Flucht, Migration, Frauen und Jugend Merkel nennt Themen für G20-Gipfel in Hamburg

Das wichtigste Gipfeltreffen der Welt kommt nach Deutschland. Kanzlerin Merkel hat Hamburg für das G20-Treffen kurz vor der Bundestagswahl ausgewählt. Auf ihrer politischen Agenda stehen ungewöhnliche Schwerpunkte.

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German Chancellor Angela Merkel attends a Christian Democratic Union (CDU) party campaign on the eve of state election in Mecklenburg-Western Pomerania, in Bad Doberan, eastern Germany, on September 3, 2016. / AFP PHOTO / Adam BERRY Quelle: AFP

Hangzhou Die Latte liegt hoch für das Rahmenprogramm des nächsten G20-Gipfels. Der chinesische Präsident Xi Jinping veranstaltete ein bombastisches Kulturspektakel auf dem malerischen Westsee inmitten der Millionenmetropole Hangzhou, um die mächtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt bei Laune zu halten. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel nächstes Jahr im Juli Gastgeberin des G20-Gipfels in ihrem Geburtsort Hamburg ist, muss sie sich schon etwas einfallen lassen, um das noch zu toppen.

Deutschland richtet auf dem Messegelände in der Hamburger Innenstadt 2017 zum ersten Mal das bedeutendste regelmäßige Gipfeltreffen der Weltpolitik aus. Gastgeberin Merkel ist schon jetzt die dienstälteste Chefin in dem erlauchten Zwanziger-Kreis und die Einzige, die seit der Premiere 2008 bei jedem Gipfel dabei war.

Aber warum hat sie Hamburg den Zuschlag als Veranstaltungsort gegeben? Dass sie in der Hansestadt an der Elbe geboren wurde, dürfte nicht unbedingt ausschlaggebend gewesen sein. Es gibt andere Argumente für Hamburg. Es hat die Infrastruktur, um etliche tausend Delegationsmitglieder und Journalisten unterzubringen und zu versorgen.

Es gilt als weltoffene Handels- und Hafenstadt - perfekt für ein Gipfeltreffen der stärksten Wirtschaftsmächte. Vielleicht hat ursprünglich auch eine Rolle gespielt, dass Hamburg sich eigentlich für Olympia 2024 bewerben wollte - das lehnten die Hamburger aber in einem Referendum ab.

Jetzt gibt es trotzdem eine Großveranstaltung. So wie in Hangzhou, wo zwei Millionen Einwohner in Zwangsurlaub geschickt wurden und die Stadt verlassen mussten, wird es aber nicht werden. „Die Beeinträchtigungen des normalen Lebens sollen so gering wie möglich gehalten werden“, kündigt der Hamburger Staatsrat Wolfgang Schmidt an. Der Bevollmächtigte der Hansestadt beim Bund hat sich am Sonntag und Montag in Hangzhou die Gipfelorganisation angeschaut. Bei den Sicherheitsvorkehrungen werde man in Hamburg etwas zurückhaltender sein, sagt er. „Wir haben nicht vor, die halbe Stadt zu sperren.“

Auch politisch wird es ein Kontrastprogramm zum Gipfel in China geben. Statt eines wirtschaftspolitischen Schwerpunkts stehen die Themen Flucht, Migration, Gesundheit, Frauenrechte und Jugend auf Merkels G20-Agenda. Ferner soll die Zivilgesellschaft - dazu gehören Vertreter aus Kultur, Sport, Wissenschaft, Bildung - bei der Vorbereitung und bei der Veranstaltung selbst stärker einbezogen werden.


Kritik ist vorprogrammiert

Zur internationalen Migrations- und Flüchtlingspolitik soll ein Aktionsplan entwickelt werden. Bislang sind alle Vereinbarungen dazu noch vage. Ferner will Merkel sich dafür einsetzen, dass gerade in ärmeren Ländern viel mehr Frauen erwerbstätig werden, um unabhängiger von Männern zu werden und die Wirtschaft in ihren Ländern mit anzukurbeln.

Für die Kanzlerin hat der Gipfel auch noch eine ganz persönliche politische Bedeutung. Er findet zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl statt. Noch ist unklar, ob Merkel zum vierten Mal eine Kanzlerkandidatur anstrebt. Wenn nicht, wäre es für sie wie in diesem Jahr für US-Präsident Barack Obama der Abschied von der ganz großen internationalen Bühne.

Kritik ist bei solch großen Gipfeln programmiert: Bei G20 wird oft das Missverhältnis zwischen Kosten und Ertrag beklagt. Bei den G20-Gipfeln gibt es keine verbindlichen Beschlüsse, sondern nur Absichtserklärungen. Der Gipfel in China dürfte der bisher teuerste gewesen sein, wenn man berücksichtigt, dass im Umkreis von 300 Kilometern eine Woche lang die Fabriken stillgelegt wurden, um an den beiden Gipfeltagen den Smog zu reduzieren. Summen nannten die Chinesen nicht. Zum Vergleich: Der Gipfel 2010 in Toronto kostete rund eine Milliarde Euro.

Die Kanzlerin weist Kritik an dem großen finanziellen und organisatorischen Aufwand zurück. Sie verweist darauf, dass die G20 das einzige Forum ist, in dem noch alle führenden Nationen versammelt sind. So könnten am Rande immer auch Gespräche über Krisen und Konflikte geführt werden.

Und was wird sich Merkel nun als Rahmenprogramm für den Gipfel einfallen lassen? Darüber gibt es bisher nur Spekulationen. Aber für ein spektakuläres Kulturereignis ist auch Hamburg gerüstet. Die Elbphilharmonie am Hamburger Hafen wird pünktlich zum Gipfel fertig. Im Januar soll sie eröffnet werden.

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