Freie Fahrt für Donald Trump Viel Macht für den neuen US-Präsidenten

Die USA haben einen neuen Präsidenten. Trump will direkt loslegen – und als einen der ersten Schritte die Handelspolitik komplett neu ausrichten. Wer kann ihn stoppen?

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"Ihr werdet nie wieder ignoriert werden"
„Dieser Moment ist euer Moment. Er gehört euch. Das ist euer Tag, das ist eure Feier.“Die vollständige Antrittsrede Trumps können Sie >> hier noch einmal im Wortlaut nachlesen. Quelle: REUTERS
"Vom heutigen Tag an wird eine neue Vision unser Land regieren. Vom heutigen Tag an wird es nur noch Amerika zuerst heißen, Amerika zuerst." Quelle: REUTERS
„Wenn Amerika vereint ist, ist es absolut nicht aufzuhalten. Gemeinsam werden wir für viele, viele Jahre den Kurs Amerikas und der Welt bestimmen.“ Quelle: dpa
Zehn Millionen von Amerikanern seien Teil einer historischen Bewegung, „die die Welt noch nie gesehen hat“. Quelle: AP
„Wenn man sein Herz für Patriotismus öffnet, gibt es keinen Platz für Vorurteile.“ Quelle: REUTERS
„An alle Amerikaner (...), hört diese Worte: Ihr werdet nie wieder ignoriert werden.“ Quelle: REUTERS
Trump versprach, den radikalislamischen Terrorismus weltweit auszulöschen: „Wir werden die zivilisierte Welt gegen den radikal-islamistischen Terrorismus vereinen, der völlig vom Antlitz der Erde verschwinden wird“ Quelle: REUTERS

Viel Einarbeitungszeit möchte sich Donald Trump nicht gönnen. Noch gar nicht Richtung im Weißen Haus angekommen, will der künftige Präsident die Krankenversicherung Obamacare beerdigen – und die Handelspolitik der USA kräftig überarbeiten. Importe aus China sollen mit einer hohen Strafsteuer versehen werden, die Freihandelsabkommen NAFTA und TPP neuverhandelt oder aufgekündigt werden. Und – sollte die WTO protestieren – der Abschied aus der Welthandelsorganisation eingeleitet werden.

„Eine solche neue Ära des Protektionismus wäre für die Weltwirtschaft negativ“, sagt Jeremy Lawson, Chefvolkswirt von Standard Life Investments. Er hofft, dass Trumps „aggressive Rhetorik“ nur Drohgebärden sind, „um US-Unternehmen einen besseren Zugang zu ausländischen Märkten zu verschaffen und Anreize für die Produktion im Heimmarkt zu setzen“.

Doch so ganz überzeugt ist auch Lawson – wie viele aus der Ökonomenzunft – nicht mehr. „Es besteht ein erhebliches Risiko, dass Trump meint, was er sagt.“


America first, ist bekanntlich die Devise. Das heißt: Gemacht wird nur, was Jobs und Wohlstand in den USA schafft. Die Stärkung der heimischen Industrie soll gelingen, in dem das, was in den Vereinigten Staaten konsumiert wird, auch größtenteils dort hergestellt wird. „Wir werden zwei einfache Regeln befolgen“, versprach Donald Trump bei seiner Antrittsrede am Freitagmittag. „Kauft amerikanische Produkte und stellt Amerikaner ein.“

Die Außenhandelsstrategie von Donald Trump hat damit – das zeigen auch die Strategiepapiere seines Übergangsteams – nur ein Thema: die Abschottung. „Unfaire Handelspraktiken“ und „unfaire Importzölle“ möchte die neue Regierung demnach den Kampf ansagen. Das Mittel dazu: die Handelspartner mit eigenen Importzöllen zu bestrafen.

Mammutverträge wie das transpazifische Freihandelsabkommen TPP lehnt Trump ab; Handelsabkommen möchte der künftige Präsident künftig nur bilateral schließen. Die sollen naturgemäß den US-Unternehmen freien Zugang zu Märkten im Ausland sichern – ohne, dass die USA Konkurrenten auf dem Heimatmarkt fürchten müssen.

Donald Trump: Ein Kurzporträt des 45. US-Präsidenten

Hatten viele Ökonomen zu Beginn noch gehofft, Trump würde sich mäßigen, ist inzwischen Ernüchterung eingekehrt. Die Debatte hat sich verlagert: statt zu diskutierten, wie ernst es Trump mit seinen Drohungen meint, streiten sich Ökonomen und Juristen in den USA nun, wie mächtig der Präsident in Handelsfragen ist – und ob er Strukturen, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, in wenigen Wochen einreißen wird.

Grundsätzlich kann Trump mithilfe des Kongress neue Steuern erheben, Verträge abändern und neue Abkommen zu geltendem Recht machen.

Die Wahlversprechen Donald Trumps

Die Republikaner haben in beiden Kammern – Senat und Abgeordnetenhaus – eine Mehrheit und können durchregieren. Zwingend angewiesen auf die Zustimmung des Kongress, in dem auch einige Republikaner sitzen, die pro Freihandel sind, ist Trump aber nicht. Er könnte viele Dinge im Alleingang anstoßen.

„In den vergangenen Jahrzehnten hat der Kongress die Rechte des Präsidenten – vor allem auf kurze Sicht – ausgebaut“, sagt Gary Hufbauer, Handelsexperte beim Peterson Institute für International Economics. Trump sei nun – mit einigen Kniffen – in Handelsfragen ähnlich mächtig wie in seiner Rolle als oberster Befehlshaber der Streitkräfte.

Die Gunst des Präsidenten

Beispiel NAFTA: Das nordamerikanische Freihandelsabkommen zwischen Mexiko, Kanada und den USA kann jederzeit von einer Partei aufgekündigt werden. Präsident Trump kann eine Austrittserklärung verfassen, die sechs Monate später in Kraft tritt. Anschließend würden die WTO-Regeln gelten.

Die USA, Mexiko und Kanada könnten auch neue Bedingungen vereinbaren, ein NAFTA II müsste aber vom Kongress abgesegnet werden. Anders ist es, wenn Trump – nach einem Austritt der USA aus der Freihandelszone – etwa unfaire Handelspraktiken erkennt. Dann könnte er eigenmächtig einen Strafzoll – auch in Höhe von 35 Prozent – etwa gegen Mexiko erheben. Der Kongress muss in diesem Fall lediglich informiert werden.

„US-Unternehmen und Handelspartner könnten klagen, dass Trump seine Macht überschritten habe oder die Argumentation brüchig sei“, sagt Hufbauer.

Merkel ruft Trump zu respektvollem Umgang auf
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier schrieb in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag", mit Trumps Wahl sei die alte Welt des 20. Jahrhunderts endgültig vorüber. Er setze darauf, "dass wir in Washington aufmerksame Zuhörer finden, die wissen, dass auch große Länder Partner brauchen in dieser Welt, und die bereit sind, ihren Weg gemeinsam mit guten Freunden und bewährten Bündnispartnern zu gehen". Wichtig für Deutschland seien Freihandel, Austausch und das Zusammenstehen gegen Extremismus und Terrorismus. Quelle: dpa
Japans Regierungschef Shinzo Abe gratulierte Trump „von Herzen“ und freute sich auf Zusammenarbeit, um „Frieden und Wohlstand der Asien-Pazifik Region sicherzustellen und verschiedene Herausforderungen, denen sich die internationale Gemeinschaft gegenübersieht, anzugehen“. Er freue sich darauf, die „standhafte Beziehung zwischen Japan und den Vereinigten Staaten weiter zu stärken“, basierend auf der Beziehung von Vertrauen zwischen uns“, schrieb Abe an Trump. Er wünsche ihm „großen Erfolg“. Quelle: AP
Bundeskanzlerin Angela Merkel pocht nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump auf die Einhaltung internationaler Regeln und einen respektvollen Umgang miteinander. Am besten sei es für alle, wenn es ein "regelbasiertes, auf gemeinsamen Werten beruhendes, gemeinsames Agieren" gebe, sagte Merkel am Samstag nach einer Klausurtagung der baden-württembergischen CDU im Kloster Schöntal. Dies gelte etwa für die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung. Auch im Bereich der Verteidigung müssten im Rahmen bestehender Bündnisse Beiträge geleistet werden. Darüber hinaus betonte Merkel, das transatlantische Verhältnis werde in den nächsten Jahren nicht weniger wichtig als es in der Vergangenheit gewesen sei. "Selbst wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, sind Kompromisse, sind Möglichkeiten, immer dann am besten zu finden, wenn man eben in Respekt miteinander sich austauscht." Deutschland werde versuchen, im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft dazu einen Beitrag zu leisten. Quelle: dpa
"Er (Trump) meint, dass alles, was gut für Amerika ist, getan werden muss. (.) Wir werden also seine Politik berücksichtigen. Zuerst kommt das, was gut für Bulgarien ist, dann (das, was) für die anderen Staaten (gut ist)", sagt der scheidende bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow zur Antrittsrede des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Quelle: dpa
"Gratulation @realDonaldTrump. Ich wünsche Ihnen das Beste zu Ihrer Präsidentschaft. Hoffentlich können wir die transatlantischen Bande stark halten.“ In einem Schreiben an Trump zeigt sich Ministerpräsident überzeugt, dass die „tiefe und warme Freundschaft“ beider Länder „weiter blühen wird", sagte Lars Lokke Rasmussen, der dänische Ministerpräsident. Quelle: AP
Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel (SPD) Quelle: dpa
Israels Premier Benjamin Netanjahu Quelle: dpa

Eine Entscheidung aber könnte lange dauern. Zu lange wohl für die gescholtenen Nachbarn. „Ausländische Staaten werden nicht auf die Urteile warten, sondern sich rächen“, so der Handelsexperte. Kurzum: Ein Handelskrieg wäre entfesselt – und die Zeiten vorbei, in denen Produkte, auch Vans und Limousinen der deutschen Autobauer, kostenfrei zwischen Mexiko und den USA verschifft werden.

Apropos Deutschland: Donald Trump könnte sich auch die Bundesrepublik vorknüpfen und neue Mauern für den Warenaustausch hochziehen. Zum Beispiel mit Verweis auf ein Handelsgesetz von 1974, Abschnitt 122. Demnach kann ein US-Präsident einen Zoll von 15 Prozent auf Güter aus jenen Ländern erheben, mit denen die Vereinigten Staaten ein hohes Leistungsbilanzdefizit haben. Dies ist im Handel mit Deutschland fraglos der Fall.

Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet

Satte 54,6 Milliarden Euro betrug der Handelsüberschuss Deutschlands mit den Vereinigten Staaten in 2015. Eine Verlängerung des Strafzolls über die ersten 150 Tage hinaus ist allerdings nur mit Zustimmung des Kongress möglich.

Lobbyisten aus dem In- und Ausland werben derzeit im Dauertakt um die Gunst des neuen Präsidenten. Dabei reden die Konzernvertreter naturgemäß primär ihre Branche stark, verweisen etwa auf die Wichtigkeit ihres Sektors für den Arbeitsmarkt in den USA. Was sie eint: die Warnung vor Handelsschranken. Problem Nummer eins: Dass Trump darauf hört, scheint derzeit aber unwahrscheinlich. Problem Nummer zwei: Stoppen kann den neuen US-Präsidenten nur seine eigene Vernunft.

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