Freihandelsabkommen Nafta Mexiko verliert die Nerven

Während Mexiko und Kanada weiter für die Fortführung des Nafta-Abkommens kämpfen, setzen die Vertreter der USA auf Konfrontation. Jetzt reicht es den mexikanischen Regierungsvertretern – der Ton wird rauer.

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Santiago de Chile Nun verhandeln sie wieder. In der fünften Runde ringen Mexiko und Kanada mit den USA derzeit um den Erhalt der Nafta – aber man hat zunehmend den Eindruck, dass sich die US-Unterhändler so lange bockig stellen, bis die anderen die Nerven verlieren. Das zumindest scheint der Plan von US-Präsident Donald Trump zu sein, wenn er dann überhaut eine durchdachte Strategie hat. Seit Mittwoch und noch bis kommenden Dienstag sprechen die Delegationen, dieses Mal wieder in Mexiko.

28 verschiedene Themen werden diskutiert, von so einfachen Dingen wie den Gebühren für den transnationalen Onlinehandel bis zu den „Giftpillen“. Dazu gehören vor allem die Ursprungsregeln (regionaler Produktinhalt), das mögliche automatische Ende der Nafta und die Schiedsgerichte. In all diesen Punkten sind vor allem die USA und Mexiko weit voneinander entfernt.

Die Verhandlungen über die Modernisierung eines der größten Freihandelsabkommen der Welt wandeln stets am Rande des Abbruchs. Wenn die Nordamerikanische Freihandelszone nach gut 23 Jahren beerdigt wird oder in absehbarer Zeit ausläuft, trifft es zwar auch Kanada und die USA, aber vor allem die mexikanische Wirtschaft würde leiden. In erster Linie der Manufaktursektor hängt wie ein Kranker am Tropf der Exporte zum nördlichen Nachbarn.

Das lateinamerikanische Land schickt 80 Prozent seiner Waren zollfrei in die USA. Und insbesondere der Automobilsektor, Mexikos wichtigster Industriezweig, würde dramatische Einbußen hinnehmen müssen. Bereits nach Ende der vierten Verhandlungsrunde sackte der Mexikanische Peso wieder deutlich ab. Denn ein Ende der Nafta würde den Schwellenstaat Konkurrenzfähigkeit kosten und unzählige Betriebe zur Schließung zwingen.

Und allmählich fürchten die Mexikaner tatsächlich ernsthaft um das Ende der Nafta. Trump hatte das Abkommen immer wieder als „einen der schlechtesten Deals der Geschichte“ bezeichnet. Man war jedoch bisher davon ausgegangen, dass diese Rhetorik dazu dienen sollte, die US-Verhandlungsposition zu verbessern. Jetzt hat sich die Stimmung geändert. Viele Beobachter sind inzwischen überzeugt, dass Trump Forderungen stellt, die Mexiko und Kanada nicht akzeptieren können. So hätte er einen Vorwand, aus dem Abkommen auszusteigen.

Vielleicht aber schmeißen auch die Mexikaner hin. Diese haben sich trotz aller Demütigungen aus den USA von Anfang an sehr kooperativ gezeigt. Sie haben die Gespräche monatelang intensiv vorbereitet. Sie haben Kompromissvorschläge erarbeitet, wollten Zugeständnisse machen zum Beispiel bei den Löhnen, aber auch selber Forderungen stellen. Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo hat immer auf eine Konsenslösung gesetzt.

Doch nun kippt in Mexiko die Stimmung. Besonders übel stößt den Mexikanern die „Sunset Clause“ auf, eine Art vorab festgelegtes Ablaufdatum, wonach das Abkommen nach fünf Jahren automatisch endet – es sei denn, alle drei Teilnehmerländer verständigen sich ausdrücklich auf eine Fortsetzung. Das würde den schleichenden Tod von Nafta bedeuten, denn welcher Investor steckt noch Geld in Projekte bei einem so unsicheren Rechts- und Zeitrahmen?

Also verschärft auch Mexiko den Ton. Außenminister Luís Videgaray drohte den USA implizit mit einem Ende der Zusammenarbeit bei den Themen Migration und Grenzsicherheit, sollte Washington Nafta platzen lassen. Es sei gut, mit den USA in diesen und anderen Themen zusammenzuarbeiten, betonte der Minister am Rande des Apec-Gipfels in Vietnam. „Aber ein schlechtes Ergebnis bei den Nafta-Gesprächen wird auch Auswirkungen auf diese anderen Themen haben.“ Die Nerven der Mexikaner werden dünner und die Wut steigt, ein Scheitern des Abkommens ist längst eine denkbare Realität.

Denn auch in Mexiko drängt die Zeit. Im Juli 2018 wird ein Nachfolger für den glücklosen Staatschef Enrique Peña Nieto gewählt. Und im Moment sieht es so aus, als könnte der Linkskandidat Andrés Manuel López Obrador die Wahl gewinnen. Er ist ein anerkannter Skeptiker von Freihandel und einer weiteren Öffnung seines Landes zu den Weltmärkten. Wenn es ganz unglücklich läuft, wären dann jenseits und diesseits des Rio Bravo zwei wenig kompromissfreudige Nafta-Kritiker am Ruder. Dann wäre es sowieso vorbei mit dem Abkommen.

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