Brüssel Wegen mangelnder Teilnahme an der EU-Umverteilung von Flüchtlingen geht die EU-Kommission gegen Ungarn, Polen und Tschechien vor. Die Behörde habe beschlossen, so genannte Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos am Dienstag in Straßburg. Diese können nach einem längeren Verfahren in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg und in Geldstrafen münden.
Die im September 2015 vereinbarte Verteilung sei eine rechtlich verbindliche Entscheidung, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Die drei Länder hätten seit mehr als einem Jahr nichts in der Hinsicht unternommen. Dem damaligen Beschluss der Mehrheit der EU-Staaten zufolge sollen insgesamt 160.000 Menschen aus Italien und Griechenland in andere Mitgliedsländer verteilt werden. Bisher wurden 20.869 Menschen in andere Staaten gebracht.
Ungeachtet des Vertragsverletzungsverfahrens, sagt der tschechische Regierungschef Bohuslav Sobotka am Dienstag der Nachrichtenagentur CTK: „Wir sind als Regierung fest entschlossen, an der Flüchtlingsaufteilung und dem System der verpflichtenden Quoten nicht teilzunehmen“.
Drohungen aus Brüssel wie zuletzt von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sah Sobotka gelassen: „Falls irgendein Verfahren gegen die Tschechische Republik eröffnet werden sollte, sind wir darauf vorbereitet, unsere Position zu verteidigen und Argumente auf den Tisch zu legen, warum der Weg der verpflichtenden Quoten verkehrt ist.“ Er glaube daher nicht, dass Tschechien wegen seiner Weigerung irgendwelche Sanktionen drohten, sagte Sobotka.
Die Slowakei lehnt die verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen anhand von Quoten zwar auch ab und hat wie Ungarn dagegen geklagt. Dank der jüngsten Aufnahme einer kleinen Zahl von Flüchtlingen ist Bratislava jedoch als einziges der vier Länder der so genannten Visegrad-Gruppe derzeit nicht von einem ähnlichen Verfahren bedroht.