Flüchtlingspolitik Kanada setzt Zeichen gegen Trump-Administration

Die kanadische Regierung will mehr Einwanderer ins Land holen. Darin enthalten ist auch ein Kontingent für Flüchtlinge. Hinter dem Einwanderungsplan stehen aber nicht nur humanitäre sondern auch wirtschaftliche Gründe.

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Je mehr Trump auf Abschottung setzt, umso mehr scheint Trudeau zu demonstrieren, dass Kanada anders ist als sein großer Nachbar. Quelle: Reuters

Ottawa An dem Tag, an dem US-Präsident Donald Trump wegen des Terroranschlags in New York erneut eine Verschärfung der Einwanderungsvorschriften ankündigte, geht Kanada eigene Wege. Ahmed Hussen, beim US-Nachbar für Immigrations- und Flüchtlingspolitik zuständiger Minister und selbst ein früherer Flüchtling aus Somalia, stellte einen Dreijahresplan vor, den er als „historisch“ bezeichnete. Kanada will mehr, und nicht weniger Einwanderer ins Land holen. In den kommenden drei Jahren soll die Zahl der Immigranten um 40.000 auf dann 340.000 gesteigert werden, auch mehr Flüchtlinge will das Land aufnehmen.

Bisher waren die Zielvorgaben jährlich festgelegt worden. Nun soll Behörden, Gemeinden und Wirtschaft mehr Planungssicherheit gegeben werden. „Unser neuer Mehrjahresplan mit Einwanderungszielen baut auf den bereits hohen Einwanderungszahlen auf. Dieser ehrgeizige Plan wird allen Kanadiern nützen, weil Immigration zu unserem Wirtschaftswachstum beiträgt und unser Land in der Weltwirtschaft wettbewerbsfähig erhält“, sagte Hussen am Mittwoch in Toronto.

Zwischen 2006 und 2015 lag die Zahl der Einwanderer einschließlich der Flüchtlinge meist zwischen 250.000 und 270.000. Mit der Aufnahme syrischer Flüchtlinge durch die liberale Regierung von Premierminister Justin Trudeau stieg diese Zahl auf 300.000 im vergangenen und in diesem Jahr.

Nun sieht der Plan in den kommenden drei Jahren eine Steigerung um jeweils 10.000 bis 20.000 zusätzliche Immigranten vor, so dass im Jahr 2020 insgesamt 340.000 neue Einwohner kommen können. Knapp mehr als die Hälfte sind Menschen, die nach einem Punktesystem aufgrund ihrer Qualifizierung einreisen dürfen. Hinzu kommen Familienangehörige und 40.000 bis 50.000 Flüchtlinge. Kanada hat derzeit etwa 36,5 Millionen Einwohner. Die Anhebung der Einwanderungszahlen bedeutet, dass die Bevölkerung allein durch Immigration jährlich um annähernd ein Prozent wachsen wird.

Hinter dem Einwanderungsplan stehen wirtschaftliche und humanitäre Gründe. Auch Kanada ist in einem Alterungsprozess. Immer weniger Kanadier im Arbeitsalter müssen für einen immer größeren Anteil Rentner und Pensionäre aufkommen. Für 2036, wenn etwa fünf Millionen der heutigen Kanadier Pensionsalter erreicht haben werden, wird das Verhältnis zwei zu eins sein. Immigration soll helfen diese demografische Herausforderung für Volkswirtschaft, Arbeitsmarkt und die Finanzierung der Sozialsysteme zu bewältigen. Ein ökonomischer Beirat hatte vor einem Jahr sogar aus volkswirtschaftlichen Gründen eine noch höhere Einwanderungszahl vorgeschlagen. Die Regierung will aber mit dem jetzt beschlossenen Niveau sicherstellen, dass sie auch die Programme zur Integration der Neuankömmlinge durch Sprachkurse, Wohnungsbeschaffung und zahlreiche weitere Eingliederungshilfen bereitstellen und finanzieren kann.

Mit der Erhöhung der Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge will Kanada auch seiner Verantwortung für den Schutz von Menschen in Not nachkommen. Darauf sei er als früherer Flüchtling besonders stolz, sagte Hussen.

Diese Hilfe sei „ein Fundament unserer Identität als Kanadier“, meinte der Minister. In einer Zeit, „in der immer mehr Länder ihre Türen verschließen für Menschen, für Talente und Fähigkeiten und für diejenigen, die Schutz vor Verfolgung suchen, verfolgen wir entscheiden und ohne uns dafür zu rechtfertigen einen gegenteiligen Ansatz“, sagte Hussen.

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