Ex-Präsident Mubarak Vom Helden zum Gehassten

Zunächst als Hoffnungsträger gefeiert, ist Ägyptens Ex-Präsident Mubarak nur noch eins für die Ägypter: ein großes Problem. Nun ist er ins Koma gefallen - doch das Volk glaubt nicht einmal das.

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Ägyptens Ex-Präsident Mubarak: Aus dem Amt gejagt. Quelle: Reuters

Kairo Jahrzehntelang bestimmte Husni Mubarak mit harter Hand die Geschicke Ägyptens. Nach seinem Sturz verschlechterte sich aber auch der Gesundheitszustand des ehemaligen Machthabers immer weiter, die vergangenen eineinhalb Jahre verbrachte er fast ausschließlich in Krankenhäusern. Am Dienstag, weniger als drei Wochen nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft, fiel er ins Koma.

Im Gefängnis in Tora, in das der 84-Jährige nach dem Schuldspruch wegen der Beihilfe zur Tötung hunderter Demonstranten gebracht worden war, war es Mubarak nach Angaben von Gefängnisbeamten von Tag zu Tag schlechter gegangen. Teile der ägyptischen Öffentlichkeit vermuteten aber, dass Berichte über seinen Gesundheitszustand nur ein Vorwand der Militärs waren, um Mubarak eine Sonderbehandlung zukommen zu lassen.

Dieses Misstrauen sitzt tief. Schließlich war der Ex-Machthaber zuvor auch in einer Luxussuite eines Militärkrankenhauses untergebracht gewesen und auch der Prozess gegen ihn - der erste gegen einen während des Arabischen Frühlings gestürzten Machthaber im eigenen Land - hatte erst Monate nach seinem Abgang unter großem öffentlichen Druck begonnen.

Mubarak wurde von der ägyptischen Staatsanwaltschaft vorgeworfen, während des Volksaufstands Anfang vergangenen Jahres den Einsatz scharfer Munition gegen Demonstranten genehmigt zu haben. Über 850 Menschen kamen im Zuge der Revolution ums Leben. Die Staatsanwaltschaft forderte für Mubarak die Todesstrafe.

Mit einem Rückzug auf Raten versuchte Mubarak zunächst, sich an der Macht zu halten. Doch unter dem Druck der Massenkundgebungen gab der Staatschef auf. Mubarak habe die Macht an das Militär übergeben, verkündete sein Stellvertreter Omar Suleiman am 11. Februar unter dem Jubel Hunderttausender.

Fast drei Jahrzehnte war Mubarak an der Macht. Die Präsidentschaft hatte er nach der Ermordung Anwar al Sadats 1981 aus einer Krise heraus übernommen. Für viele seiner Landsleute war er ein Symbol für Stabilität. Doch der ehemalige Kampfpilot und Luftwaffenchef, der als kampfeslustig und stur gilt, wurde für sein Volk zum eigentlichen Problem.

Mubarak unternahm zaghafte Schritte hin zu demokratischen Reformen, zog sich dann aber wieder auf das autoritäre System zurück, das - gepaart mit Armut und Korruption - die Menschen auf die Straße trieb. Und dass er offenbar seinen Sohn Gamal als Nachfolger heranzog, nahm vielen Ägyptern jede Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte.


„Nichts als Ärger“

Im Westen galt Mubarak lange als Garant für Stabilität in der Region. Er erntete Lob dafür, dass er Ägypten nicht in die Hände islamistischer Extremisten fallen ließ, und war in all den Krisen im Nahen Osten ein treuer Verbündeter des Westens. Noch während der blutigen Unruhen und Plünderungen versuchte Mubarak, sich und die Streitkräfte als Bollwerk gegen die Anarchie darzustellen.

Seine politische Glaubwürdigkeit schien dennoch irreparabel beschädigt. Diese Angreifbarkeit begann, zumindest rückblickend, schon vor Jahrzehnten. Mubarak hat nicht das Charisma seiner zwei legendären Vorgänger - des Friedensstifters Anwar al Sadat und des Nationalisten Nasser - und stand immer in deren Schatten.

Zudem musste er sich mit den Problemen herumschlagen, die die ganze arabische Welt in jüngster Zeit plagen: wirtschaftliche Stagnation, blühende Korruption, der Nahost-Konflikt und die Bekämpfung des radikalen Islamismus auf Kosten bürgerlicher Freiheiten. "Es ist ein sehr harter Job", sagte Mubarak einmal in einem Interview. "Vom Aufwachen bis zum Einschlafen nichts als Ärger."

Im Lauf der Jahre wurde Mubarak unnahbarer, seine Auftritte in der Öffentlichkeit sorgfältig inszeniert; sein autoritärer Stil passte immer weniger in die neue, nach Offenheit strebende Zeit. Der Unmut über sein Regime wuchs weiter, als neue Pressefreiheiten das brutale Vorgehen der Polizei aufdeckten und nur wenige von seinen Wirtschaftsreformen profitierten. 2005 versuchte Mubarak es mit demokratischen Reformen und ließ Gegenkandidaten zur Präsidentschaftswahl zu, machte aber, als die Opposition Erfolge hatte, eine Kehrtwende.

Zudem nahm der Einfluss Ägyptens in der Region ab, während die militanten Organisationen Hamas und Hisbollah und ihre Schutzmacht Iran an Boden gewannen. Trotz alledem blieb Mubarak ein enger Verbündeter der USA, gewann das Vertrauen Israels, profilierte sich als wichtiger Vermittler im Konflikt mit den Palästinensern und wurde dafür von den USA mit Milliarden unterstützt.

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