Freytags-Frage

Protektionismus oder offener Welthandel?

Präsident Trump ist überzeugt, dass die Vereinigten Staaten Verlierer der Globalisierung sind und setzt deshalb auf Protektionismus. Was ist dran an seinen Argumenten? Und wofür brauchen wir noch offenen Welthandel?

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Quelle: dpa

Ist der Freihandel obsolet geworden, wie die neue amerikanische Administration meint? Um diese Frage wird es gehen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump in Washington an diesem Freitag zusammenkommen – direkt oder indirekt. Um diese Frage soll es auch in dieser Kolumne gehen.

Man droht Ländern mit bilateralen Handelsbilanzüberschüssen gegenüber den USA mit Importzöllen, das nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) soll neu verhandelt werden. Zusätzlich wird in der republikanischen Partei darüber nachgedacht, die Unternehmenssteuern zu reformieren und importierte Vorleistungen nicht als Kosten für die Gewinnermittlung anzuerkennen. Die amerikanische Regierung liegt damit im Zeitgeist, sowohl die politische Linke als auch die Rechten unterstützen die Abschottung.

Aber hilft Protektionismus bei der Bewältigung der drängendsten wirtschafts- und sozialpolitischen Probleme? Die Probleme, die der Präsident als Begründung für seinen protektionistischen Plan nennt, nämlich bilaterale Handelsbilanzdefizite und Jobverluste in traditionellen amerikanischen Industrien, haben tatsächlich mit Außenhandel nur wenig zu tun. Ökonomische sowie politökonomische Überlegungen legen dabei den Schluss nahe, dass freier Handel und offene Märkte die bestmögliche Handelspolitik eines Landes darstellen. Die durch zahlreiche theoretische und empirische Studien unterstützten ökonomischen, sozialen und politischen Argumente sind die folgenden:

1. Außenhandel ist nur die Ausweitung der Arbeitsteilung im Inland. Auch dort herrscht insofern Freihandel, als dass Produkte aus Köln in Düsseldorf nicht verzollt werden müssen. Auch im Inland findet eine Spezialisierung gemäß unterschiedlichen Fähigkeiten und Ressourcen statt, auch dort gilt das Theorem der komparativen Kostenvorteile. Man stelle sich vor, jede deutsche Stadt erhebe eine eigene Körperschaftsteuer, bei der zur Gewinnermittlung Vorleistungen aus anderen Orten nicht abzugsfähig wären.

2. Die Freiheit, den Handelspartner zu wählen, kann man als ein Bürgerrecht interpretieren. Anders gewendet: Mit welchem Recht kann der Staat Bürgern verbieten, sich Vertragspartner auszusuchen, wo sie wollen? Außenhandel stärkt somit dieses Recht und die Freiheit des Individuums, aber auch der gesamten Gesellschaft. Denn mit Öffnung der nationalen Märkte erweitert sich die Anzahl potentieller Handelspartner wie auch möglicher wirtschaftlicher Aktivitäten erheblich. Diese Vielfalt an potentiellen Handelspartnern vermindert sozusagen nebenbei die Abhängigkeit von einzelnen Handelspartnern und steigert – entgegen vieler Vorurteile – die nationale Unabhängigkeit. Dies gilt dann besonders, wenn die Bürger eines Landes mit Partnern in vielen Ländern handeln. Heutzutage sind Unternehmen vielfach global aufgestellt. Ihre globalen Wertschöpfungsketten bestehen aus vielen Stufen in vielen Ländern. Es gibt im Grunde kaum noch eine klassische Unterteilung in deutsche und amerikanische (oder anderer Nationalität) Industrie mehr. Das wiederum heißt, dass Importschutz die Vorleistungen vieler Exporteure erheblich verteuert.

Wissenswertes zum internationalen Handel

3. Statische Effizienz: Die im Vergleich zur Autarkie erweiterte Arbeitsteilung erlaubt die Spezialisierung nach komparativen Kostenvorteilen und verbessert so die Allokation der Ressourcen. Konkret bedeutet dies, dass sich Handelspartner auf das Gut beziehungsweise den Produktionsschritt spezialisieren, bei dessen Produktion sie relativ (gemessen an den Kostenstrukturen) am besten sind. Selbst wenn ein Partner absolut alles am besten könnte, lohnt sich deshalb Arbeitsteilung für sämtliche Beteiligte, da sie die relativen Preise jeweils zugunsten der Partner so verändert, dass sie sich besser stellen als im Status quo ante.

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