Freytags-Frage

Was ist das Problem des IWF?

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Akuter Reformbedarf

Die wichtigsten Entscheidungen zum Euro 2012
Frankreich verliert BonitätFrankreich verliert am 14. Januar seine Bestnote als Schuldner bei Standard & Poor's. Nun wird immer klarer, dass allein Deutschland unter den großen Eurozonen-Ländern als Stabilitätsanker zu sehen ist. Quelle: REUTERS
FiskalpaktBeim EU-Gipfel in Brüssel unterzeichnen 25 der 27 EU-Länder am 2. März 2012 den von Deutschland und Frankreich durchgesetzten Fiskalpakt. Der sieht unter anderem eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild vor, die vom Europäischen Gerichtshof überprüft wird. In der Regel darf die Neuverschuldung demnach konjunkturbereinigt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten. Aber: Die Schuldengrenze ist weniger streng als die des Bundes. Für Berlin darf das jährliche Staatsdefizit in Normalzeiten ab 2016 nur noch bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen. Quelle: dpa
SchuldenschnittAm 12. März 2012 wird der sogenannte Schuldenschnitt für Griechenland fällig. Über 96 Prozent der Unternehmen, meist Banken, die Griechenland-Anleihen halten, verzichten auf einen Großteil ihrer Forderungen – mehr oder weniger freiwillig. Griechenland ist damit noch längst nicht gerettet. Die Schuldenquote steigt schnell wieder und viele der Gläubiger klagen vor Gericht. Quelle: dapd
Hollande gewähltAm 6. Mai 2012 wählen die Franzosen Francois Hollande zu ihrem Staatspräsidenten. Das Duo "Merkozy" ist damit Geschichte. Hollande hatte sich offen gegen das Merkelsche "Spardiktat" ausgesprochen. Seine sozialistischen Versprechen erweisen sich bald als unhaltbar. Quelle: dpa
Merkel erpresstEklat beim EU-Gipfel am 30. Juni 2012 : Italien und Spanien ziehen alle Register, um Europa ihre Politik aufzuzwingen. Mit Erfolg. Künftig sollen Krisenländer den Euro-Rettungsschirm ohne verschärftes Anpassungsprogramm anzapfen dürfen. Quelle: dpa
Unbegrenzter Anleihenkauf der EZBAm 6. September gibt die EZB bekannt, dass sie im Notfall unbegrenzt Anleihen von finanziell angeschlagenen Euro-Staaten kaufen will, um die Zinsen für die Regierungen in Rom und Madrid drücken. Sie finanziert damit indirekt Staaten – was ihr eigentlich strikt verboten ist. Eine neue Ära der europäischen Geldpolitik beginnt. Der Bundesbankpräsident ist gescheitert. Quelle: dapd
Bundesverfassungsgericht entscheidet Am 12. September entscheidet das Bundesverfassungsgericht - im Bild Präsident Andreas Vosskuhle - über die deutsche Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Sie ist rechtens, solange es bei der Haftungsobergrenze von 190 Milliarden Euro bleibt und das auch völkerrechtlich fixiert wird. Die Kläger, darunter der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, sehen das zumindest als Teilerfolg. Quelle: REUTERS

Eine weitere Schwierigkeit kommt für den IWF hinzu: Es scheint so zu sein, dass die Strukturen und Gewichte in der Weltwirtschaft nicht mehr die alten sind. Die Wachstumspole haben sich deutlich verschoben und mit ihnen die Möglichkeit der makroökonomischen Stimulierung. Die OECD ist auf der wachstumspolitischen Kriechspur angelangt. Waren es früher die Entwicklungsländer, die in makroökonomischen Schwierigkeiten steckten und von den Industrieländern unterstützt werden mussten, so ist es heute gerade umgekehrt. Zwei Beispiele: Die Eurozone schickt auf der Suche nach frischem Geld Vertreter nach China. Brasilien muss sich der Geldflut (Stichwort Quanitative Easing) aus den USA erwehren.

Auch damit muss der IWF, dessen Klientel eher die Entwicklungsländer sind, umgehen lernen. Solange Europäer und Amerikaner den Ton im IWF angeben und genau die Rezepte einfordern, die die westliche Welt in die Krise gebracht haben, dürfte die Glaubwürdigkeit dieser altehrwürdigen Institution eher sinken. Eine generelle Überholung der Politik des IWF wird bereits seit langem angemahnt, ist aber noch nicht umgesetzt worden. Die Krise und ihre Persistenz allem hektischen Krisenmanagement zu Trotz sollten den Anlass bieten, endlich aktiv zu werden.

Ansatzpunkte einer Reform sollten zum ersten in der theoretischen Fundierung liegen. Unter Umständen müssen die makroökonomischen theoretischen Grundlagen der Wirtschaftspolitik gründlich überarbeitet werden. Geldpolitische Multiplikatoren scheinen sich geändert zu haben. Hier könnte der IWF mit seiner exzellenten Forschungskapazität Anstöße für ernsthafte theoretische und empirische Forschung liefern. Foren wie die auf der Frühjahrstagung bieten sicherlich gute Gelegenheiten für derartige Anstöße.

Zweitens muss der IWF die langfristigen Wirkungen von kurzfristigen Stimulierungen bedenken. Billiges Geld und höhere Staatsausgaben könnten kurzfristig in der Tat stimulierend wirken, sie haben langfristig in der Regel negative Konsequenzen. Zwar haben Reformpakete oftmals den gegenteiligen Effekt - kurzfristige Verluste, langfristige Gewinne - jedoch ist das allemal vorzuziehen. Man darf nämlich nicht glauben, man könne aus einer Situation wie der Eurokrise ohne größere Blessuren herauskommen. Die Rechnung kommt auf jeden Fall, man sollte sie nicht auf die lange Bank schieben.

Die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt
Platz 10: GroßbritannienFür die Insel ging es im Vergleich zum Vorjahr zwei Ränge abwärts. Großbritannien offenbart in mehreren Kategorien Schwächen, besonders was das gesamtwirtschaftliche Umfeld und die Finanzmärkte angeht. Das Land profitiert aber von seiner starken Arbeitsmarkteffizienz.Quelle: "Global Competitiveness Index" des World Economic Forum Quelle: REUTERS
Platz 9: JapanJapan steigt im Vergleich zum Vorjahresranking um einen Platz auf. Die Punkte in den einzelnen Bewertungspositionen des Index blieben nahezu unverändert. Besonders in Sachen Innovationen ist das Land gut dabei: Japan hat die weltweit vierthöchste Anzahl von Patentanträgen pro Kopf. Quelle: REUTERS
Platz 8: NiederlandeNoch im Vorjahr konnten sich die Niederlande um zwei Plätze auf Position fünf verbessern - nun ging es wieder um drei Plätze nach unten. Geschuldet ist der Abwärtstrend geschwächten Finanzmärkten und Sorgen um die Stabilität des Bankensystems. Nichtsdestotrotz haben die Niederlande eine sehr produktive Volkswirtschaft mit gut entwickelten und innovativen Unternehmen. Quelle: AP
Platz 7: HongkongFür Hong Kong ging es im Vorjahresvergleich um zwei Plätze nach oben, dank einer anhaltend starken Leistung. Die Wettbewerbsfähigkeit der Sonderverwaltungszone Hongkong zeugt vor allem von einem guten Abschneiden in vielen Kategorien, hervorzuheben ist die gute Infrastruktur und die hohe Effizienz, Stabilität und Vertrauenswürdigkeit der dortigen Finanzmärkte. In Sachen Bildung und Innovationen hat Hong Kong jedoch noch deutlichen Nachholbedarf (aktuell belegt es die Plätze 22 und 23), wenn es sich weiter verbessern will. Quelle: REUTERS
Platz 6: SchwedenSchweden gehört zwar weiter zur Spitzengruppe, fiel im Vergleich zum Vorjahr aber um zwei Plätze im Ranking. Wie die Schweiz legt Schweden viel Kraft in Innovationen. Obwohl die WEF-Bewertung leicht fiel - Schuld ist ein etwas schwächeres gesamtwirtschaftliches Umfeld - zählen Schwedens öffentliche Einrichtungen nach wie vor zur Spitzenklasse, mit einem hohen Maß an Effizienz, Vertrauenswürdigkeit und Transparenz. Quelle: dpa
Platz 5: USADie Wirtschaft der USA gehört laut WEF nach einem vierjährigen Abwärtstrend wieder zu den effektivsten der Welt und ist führend bei der Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen bis zur Marktreife. Im Wettbewerbsindex verbesserten sich die USA gegenüber 2012 um zwei Plätze auf Rang 5. Quelle: REUTERS
Platz 4: DeutschlandDeutschland ist überraschend um zwei Plätze nach oben geklettert. Im Vorjahr noch auf Rang sechs, hat sich die Bundesrepublik nun auf den vierten Platz vorgearbeitet. Die WEF-Experten bescheinigen Deutschland eine hohe Flexibilität und Innovationskraft seiner Wirtschaft sowie eine ausgezeichnete Infrastruktur. Gelobt wird in der Studie, dass deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich viel für Forschung und Entwicklung ausgeben. Probleme habe Deutschland hingegen durch einen vergleichsweise unflexiblen Arbeitsmarkt. Quelle: dpa

Schließlich sollten auch die politökonomischen Zusammenhänge genauer in den Blick genommen werden. Durch die Organisationsstruktur besteht ein zweiseitiges Kontrollproblem: Die Mitglieder als Eigentümer kontrollieren den IWF, der die Mitglieder kontrollieren soll. Das kann eigentlich nicht funktionieren. Es sollte nach Mechanismen gesucht werden, dass die Verquickung mit nationaler Politik verringert wird.

Insgesamt besteht also Bedarf zu Änderungen hinsichtlich seines theoretischen Rahmens, der Fristigkeit seiner Politik und seiner Verbindung zu nationalstaatlicher Politik, will der IWF an Schlagkraft hinzugewinnen und den strukturellen Wandlungen der Weltwirtschaft gerecht werden. Da solche Veränderungen Zeit brauchen, sollte bald damit begonnen werden.

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