Freihandelsabkommen TTP Pazifikstaaten umwerben China nach Abschottung der USA

Eigentlich sollte das Freihandelsabkommen TTP zwischen den USA und einigen Pazifikstaaten ein Gegengewicht zum Einfluss Chinas sein. Nach dem Rückzug Trumps gehen die Pazifikstaaten nun aber ausgerechnet auf China zu.

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Es gebe aber „sicherlich Potenzial, dass China TPP beitritt“, sagt Turnbull. Quelle: AP

Wellington/Berlin Führende Pazifikstaaten richten in der Handelspolitik nach der Abfuhr des neuen US-Präsidenten Donald Trump den Blick auf China. Australiens Premierminister Malcolm Turnbull brachte am Dienstag die Möglichkeit des Beitritts des Exportweltmeisters in das Freihandelsabkommen TPP ins Spiel, nachdem Trump per Erlass den Ausstieg der USA aus dem Pakt besiegelt hatte. Japan äußerte sich jedoch skeptisch zu Überlegungen für ein Abkommen ohne die USA. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte Europa auf, rasch an einer „neuen Asienstrategie“ zu arbeiten. Der Blick sollte insbesondere in Richtung Indien und China gehen. „Die Räume, die Amerika frei macht, müssen wir jetzt nutzen“, sagte der Vizekanzler dem „Handelsblatt“.

Der Ausstieg der USA sei für TPP „ohne Frage ein großer Verlust“, sagte Turnbull in Canberra. Es gebe aber „sicherlich Potenzial, dass China TPP beitritt“. Neuseelands Ministerpräsident Bill English sagte, die USA träten Einfluss an China ab. In der Region könne sich somit der Fokus auf alternative Handelsabkommen richten. Japans Vize-Regierungssprecher Koichi Hagiuda sagte jedoch, TPP sei „ohne die USA bedeutungslos“. Die Regierung in Tokio werde daher den USA weiter erklären, welche Vorzüge das Abkommen habe.

Japan hatte mit Trumps Vorgänger Barack Obama TPP maßgeblich vorangetrieben. Eine Mitgliedschaft der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft China war nicht vorgesehen. Vielmehr war das Ziel, ein Gegengewicht zum steigenden Einfluss der Volksrepublik in der Pazifik-Region zu schaffen. Die USA unterzeichneten TPP 2015. Sie haben das Abkommen, dem auch Kanada, Mexiko, Peru, Chile, Vietnam und Brunei angehören, jedoch noch nicht ratifiziert.

Australiens Handelsminister Steven Ciobo sagte, TPP habe bereits in seiner Ursprungsform vorgesehen, dass auch andere Nationen dem Pakt beitreten könnten. „Und es gäbe Raum für China, wenn wir das Abkommen neu formulieren können.“ Japans Wirtschaftsminister Nobuteru Ishihara sagte, es habe sich nichts an der Überzeugung geändert, dass „freier Handel die Quelle wirtschaftlichen Wachstums“ sei.

China hatte zu TPP als Gegenentwurf eine Freihandelszone der Asien-Pazifikstaaten (FTAAP) vorgeschlagen. Zugleich machte es sich für das RCEP-Projekt stark, das neben den südostasiatischen Staaten unter anderem auch China, Australien, Neuseeland, Japan und Indien verhandeln, nicht aber die EU oder die USA. RCEP sei bislang nur langsam in die Gänge gekommen, sagte Neuseelands Regierungschef English. „Aber womöglich finden wir den politischen Willen, dass das an Fahrt gewinnt, wenn es mit TPP nicht weitergehen sollte.“

Trump sieht in Abkommen wie TPP oder der Freihandelszone Nafta mit Mexiko und Kanada zu viele Nachteile für die USA. Er bevorzugt bilaterale Vereinbarungen, hat dazu aber bislang kaum konkrete Details genannt. Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner sagte „aus logistischen Gründen“ kurzfristig einen für Dienstag anberaumten Besuch in Kanada ab, wie es in kanadischen Regierungskreisen hieß. Trumps Wirtschaftsberater Stephen Schwarzman sagte aber, Kanada genieße trotz der angestrebten Nafta-Änderungen „einen sehr besonderen Status“. Dass kaum eine Exportnation ohne weiteres auf einen möglichst ungehinderten Zugang zum riesigen US-Markt verzichten will, machten Äußerungen wie die von Mexikos Präsident Enrique Pena Nieto deutlich: Er bekräftigte, weiter einen freien Handel mit den USA und Kanada anzustreben.

Gabriel sagte, wenn Trump einen Handelskrieg mit Asien und Südamerika beginne, eröffneten sich damit Chancen für die deutsche und europäische Industrie. China sei aber derzeit „nicht bereit, ein fairer Partner auf Augenhöhe für Investoren zu sein“, gab er zu bedenken. In der Region selbst könnten sich zudem Territorialstreitigkeiten als Hindernis für engere Beziehungen zwischen China und den anderen Pazifikstaaten ergeben. Ein Dauerkonflikt sind etwa die Ansprüche einzelner Staaten auf rohstoffreiche Gebiete im Südchinesischen Meer. Aber auch der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD), sagte im RBB Inforadio: "Wir müssen jetzt mit China reden."

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