Flüchtlingsgipfel „Schleppern das Handwerk legen“

Innenminister de Maizière fordert beim Flüchtlingsgipfel in Rom eine Stärkung des Grenzschutzes. Er gibt als Ziel aus, das Geschäftsmodell der Schlepper zunichte zu machen und ein klares Signal an die Migranten senden.

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Noch immer kommen Tausende von Flüchtlingen aus Afrika übers Mittelmeer nach Italien. Viele müssen aus Seenot gerettet und nach Lampedusa gebracht werden. Quelle: AP

Rom Der libysche Premier Fayiz as-Sarradsch ist eine Schlüsselfigur bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems im Mittelmeer, da die meisten Menschen aus den Subsahara-Ländern an der libyschen Küste des Mittelmeers an Bord der Schlepper-Boote gehen. Doch bis zur letzten Minute war am Montag nicht klar, ob er nach Rom kommen und am ersten Treffen der Kontaktgruppe der EU und Nordafrikas teilnehmen könne. Den ganzen Sonntag über hatten Gegner des von der Uno anerkannten Premiers sein Hauptquartier in der Marinebasis Abu Sitta in Tripolis angegriffen. Noch immer ist Libyen kein gefestigter Staat, und das macht die Zusammenarbeit schwierig.

Am Ende kam er doch, für eine knappe Stunde. Ein symbolischer Besuch. Der  Grenzschutz war das wichtigste Thema  des eintägigen Gipfels, an dem die Innenminister Deutschlands, Frankreichs, Österreichs, Maltas, Sloweniens und der Schweiz sowie Vertreter von Tunesien, Algerien und Libyen teilnahmen. Der Vorschlag zur Schaffung der Kontaktgruppe sei von seinem deutschen Kollegen Thomas de Maizière gekommen, hatte der italienische Innenminister Marco Minniti im Vorfeld gesagt. „Jetzt ist ein Anfang gemacht“, so Minniti, die Zusammenarbeit laufe an. Italien fordert seit Monaten Unterstützung der anderen EU-Länder bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems.

„Wir müssen an den Gründen für die Migration arbeiten“, sagte Premier Paolo Gentiloni, „nur so können wir mit dem Phänomen fertig werden.“ Und vor allem der Kampf gegen die Schlepper müsse effizienter werden, indem die Zusammenarbeit zwischen der EU und den nordafrikanischen Ländern verstärkt werde. „Es kann nicht von der Großzügigkeit oder der Geografie abhängen, es muss ein gemeinsames Engagement geben“, so Gentiloni.   

Bundesinnenminister de Maizière erklärte nach dem Treffen, die europäischen und nordafrikanischen Staaten müssten den Grenzschutz verstärken. Flüchtlinge, die keine Chance auf Asyl hätten, müssten schon früh auf ihrem Weg nach Europa aufgehalten werden.  „Das Ziel ist, das Geschäftsmodell der Schlepper und Schleuser zunichte zu machen“, sagte er.  An die Migranten müssten klare Botschaften gesendet werden: Dass der Weg durch Libyen schwer ist, sie an der Küste von ihrer Flucht abgehalten werden und sie in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, sollten sie es bis nach Europa schaffen.

Nach der schlechten Erfahrung mit der Rückführung aus italienischen Auffangstationen im vergangenen Jahr sollen jetzt neue Maßnahmen  ergriffen werden. Bin Mitte Mai sollen in Libyen Aufnahmecamps geschaffen werden, unter Wahrung der Menschenrechte, so Minister Minniti. Zweck ist es, die Wirtschaftsflüchtlinge zurückzuschicken.

Mit Erleichterung wurden in Italien die Worte von EU-Flüchtlingskommissar  Dimitris Avramopolous registriert, ebenfalls anwesend beim eintägigen Gipfel in Rom. Italien stehe unter Druck, sagte er, sei aber nicht allein. Die Herausforderung sei nicht europäisch oder afrikanisch, sondern global. Minniti forderte weitere Investitionen. Italien habe bereits 200 Millionen Euro bereitgestellt im Afrikafonds, ebenso wie die EU. Jetzt müsse „signifikant“ mehr getan werden, um das Geschäft der Schlepperbanden zu unterbinden. Vor allem die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen sei sprunghaft angestiegen.

Allein in der Nacht zum Montag waren nach Angaben der italienischen Küstenwache rund 3.000 Migranten aus Seenot vor der libyschen Küste gerettet worden.  Die Zahlen sind seit der Schließung der Balkanroute in die Höhe geschnellt. Allein in den ersten zwei Monaten des Jahres sind nach Frontex-Angaben 16.200 Menschen übers Meer in Italien angekommen, 36 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. 

Das Abkommen der EU mit der Türkei, vor einem Jahr geschlossen, sei ein Erfolg, sagte EU-Kommissar Avramopolous in Rom, heute würde nur noch rund 40 bis 50 Menschen pro Tag über die Ägäis kommen, vorher seien es zehn- bis zwölftausend gewesen.  Das Abkommen müsse getrennt gesehen werden von den politischen Auseinandersetzungen. „Das Abkommen muss aufrecht erhalten werden und könnte in Zukunft mit Libyen wiederholt werden“, sagte Avramopolous.

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