Freihandelsabkommen Verbraucherschützer warnen vor TTIP

Das Freihandelsabkommen sorgt erneut für Streit. Verbraucherschützer befürchten, dass durch TTIP wichtige Standards, etwa beim Tierschutz, aufgeweicht werden könnten. Sie wünschen ein schmales Abkommen.

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In den USA richtet sich der Verbraucherschutz nach dem Nachsorge-Prinzip: wenige Regeln bei der Produktion, dafür aber viel Raum für spätere Klagen. Den europäischen Verbraucherschützern ist das nichr recht. Quelle: dpa

Berlin Verbraucherschützer haben erneut vor dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU gewarnt. Dadurch könnten Vorschriften zum Tierschutz und andere Standards aufgeweicht werden. Dies könne selbst dann der Fall sein, wenn die europäischen Regeln zunächst bestehen bleiben, sagte der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), Klaus Müller, der Nachrichtenagentur Reuters. Grund dafür sei die grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweise beim Verbraucherschutz in den USA und in der Europäischen Union (EU).

In den USA gelte in der Regel das Nachsorge-Prinzip, so Müller. „Das heißt, man kann mit viel Freiheit und relativ wenigen Regeln produzieren. Geht aber etwas schief, drohen existenzgefährdende Schadensersatzprozesse.” In den USA sei es viel einfacher als in der EU, entsprechende Klagen einzureichen. Die EU richte sich dagegen nach dem Vorsorge-Prinzip. Das heiße, von vorneherein müssten sich die Hersteller einer Reihe von Standards und Regeln unterwerfen, die sich auch auf die Produktionskosten auswirkten.

Beide Prinzipien seien nicht kompatibel, sagte Müller. Blieben sie aber als Kompromiss gleichberechtigt nebeneinander bestehen, sei mittelfristig eine Absenkung der europäischen Standards zu befürchten. Es werde nämlich zwangsläufig zu einer Debatte kommen, ob die europäischen Produzenten durch das Vorsorge-Prinzip und die damit verbundenen höheren Kosten nicht diskriminiert würden und Vorschriften dann gelockert werden müssten.

Europäische Fleischproduzenten könnten beispielsweise durch die Doppelstandards benachteiligt werden, erklärte Müller. So seien in den USA Nutztiere vom Tierschutz ausgenommen, in Europa aber nicht. Die Folge sei, dass in Amerika hergestelltes Fleisch preisgünstiger angeboten werden könne, selbst wenn es im Vergleich mit dem europäischen Produkt keine qualitativen Unterschiede gebe. „Dort, wo es unterschiedliche Schutzphilosophien gibt, wäre die gegenseitige Anerkennung deshalb der Einstieg in die Absenkung von Verbraucherschutz-Standards”, so Müller.

Einen Ausweg sieht Deutschlands oberster Verbraucherschützer in einem abgespeckten Freihandelsabkommen (TTIP): „Ich wünsche mir ein schmales TTIP, das heißt Verzicht auf die Bereiche mit unterschiedlicher Schutzphilosophie.” Dadurch würde vor allem der Agrarbereich vom Freihandel ausgenommen. Der mache weniger als ein Prozent am Bruttoinlandsprodukt Deutschlands aus, habe aber enorme Relevanz für die Verbraucher.

Europa und die USA erhoffen sich von einem stärkeren Handel zusätzliche Wachstumsimpulse. Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wollen noch 2015 einen Abschluss mit den USA erreichen.

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