EZB und Euro-Zone Draghi fordert gemeinsame Reformoffensive

Nach Ansicht von EZB-Präsident Mario Draghi braucht die Euro-Zone dringend politische Reformen und muss als „echte Wirtschaftsunion“ einheitlich handeln. Aus der CSU werden hingegen Aufrufe zum Boykott der Notenbank laut.

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EZB-Chef Mario Draghi wünscht sich eine einheitlichere Euro-Zone, die notwendige Reformen gemeinsam angeht. Quelle: ap

Berlin Nach der angekündigten Geldschwemme der EZB fordert Notenbank-Präsident Mario Draghi die Euro-Staaten zu gemeinsamen Reformen auf. Die Mitglieder des Währungsraums sollten in einer „echten Wirtschaftsunion“ Beschlüsse fassen und über einheitliche Institutionen umsetzen, schrieb er in der „Wirtschaftswoche“.

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder mahnte, das Anleihenkaufprogramm löse keine Strukturprobleme. Die Kritiker der ultralockeren Geldpolitik hoffen darauf, dass wenigstens die Bundesbank Draghi bremst.

Die EZB hatte am Donnerstag Anleihenkäufe im Umfang von gut 1,1 Billionen Euro angekündigt. Draghi will damit verhindern, dass die Euro-Zone in einen Preisverfall auf breiter Front (Deflation) abrutscht, der der Wirtschaft schaden würde.

Der Leitzins der EZB liegt bereits nahe der Null-Linie. Die Gegner der geplanten Geldschwemme fürchten, dass diese den Reformeifer vor allem in den südeuropäischen Ländern, aber auch in Frankreich lähmt, weil sich die Regierungen zu günstigen Zinsen Geld borgen können.

Draghi griff die Kritik auf und appellierte an die Politik. Wirtschaftsreformen seien bislang weitgehend Sache einzelner Staaten. Künftig sollten die Euro-Länder in einer Wirtschaftsunion die Regierungen zu Reformen verpflichten können.

Damit könne die Wirtschaftsunion glaubhaft machen, dass diese Länder tatsächlich durch Wachstum ihre Verschuldung überwinden könnten. Die Möglichkeiten der auf Preisstabilität ausgerichteten EZB seien begrenzt, erklärte Draghi. Mit ihrer Geldpolitik könne sie nicht auf Schocks reagieren, die nur ein Land oder eine Region beträfen.

Als Beispiel für eine engere Zusammenarbeit nannte Draghi die geplante EU-Kapitalmarktunion. Eine Zusammenführung der Finanzmärkte sei Bedingung dafür, dass der Privatsektor stärker an finanziellen Risiken beteiligt werde.

EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill will dazu im Februar einen Vorschlag veröffentlichen. Die EU-Kommission will in den kommenden fünf Jahren einen grenzüberschreitenden europäischen Kapitalmarkt schaffen.


CSU fordert mehr Einfluss der Bundesbank

Auf Strukturreformen zielt auch CDU-Politiker Kauder. Er warnte in der „Stuttgarter Zeitung“: „Insgesamt ist Europa nicht wettbewerbsfähig und vor allem nicht innovativ genug.“ Das zu ändern, sei Sache der EU, aber vor allem der einzelnen Länder.

Aus seiner Fraktion kam erneut Kritik am EZB-Programm. Finanzobmann Hans Michelbach (CSU) sagte Handelsblatt Online, Draghi wolle die Bürger „für dumm verkaufen“ und das Haftungsrisiko verschleiern. Die Bundesbank forderte er zum Boykott auf: „Einen Kauf von Staatsanleihen durch die Bundesbank darf es nicht geben.“

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte in der „Rheinischen Post“ mehr Stimmrechte für die Bundesbank im EZB-Rat. „Wir haften mit fast 30 Prozent. Entsprechend muss auch unser Stimmanteil gestärkt werden.“

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte der „Bild“, er sehe die Entscheidung des EZB-Rates skeptisch. Der Ankauf von Staatsanleihen berge Risiken. Mit dem Programm würden die Notenbanken zu den größten Gläubigern der Euro-Staaten. „Das birgt das Risiko, dass solides Haushalten vernachlässigt wird“, warnte der Notenbank-Präsident.

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