G7-Gipfel auf Sizilien Vier neue Chefs und wenig Gemeinsamkeiten

Beim G7-Gipfel auf Sizilien setzt die deutsche Wirtschaft auf eine gemeinsame Haltung in der Handels- und Klimapolitik. Doch das ist illusorisch. Auch Gastgeber Italien wird bei einem brisanten Thema Abstriche machen.

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Kurz vor der Bundestagswahl will die Kanzlerin Ergebnisse und nicht nur schöne Bilder produzieren. Quelle: dpa

Taormina Die Politik produziert schöne Bilder, aber keine Ergebnisse. Wer einen Beweis für diese Erfahrung von internationalen Gipfelveranstaltungen sucht, muss an diesem Freitag und Samstag in das idyllische Städtchen Taormina auf Sizilien schauen. Die Staat- und Regierungschef de G7 werden nach dem Anschlag in Manchester ein starkes Signal der freien westlichen Welt gegen den Terror des Islamischen Staates aussenden. Das ist nicht gering einzuschätzen. Dann ist es aber mit den Gemeinsamkeiten schon vorbei.

Die deutsche Wirtschaft setzt auf eine gemeinsame Haltung der sieben großen Industrienationen in der Handels- und Klimapolitik. Doch das ist illusorisch. Vor allem der Bruch von US-Präsident Donald Trump mit der Handels- sowie Klimapolitik seines Vorgängers Barack Obama ist auch im Kreis der G7 nicht zu kitten. Sollten die Beschlüsse der Gruppe der Staats- und Regierungschefs nicht hinter die bisherigen Vereinbarungen für den Freihandel in der Welt zurückfallen, wäre das schon ein Erfolg aus Sicht von Delegationsteilnehmern.

Bereits beim Treffen Trumps mit Vertretern der EU-Institutionen am Donnerstag gab es keine greifbaren Annäherungen. In der Klima- und Handelspolitik blieben genauso Fragen offen, wie in der Positionierung zu Russland. Ein Sinneswandel Trumps einen Tag später käme einer kleinen Sensation gleich.

Mit Erleichterung nahm man in Berlin bereits wahr, dass der US-Präsident bislang seine erste große Auslandsreise ohne größeren Skandal absolviert hat. Es reicht für so manchen Gipfelteilnehmer schon aus, wenn sich Trump nicht wie ein Elefant durch den Porzellanladen bewegt. Dennoch wird die deutsche Delegation beobachten, was dran ist an Berichten über abfällige Bemerkungen Trumps gegen Deutschland. „Die Deutschen sind böse, sehr böse“, soll Trump bei seinen Gesprächen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk gesagt haben.

Als Erfolg gilt die Einsicht von Trump, die Nahost-Krise lasse sich eben doch nicht an einem Nachmittag lösen. Trump ist in der Realpolitik angekommen, doch es ist ein mühsamer Lernprozess eines US-Präsidenten aus Sicht deutscher Diplomaten.

Doch nicht nur Trump sorgt für Diskussionen. Vier der sieben Staats- und Regierungschefs im G7-Kreis sind neu. Es könnte also Überraschungen geben, ob der eine oder andere weltpolitische Novize von der Politik seines Vorgängers abrückt. Neben Trump sind erstmals der Gipfel-Ausrichter, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni, der französische Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May dabei. Am längsten im Amt sind die seit 2005 regierende Bundeskanzlerin und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Kanadas Premierminister Justin Trudeau regiert seit 2015.

Merkel kann hier ihre weltpolitische Erfahrung ausspielen. Umso mehr, als sie mit drei gewonnenen Landtagswahlen im Rücken anreist. Nicht jeder gratuliert ihr wie Trump nach der Landtagswahl im Saarland per Telefon persönlich. Aber international wird schon beobachtet, dass Merkel wahrscheinlich ab dem kommenden September ihre vierte Amtszeit antritt und damit eine feste Größe auf der Bühne der Weltpolitik bleibt.

Bereits in sechs Wochen findet der G20-Gipfel in Hamburg statt. Da kommen alle Themen, angefangen von der Klimapolitik bis hin zum Freihandel, wieder auf den Tisch. Für Merkel ist der G7-Gipfel deshalb trotz aller Widrigkeiten wichtig. Die Kanzlerin muss abseits der strittigen Fragen Gemeinsamkeiten ausloten, etwa in der Entwicklungs-, der Gesundheits- und der Frauenpolitik. Kurz vor der Bundestagswahl will die Kanzlerin Ergebnisse und nicht nur schöne Bilder produzieren.

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