Bemerkenswert ist die Reaktion des Weißen Hauses. Trump hatte Flynn lange als „sehr guten Mann“ verteidigt, der Opfer einer „Hexenjagd“ geworden sei. Den damaligen FBI-Direktor James Comey drängte er dazu, nicht gegen Flynn zu ermitteln. Später feuerte er Comey sogar von seinem Posten.
Jetzt ist es für das Weiße Haus auf einen Schlag unmöglich geworden, die Unterstützung zu halten. Trump setzt voll auf Abgrenzung: Regierungsanwalt Ty Cobb teilte mit, Flynns Aussage belaste niemanden im Weißen Haus, sie seien eine reine persönliche Fehlleistung. „Nichts in dem Geständnis oder in der Anklage betrifft irgendjemand anderen als Herrn Flynn“, heißt es in einer Stellungnahme. Für den Moment trifft diese Analyse zu - womöglich aber nicht für künftige Aussagen Flynns.
Allein das theoretische Szenario, dass Trump über die Russland-Affäre fallen könnte, provozierte in den USA einen öffentlichen Schock. Die Aktienkurse an der Wall Street sanken. Dabei sollte dieser Freitag eigentlich Trumps Triumphtag werden. Der US-Senat stimmte über ein gigantisches Steuersenkungspaket ab, das die amerikanische Wirtschaft über Jahre prägen könnte. Doch die meisten großen Fernsehsender konzentrierten sich auf den Fall Flynn und übertrugen live, wie er das Gebäude des Bundesgerichts in Washington betrat und wieder verließ.
Konkret bezieht sich Muellers Anschuldigung auf Telefonate, die Flynn im Dezember 2016 mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak geführt hatte. Damals war Trump schon gewählt, aber noch nicht im Amt. Flynn hatte den Botschafter unter anderem gebeten, von Gegenmaßnahmen auf gerade verhängte Russland-Sanktionen abzusehen, damit das bilaterale Verhältnis nicht weiter belastet werde. Auf Nachfrage des FBI stritt Flynn diese Verquickung ab.
Das war klar gesetzeswidrig“, sagte David Axelrod, ehemaliger Obama-Berater, dem Sender CNN. „Die Außenpolitik auf höchster Ebene beeinflussen zu wollen, während der scheidende Präsident noch im Amt sitzt: das ist ein sehr ernster Rechtsbruch.“
Flynn ist das vierte Mitglied aus dem früheren Trump-Team, das infolge der Ermittlungen Muellers angeklagt wurde. Der Sonderermittler durchleuchtet die Verbindungen von Trump und dessen Umfeld nach Russland mit einem 40-köpfigen Team. Dabei geht er der Frage nach, inwiefern die US-Wahl manipuliert wurde und welchen Anteil das Trump-Team daran gehabt haben könnte.
Dass sich Russland gezielt mit Hackern und einer Fake-News-Flut in den Wahlkampf einmischte, ist unter Geheimdiensten unstrittig. Trump behauptet hingegen, Putin habe ihm „persönlich versichert“, dass der Kreml „nicht reingepfuscht“ habe.
Unter Verdacht geheimer Absprachen geraten sind Trumps Sohn Don Jr., sein Schwiegersohn Jared Kushner und Ex-Kampagnenleiter Paul Manafort. Es gibt Indizien dafür, dass sie zumindest offen dafür waren, Anstrengungen für eine Manipulation aus dem Ausland zu unterstützen. Das ist verboten. Ob es tatsächlich zu einer aktiven Zusammenarbeit kam, dafür gibt es bislang keinen Beweis. Sollte es solche Absprachen gegeben haben, könnte Flynn dafür sorgen, dass dies herauskommt.