G5 gegen Steuerflucht Die glorreichen Fünf

Sie nennen sich G5: Finanzminister Schäuble schmiedet in Washington mit vier weiteren großen europäischen Ländern eine Allianz gegen Steueroasen. Die verspricht viel. Doch kann sie es halten?

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Die G5 aus Italien, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Spanien trafen sich am Rande der IWF-Frühjahrstagung in Washington. Quelle: Reuters

Washington Das erste Wort geht an Wolfgang Schäuble (CDU). Der Bundesfinanzminister sitzt auf dem Podium in einem Konferenzraum in der Zentrale des Internationalen Währungsfonds in Washington. Eingerahmt von seinen Kollegen aus Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien. Die G5 nennt sich diese Gruppe, und sie tritt vor allem auf, wenn es um die internationale Steuerpolitik geht.

Die Enthüllungen über das gigantische Briefkastensystem in Panama haben diese fünf nun wieder auf den Plan gerufen. Und ihr inoffizieller Anführer ist Schäuble, weshalb er zuerst reden darf.

Der Bundesfinanzminister verkündet auf der internationalen Bühne das, was er daheim in einem Zehn-Punkte-Plan bereits vorgestellt hat. Schäuble fordert, dass Staaten weltweit Register einführen sollen, in denen verzeichnet ist, wer sich hinter einer Briefkastenfirma verbirgt. Und diese Register sollen dann alle miteinander vernetzt werden.

„In Zukunft sollte niemand mehr in der Lage sein, seine Aktivitäten hinter komplexen Strukturen zu verstecken“, sagt der CDU-Politiker. Die übrigen Finanzminister auf dem Podium nicken.

Seit einer Woche haben Schäubles Beamte an dieser Allianz gearbeitet. Nach dem Wirbel um die Panama Papers war dem Finanzminister klar, dass er etwas unternehmen muss – und dass die IWF-Frühjahrstagung dafür ein idealer Rahmen wäre.

Zuerst wandte sich Schäuble an den britischen Finanzminister George Osborne. Dann folgte der Franzose Michel Sapin, schließlich die Kollegen aus Italien und Spanien.


Was die G5 bisher in Gang gesetzt haben

Mit Osborne hatte Schäuble bereits vor vier Jahren in Mexiko den Kampf gegen die Steuertricks internationaler Konzerne ausgerufen und dieses Bündnis im Laufe der Zeit zu einer globalen Initiative ausgebaut.

So lief es auch beim automatischen Austausch von Steuerdaten ab. Auch hierbei ging die Initiative von den G5-Ländern aus. Diese wurde anschließend in die Runde der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) eingebracht. Mittlerweile haben sich fast 100 Staaten zu dem Informationsaustausch bekannt.

Nach diesem Muster will man nun erneut vorgehen beim Kampf gegen Steueroasen. „Ich bin zuversichtlich, dass es viel Unterstützung geben wird“, sagte Schäuble. Die ersten Reaktionen stimmten ihn hoffnungsfroh.

IWF-Chefin Christine Lagarde, Gastgeberin in Washington, gesellte sich ebenfalls zum Treffen der fünf europäischen Finanzminister. „Der IWF unterstützt den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche“, versprach sie. Und auch OECD-Chef Ángel Gurría bot seine Dienste an: „Verlassen Sie sich auf die OECD.“

Das hörten die Finanzminister gerne. Denn geht es nach der G5-Gruppe, soll die Industrieländerorganisation wieder zentrale Aufgaben übernehmen. In einem Brief an ihren chinesischen Kollegen, der derzeit den G20-Sitz innehat, schlägt die G5-Gruppe vor, dass die OECD einen Standard entwickelt, nach dem die Register der Steueroasen ausgestaltet und vernetzt werden können.

Warten wollen Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien so lange allerdings nicht. Sie würden „so schnell wie möglich“ Register einführen und diese untereinander vernetzen, heißt es in ihrem Brief. Wie bereits beim Kampf gegen die Steuervermeidung der Konzerne und beim automatischen Informationsaustausch gehe die G5-Gruppe erneut voran, lobte Osborne sich und seine Kollegen.

OECD-Chef Gurría sieht die jüngste Initiative als ideale Ergänzung: Mit dem Register werde nun offengelegt, wer als wirtschaftlich Begünstigter wirklich hinter einer Briefkastenfirma steht. Mit dem automatischen Informationsaustausch haben die Finanzbehörden dann gleich Zugriff auf die Daten desjenigen und sehen, ob und was er versteuert.


Viel angekündigt - wenig umgesetzt

Trotz allen Jubels gibt es allerdings durchaus skeptische Stimmen, ob es zu dieser Transparenz wirklich kommen wird. Schließlich wurde bisher viel angekündigt – doch noch wenig umgesetzt.

Der automatische Informationsaustausch startet für die ersten Länder ab 2017, andere beginnen erst 2018. Bis wann die Register über die Briefkastenfirmen in größerem Kreise eingeführt und vernetzt werden, ist offen.

Hinzu kommt, dass es selbst bei den G5-Staaten Zweifel gibt, ob es wirklich alle so ernst meinen, wie sie vorgeben. So musste sich der britische Finanzminister die Frage gefallen lassen, ob sich denn auch die Überseegebiete des Königreichs an den Registern beteiligen werden. Die Jungferninseln etwa sind eine beliebte Heimat für Briefkastenfirmen. Sie würden Informationen an Großbritannien liefern, versprach Osborne. Und London könne sie dann innerhalb der G5-Gruppe weitergeben.

Die G5-Finanzminister jedenfalls zeigten sich überzeugt, dass viele Staaten ihnen im Kampf gegen die Steueroasen folgen werden. Einen ersten Erfolg gab es bereits zu verkünden: Die Steueroase Panama, die im Zentrum der Enthüllungen über mehr als 200.000 Briefkastenfirmen steht, hat sich nach den Worten von Gurría inzwischen entschlossen, in Zukunft Steuerdaten mit anderen Ländern auszutauschen.

Vor wenigen Minuten habe er die Nachricht erhalten, dass sich Panama nun doch am automatischen Informationsaustausch beteiligen werde, sagte der OECD-Chef. „Wenn das so ist, ist das ein guter Schritt.“

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