunesien und Frankreich führte. Davon abgesehen, konnte die Großfamilie Ben Ali recht ungestört ihren Geschäften nachgehen.

Offene Türen für Kleptokraten

Europa steht nun nach dem Sturz des Diktators vor einem doppelten Debakel: Erstens haben es die EU und die nationalen Regierungen unterlassen, vom alten Regime Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten einzufordern. Zweitens hatte Europa zum wiederholten Mal seine Türen und Banken für einen Clan von Kleptokraten geöffnet. Das gilt vor allem für Frankreich und die Schweiz.

Der Schweizer Bundesrat hat nun sämtliche Konten und Anlagen gesperrt, die bislang auf der Suche nach Ben Alis Beute gefunden wurden. Die französische Justiz kündigte Anfang dieser Woche Vorermittlungen an – allerdings nicht auf eigene Initiative, sondern erst nach einer Strafanzeige von Menschenrechtsorganisationen.

Aber warum können die Kleptokraten dieser Welt ihre Beute offenbar ungestört auf dem europäischen Immobilien- oder Finanzmarkt investieren? Fluchtgeld – unter diesem Begriff wird die individuelle Bereicherung von Staatschefs ebenso zusammengefasst wie die immensen Summen, die Politiker, internationale Konzerne und Wirtschaftsfunktionäre aus Entwicklungsländern in Steueroasen abführen. Nach Berechnungen der Hilfsorganisation Oxfam entgehen armen Nationen dadurch jährlich um die 124 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen – mehr als die jährliche Entwicklungshilfe aller Geberländer zusammen.

Gerade die Schweiz rühmt sich, den Geldflüssen ausländischer Potentaten mittlerweile genauer nachzuspüren. Was stimmt. Allerdings, so darf man hinzufügen, ist dort auch viel Potentatengeld zu finden. Ferdinand Marcos von den Philippinen, Mobutu Sese Seko aus dem Kongo, Liberias Charles Taylor, Haitis Jean-Claude Duvalier – das sind nur einige der Großkunden Schweizer Banken aus den vergangenen Jahrzehnten. Unter anderem Duvaliers Sohn Baby Doc, kürzlich durch seine spektakuläre Rückkehr nach Haiti in die Schlagzeilen geraten, ist es zu verdanken, dass die Schweiz nun ihr Gesetz zur Rückerstattung von Potentatengeld verschärft hat. Fast zeitgleich zum verheerenden Erdbeben im Januar 2010, hatte Baby Doc, vertreten durch eine Liechtensteiner Stiftung, erfolgreich auf die Rückerstattung seiner Ersparnisse geklagt. Aus Furcht vor internationalen Protesten blockierte der Bundesrat das Millionenvermögen und kündigte eine Gesetzesreform an.

Inhalt
  • Kleptokraten dieser Welt schaut auf unsere Banken!
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%