G7-Treffen in Japan Abe warnt vor zweiter Lehman-Krise

Auf dem Treffen der führenden westlichen Industrienationen warnt der japanische Premier eindringlich vor einer neuen Wirtschaftskrise. Doch seine Forderung nach höheren Staatsausgaben teilen nicht alle Gipfelteilnehmer.

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Die Staats- und Regierungschefs sind besorgt über die Weltwirtschaft. Quelle: AFP

Ise-Shima Die sieben großen Industrienationen (G7) haben sich auf gemeinsame Anstrengungen zur Ankurbelung der Weltkonjunktur geeinigt. Ungeachtet der Differenzen über Japans Forderung nach größeren staatlichen Ausgabenprogrammen wollen die Staats- und Regierungschefs zum Ende ihres Gipfels am Freitag im japanischen Ise-Shima eine „ökonomische Initiative“ verabschieden.

Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe verglich als Gastgeber die Lage der Weltwirtschaft mit der nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008 und forderte deshalb energische gemeinsame Maßnahmen. Abe plant ein neues Konjunkturpaket, um das Wachstum anzukurbeln. Einige politische Beobachter führten Abes Warnung darauf zurück, dass er eine Begründung suche, um von seiner umstrittenen geplanten Anhebung der Mehrwertsteuer von acht auf zehn Prozent abrücken zu können.

Diese Steuererhöhung ist ebenso umstritten wie seine Analyse der wirtschaftlichen Lage. Es gebe Risiken etwa durch die niedrigen Rohstoffpreise, räumte Merkel ein. Allerdings betonte sie auch, dass "die Welt ein gewisses stabiles Wachstum" habe. Merkel dämpfte zudem Hoffnungen, durch geldpolitische Maßnahmen Wachstum zu schaffen. Die Möglichkeiten seien hier weitgehend ausgeschöpft, sagte sie angesichts der niedrigen Zinsen. Japans Premier Shinzo Abe setzt auf staatliche Ausgabenprogramme, doch will die Kanzlerin sparsam bleiben und lehnt schuldenfinanzierte Stimulusprogramme ab. Merkel betone „immer den Dreiklang aus Strukturreformen, Fiskal- und Geldpolitik mit der Betonung auf Reformen und Innovationsfähigkeit“, verlautete aus informierten Kreisen. Jedes Land müsse seine eigenen Lösungen für mehr Wachstum finden, sagte auch US-Präsident Barack Obama.


Spannungen mit China

Trotz des Aufrufs der Europäischen Union zu mehr internationaler Solidarität bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise rechnet die Kanzlerin nicht damit, dass die anderen G7-Länder sich auf weitere Finanzhilfen und die Aufnahme von zusätzlichen Migranten festlegen. „Ich erwarte jetzt nicht ganz konkrete Zahlen.“ Sie habe aber den Eindruck, dass international das Ausmaß der Krise mittlerweile besser wahrgenommen werde. „Ich glaube, es ist etwas in Gang gekommen.“

Spannungen gibt es mit China. Ungeachtet von Drohungen aus Peking an die G7, sich aus den Territorialstreitigkeiten im Ost- und Südchinesischen Meer herauszuhalten, mischt sich die Gruppe in den Streit ein. „Wir haben eine gemeinsame Haltung, dass wir den Konflikt friedlich lösen wollen“, sagte Merkel. Auch sei man sich einig, dass internationale Institutionen „hier auch legitimiert sind“, sagte Merkel über das Schiedsgericht in Den Haag, das voraussichtlich im Juni über Chinas Ansprüche entscheiden wird. Peking will das Urteil nicht akzeptieren.

„Die G7 sollte sich mit seinen eigenen Problemen beschäftigen anstatt sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Peking. China erhebt fast auf das gesamte Südchinesische Meer Anspruch und streitet mit den Philippinen, Brunei, Malaysia, Vietnam und Taiwan um die fisch- und rohstoffreichen Gewässer. Peking schüttete unter anderem künstliche Inseln auf und legte Landebahnen sowie Militäranlagen an, um seine Ansprüche zu untermauern.

Als erster amtierender US-Präsident wird Obama am Freitag die japanische Stadt Hiroshima besuchen - den Ort des ersten Abwurfs einer Atombombe durch die USA im August 1945. 70 000 Bewohner starben sofort, rund 70 000 bis 80 000 später. Mit seinem historischen Besuch will Obama die weiter bestehende Gefahr durch Atomwaffen hervorheben. „Ich will einmal mehr die sehr realen Bedrohungen unterstreichen und eine erhöhte Aufmerksamkeit bei uns allen dafür schaffen.“

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