Gasstreit mit Russland „Die Ukraine ist praktisch insolvent“

Der Winter rückt näher – und die Ukraine hat den Gasstreit mit ihrem wichtigsten Lieferanten Russland noch nicht gelöst. In Brüssel wird am Mittwoch verhandelt. Noch-EU-Energiekommissar Oettinger soll vermitteln.

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Für Günther Oettinger ist es die letzte Chance, eine Einigung im Gasstreit zu erreichen. Am Samstag wechselt er offiziell ins Digitalressort der EU-Kommission. Quelle: dpa

Brüssel Im Streit um die Zahlung von Schulden und die Gastarife in den Wintermonaten suchen Ukraine und Russland an diesem Mittwoch unter Vermittlung der EU-Kommission in Brüssel eine Lösung. EU-Energiekommissar Günther Oettinger wird dabei zwischen dem ukrainischen Energieminister Juri Prodan und seinem russischen Gegenüber Alexander Nowak vermitteln.

Zu den Chancen auf eine Einigung sagte Oettinger vor dem Treffen im ZDF, er veranschlage die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent, dass die Verhandlungen am Mittwoch in Brüssel zum Abschluss gebracht werden könnten. Die Ukraine hofft auf eine Einigung mit dem wichtigen Gaslieferanten Russland noch vor dem Winter. Moskau beharrt auf der Begleichung ukrainischer Schulden für frühere Lieferungen. Eine Kommissionssprecherin sagte am Dienstag, der Streit solle nun endlich beigelegt werden: „Wir werden unsere Anstrengungen verdoppeln, um eine Einigung zu erzielen.“

Die Regierung in Kiew benötigt 1,5 Milliarden Dollar, um gut über den Winter zu kommen und die Lieferungen wie von Russland verlangt im Voraus begleichen zu können. „Die Ukraine hat schon ein großes Zahlungsproblem, sie ist praktisch insolvent“, sagte Oettinger. Es falle der Regierung in Kiew daher „sehr schwer“, die Milliardenhilfen, die sie vom Internationalen Währungsfonds und der EU bekomme, für Gaseinkäufe zu verwenden. Die Regierung betrachte andere Aufgaben derzeit als wichtiger, etwa Gehälter zu zahlen, Straßen instand zu setzen und Waffen zu kaufen. „Aber wir müssen sie letztendlich dazu bringen, dass sie einen Teil der Hilfsmittel für Gas ausgeben.“ Das sei im Interesse der ukrainischen Gasversorgung ebenso notwendig wie im Hinblick auf die Transitleistungen Richtung Westeuropa.

Für Oettinger dürfte die Gesprächsrunde die letzte Chance auf eine Einigung sein, da er am Samstag offiziell ins Digitalressort der Kommission wechselt. Danach sind der Slowake Maros Sefcovic und der Spanier Miguel Arias Canete für Energiethemen zuständig.

Oettinger wies darauf hin, dass die ukrainischen Gasspeicher mit 17 Milliarden Kubikmetern voller seien als je zuvor. Zudem lägen bereits 3,1 Milliarden Dollar auf einem Sonderkonto für die Ukraine bereit, so dass sich der offene Betrag auf 1,5 Milliarden Dollar belaufe.

Russland und die Ukraine hatten bereits 2006 und 2009 über Gaslieferungen gestritten, wodurch auch in Westeuropa im Winter weniger Gas angekommen war. Die EU bezieht rund ein Drittel ihres Gasbedarfs aus Russland. Etwa die Hälfte davon fließt durch die Ukraine.

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