Freihandelsabkommen Ceta-Drama wirft Fragen für künftige Politik auf

Tagelang hat eine belgische Region Politiker in ganz Europa in Atem gehalten. Nun scheint der Handelspakt Ceta mit Kanada zwar gerettet. Doch was passiert ist, wirft Fragen für die künftige Politik der EU auf.

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Obwohl sich die Belgier im Streit um das Freihandelsabkommen geeinigt haben, sind einige EU-Politiker unsicher, wie es künftig in der Politik weitergehen soll. Quelle: AP

Brüssel Nach dem dramatischen Ceta-Gezerre wollen EU-Politiker eine Diskussion über die künftige Handelspolitik. Er sehe „alle Vorbehalte bestätigt, dass Europa schwer handlungsfähig wäre“, sagte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger dem Deutschlandfunk am Freitag. Eine „Entflechtung der Kompetenzen“ von europäischer und nationaler Ebene sei notwendig.

Vor allem die Wallonie hatte sich bis zuletzt gegen Ceta gestemmt. Ohne das Einverständnis der gerade mal 3,6 Millionen Einwohner zählenden Region hätte die belgische Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen, was letztlich das Aus für Ceta hätte bedeuten können. Damit es in Kraft treten kann, müssen es alle 28 EU-Staaten unterzeichnen.

Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker pochte in der ARD auf eine klare Trennung der Zuständigkeiten: „Wir werden uns in Zukunft überlegen müssen, (...) dass wir ab Tag eins fein säuberlich trennen, was in europäische Zuständigkeit fällt und was nationalen Parlamenten überlassen sein muss.“ Juncker hatte davon abgeraten, nationale Parlamente zu beteiligen. Den geplatzten EU-Kanada-Gipfel nannte er ein „diplomatisches Unding“.

In Belgien nahm der europäisch-kanadische Handelspakt derweil letzte politische Hürden. Die Regierung der kleinen deutschsprachigen Gemeinschaft im Osten des Landes billigte das Abkommen am Freitag wie erwartet. Im wallonischen Parlament feierte der Regierungschef der Region, Paul Magnette, die Zugeständnisse, die er und andere Kritiker der belgischen Föderalregierung abgetrotzt hatten.

Den Bedenken der Ceta-Kritiker soll nun mit Zusatzerklärungen und Garantien Rechnung getragen werden. So wird beispielsweise festgestellt, dass die Belgier Konkurrenz für ihre Landwirte im Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Zudem soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgefordert werden, ein Gutachten zu den umstrittenen Regelungen zur Streitbeilegung zwischen Unternehmen und Staaten zu erstellen.

Ceta sei nun ein „besserer Vertrag“ und das wallonische Regionalparlament in aller Welt berühmt, erklärte Magnette. Die Abgeordneten dort sowie in anderen belgischen Parlamenten sollten im Laufe des Tages noch zustimmen.

Die 28 EU-Staaten sollten dem europäisch-kanadischen Handelspakt bis um 24 Uhr am Freitag die offizielle Zustimmung erteilen. Bereits bald danach könnte das Abkommen unterzeichnet werden – ein Termin für ein gemeinsames Spitzentreffen mit Kanada sollte wahrscheinlich bis zum Samstagmorgen angesetzt werden.

Die Bundesregierung hat angesichts der Fortschritte im Gerangel um Ceta wirtschaftliche Vorteile des Freihandelsabkommens hervorgehoben. Der Pakt der EU mit Kanada sichere und schaffe viele Arbeitsplätze, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Es stehe für einen Welthandel mit nachhaltigen Regeln und hohen Sozial- und Umweltstandards.

Bevor Ceta in Kraft treten kann, ist zunächst noch das Europaparlament am Zug. Das Plenum dürfte im Dezember oder Januar über das Abkommen abstimmen, eine Mehrheit wird erwartet. Danach müssen die nationalen Parlamente Ceta billigen. Unklar ist nach Angaben von Experten, in welcher Form dabei in Deutschland neben dem Bundestag auch der Bundesrat beteiligt wird. Wichtig für diese Frage ist, ob Kompetenzen der Länder betroffen sind.

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