Frankreich Hollande will nicht für zweite Amtszeit kandidieren

Fast alle waren sich sicher: Er tritt wieder an. Doch nun knickt Frankreichs Staatschef François Hollande überraschend ein: Er will bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren.

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Der französische Präsident will nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren. Quelle: AFP

Paris Der politisch angeschlagene französische Staatspräsident François Hollande tritt nicht für eine zweite Amtszeit an. Dies gab der Sozialist am Donnerstagabend in einer kurzfristig angesetzten Fernsehansprache im Élysée-Palast in Paris bekannt. Er sei sich der Risiken bewusst, die eine erneute Kandidatur bergen würde, sagte Hollande, der auch im eigenen Lager in Bedrängnis ist. „Ich kann keine Zersplitterung der Linken akzeptieren.“

Die Entscheidung des 62 Jahre alten Staatschefs war mit Spannung erwartet worden. Seine Sozialisten wollen ihren Kandidaten in einer Vorwahl im Januar küren. Die Franzosen wählen ihren neuen Präsidenten dann in voraussichtlich zwei Wahlgängen am 23. April und am 7. Mai kommenden Jahres.

Hollande konnte sich zuletzt wenig Hoffnungen auf eine zweite Amtszeit machen: Seine Umfragewerte sind seit Langem im Keller, auch im eigenen Lager war er nach Konflikten über Wirtschaftsreformen und freimütigen Äußerungen in einem Enthüllungsbuch unter Druck geraten.

Die Kür des Ex-Premiers François Fillon zum Präsidentschaftsanwärter der oppositionellen Konservativen am vergangenen Sonntag hatte die Situation für Hollande weiter zugespitzt. Während sich die bürgerliche Rechte hinter Fillon aufstellte und die rechtsextreme Front National ohne große Debatten ihre Chefin Marine Le Pen stützt, präsentiert sich die Linke zersplittert. Hollande kritisierte in seiner Ansprache die Positionen der beiden Favoriten. Fillons Programm stelle das soziale Modell Frankreichs infrage, ohne einen Nutzen für die Wirtschaft zu bringen, sagte er. Mit Blick auf die Front National sagte er: „Die größte Gefahr ist der Protektionismus.“

Bei Hollandes Sozialisten dürfte nun ein harter Machtkampf der verschiedenen Lager ausbrechen. Es gilt als sicher, dass Premierminister Manuel Valls sich nun für Hollandes Nachfolge bewerben will. Der zum linken Flügel gehörende Ex-Minister Arnaud Montebourg, harter Gegner Hollandes und Valls, hat bereits seine Kandidatur für die Vorwahl der Sozialisten angekündigt.

Hollande hatte im Élysée-Palast viele Rückschläge wegzustecken. In seine Amtszeit fallen drei schwere Terroranschläge, Streiks, Proteste und gescheiterte Reformen. Das Land kommt wirtschaftlich nicht richtig in Schwung, die Arbeitslosenquote liegt bei rund 10 Prozent. Hollande schaffte es nicht, die Brüsseler Haushaltsregeln einzuhalten, die beim Defizit eine Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung vorschreiben. Hollande verwies in seiner Ansprache jedoch auf die zuletzt gesunkene Arbeitslosigkeit, durchgesetzte Wirtschaftsreformen und gesellschaftliche Entscheidungen wie die Öffnung der Ehe für Homosexuelle.

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