Gauck zu Besuch in China Appelle an den Anti-Kommunisten

Die Erwartungen an den Bundespräsidenten sind groß. Sein erster Staatsbesuch in China wird von Appellen begleitet, sich für verfolgte Bürgerrechtler und Anwälte einzusetzen: Er dürfe nicht schweigen.

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Was Chinesen über Deutsche denken
WirtschaftsmachtDeutsche sehen in China eine aufstrebende Wirtschaftsmacht – offenbar ist das jedoch auch andersherum der Fall. 60 Prozent der Chinesen assoziieren mit Deutschland ein wirtschaftlich starkes Land. 62 Prozent haben großes Interesse an deutschen Produkten und Marken. Auch politisch steht Deutschland in China gut da, 57 Prozent der Befragten nehmen das internationale politische Engagement Deutschlands als positiv wahr.  Im Gegensatz zu den Befragungsergebnissen hierzulande wird die wirtschaftliche Stärke Deutschlands in China nicht mit Sorge wahrgenommen. Quelle: dpa
Automobilindustrie38 Prozent der Chinesen denken beim Stichwort Deutschland an die Automobilindustrie. 86 Prozent ist Volkswagen als Marke bekannt, 85 Prozent kennen BMW. So kommt es, dass deutsche Exporte nach China vor allem aus den Bereichen des Maschinenbau und der Automobilindustrie kommen, während China vor allem Elektronik und Textilien nach Deutschland exportiert. Quelle: dpa
BierWas für uns die Peking-Ente ist, ist für Chinesen das deutsche Bier. 19 Prozent der Befragten fällt als erstes ein kühles Weizen oder ein dunkles Altbier ein, wenn sie an Deutschland denken. Ob es daran liegt, dass 45 Prozent der Chinesen sich vorstellen könnten, in Deutschland zu leben? Quelle: dpa
Industrie/Technologie19 Prozent der Chinesen assoziieren mit Deutschland eine fortschrittliche Technologie. Innovation und technischer Fortschritt sind Schlüsselbegriffe, die mit Deutschland in Verbindung gebracht werden. 83 Prozent der Chinesen halten deutsche Technologieprodukte für international wettbewerbsfähig, 87 Prozent trauen Deutschland die Herstellung von Hightechprodukten zu. Das chinesische Deutschlandbild ist somit um ein Vielfaches positiver als umgekehrt die Wahrnehmung der Volksrepublik China durch Deutschland. Quelle: dpa
CharaktereigenschaftenSpezielle Charaktereigenschaften wie Höflichkeit oder Pünktlichkeit sind gängige Klischees, die in anderen Ländern über Deutschland existieren – offenbar auch in China. Hier fallen 12 Prozent der Befragten beim Thema Deutschland bestimmte Charaktereigenschaften ein. Vor allem Höflichkeit macht das Rennen. 81 Prozent der Chinesen glauben, dass die in Deutschland die größte Rolle spielt. An zweiter Stelle kommt die Familie, die dritte Charaktereigenschaft, die Chinesen mit Deutschland verbinden, ist der Respekt gegenüber dem Alter. Quelle: AP
Deutsche Produkte11 Prozent der befragten Bevölkerung assoziieren mit Deutschland qualitativ hochwertige deutsche Produkte. Als erstes fällt Chinesen dabei oft die Firma Siemens ein, die das bekannteste deutsche Unternehmen in China ist. Generell glauben Chinesen, dass sich deutsche Investitionen auch auf dem chinesischen Arbeitsmarkt als positiv auswirken könnten. Deutschland gilt daher innerhalb Europas als wichtigster chinesischer Handelspartner. Die Huawei-Studie zeigt auch, dass die Zustimmung zu deutschen Produkten sich nach einem Deutschlandbesuch noch einmal deutlich steigert. Quelle: dpa
Natur und UmweltDeutschland als Naturparadies, so sehen zehn Prozent der Befragten unser Land. 63 Prozent haben daher sehr großes Interesse an Deutschland als Reiseland. Auch auf das Bild der Chinesen von der deutschen Umwelt- und Klimaschutzpolitik wirkt sich das aus. 42 Prozent der Befragten glauben, dass Deutschland in dem Bereich  weltweit zur Spitzengruppe gehört. Umgekehrt glaubt das nur 1 Prozent der Deutschen von China. Quelle: dpa

Menschenrechtler haben Bundespräsident Joachim Gauck aufgerufen, sich bei seinem ersten Staatsbesuch in China auch für verfolgte Bürgerrechtler und Anwälte einzusetzen. „Die internationale Gemeinschaft sollte nicht schweigen“, sagte der bekannte Menschenrechtsanwalt Mo Shaoping der Deutschen Presse-Agentur in Peking. „Schweigen ist Duldung.“ Auch der Anwalt Shang Baojun sagte, er hoffe, dass Gauck die Verfolgung ansprechen werde. „Es ist sehr wichtig für diejenigen, die im Gefängnis sitzen.“ Menschenrechtsgruppen riefen Gauck ferner auf, sich für mehr Glaubensfreiheit in dem Land einzusetzen.

Der fünftägige Besuch in Peking, Shanghai und Xi'an gilt als eine der wichtigsten Auslandsreisen des Bundespräsidenten in seiner bisher vierjährigen Amtszeit. Gauck muss die schwierige Balance schaffen, einerseits die Beziehungen zu China nicht zu gefährden, andererseits aber auch seinen Überzeugungen und seiner Biografie als ehemaliger DDR-Bürgerrechtler und Anti-Kommunist treu zu bleiben.

Gauck, der mit seiner 60-köpfigen Delegation am Sonntag in Peking eintraf, wird von der neuen Menschenrechtsbeauftragten Bärbel Kofler (SPD) begleitet. Er wird am Montag mit Staats- und Parteichef Xi Jinping und Regierungschef Li Keqiang zusammentreffen. Auch sind Gespräche mit Künstlern, Schriftstellern und Vertretern von Religionen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) geplant. Der letzte Besuch eines Bundespräsidenten in China liegt schon sechs Jahre zurück.

Die nächsten 15 Giganten aus China

Neben der Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen wolle Gauck auch über Defizite bei Bürgerrechten und im Umweltschutz sprechen, hieß es aus dem Präsidialamt. Auch das umstrittene NGO-Gesetz, mit dem die Regierung in Peking Tätigkeiten ausländischer Organisation und Stiftungen stärker kontrollieren will, dürfte Thema sein. Ferner dürften internationale Konflikte wie mit Nordkorea und die Ansprüche Chinas auf Inselgruppen im Südchinesischen Meer zur Sprache kommen.

„Wir hoffen, dass Bundespräsident Gauck den chinesischen Führern von seinen Erfahrungen als früherer Bürgerrechtler in der DDR berichten kann - und wie wichtig es für eine Regierung ist, abweichende Meinungen zu hören und freie Meinungsäußerung zu respektieren“, sagte Patrick Poon von Amnesty International.

Die Familie und der Anwalt der freigelassenen Journalistin und Deutsche-Welle-Mitarbeiterin Gao Yu äußerten die Hoffnung, dass sich Gauck auch für die Ausreise der kranken 71-Jährigen zur medizinischen Behandlung nach Deutschland einsetzen kann. „Es ist dringend“, sagte ihr Bruder Gao Wei. „Sie hat kein Einkommen und kann keinen Arzt sehen.“ Gao Yu leidet unter anderem an chronischen Herzproblemen.

Deutsche sehen China als Bedrohung
Wirtschaftsmacht37 Prozent der befragten Deutschen assoziieren mit China vor allem eine starke Wirtschaftsmacht. Faszination und Angst polarisieren hierzulande die Bevölkerung im Bezug auf Chinas ökonomische Stärke. Das Land wird als Schlüsselrolle für die eigene und internationale Entwicklung gesehen und 57 Prozent der Befragten beurteilen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen sogar als wichtiger als die zu den USA. Gleichzeitig geht mit dem Wirtschaftsboom Chinas aber auch die Angst einher, chinesische Unternehmen könnten deutsche Firmen von den internationalen Märkten verdrängen. 59 Prozent der Deutschen empfinden Chinas starke Wirtschaft daher als Bedrohung. Quelle: dpa/dpaweb
BevölkerungswachstumBabyboom und Bevölkerungswachstum, daran denken 20 Prozent der Deutschen, wenn sie das Stichwort China hören. Derzeit leben 1,35 Milliarden Menschen in China, die Bevölkerungsdichte beträgt 143 Einwohner pro Quadratkilometer. Doch die Bevölkerung wird noch weiter wachsen, um 0,6 Prozent pro Jahr. Für 2032 rechnen Statistiken mit 1,467 Milliarden Menschen in China, bei einer gleichbleibenden Fertilitätsrate von 1,7 Kindern pro Frau. Viele Deutsche sehen das auch als Bedrohung an. Quelle: REUTERS
Kommunismus15 Prozent fällt spontan der Kommunismus ein, wenn sie an China denken. Während China im ökonomischen Bereich erfolgreich in den internationalen Handel eingebettet wurde und sich für ausländische Investoren geöffnet hat, ist das Land politisch in den Augen der Deutschen weiterhin ein diktatorisches Ein-Parteien-System unter Führung der Kommunistischen Partei. Die ist mit etwa 78 Millionen Mitglieder nicht nur die größte kommunistische Partei der Welt, sondern auch die mitgliederstärkste Partei allgemein. Deutsche verbinden mit ihr ein vornehmlich negatives Bild. Quelle: REUTERS
Chinesische MauerMan kennt sie aus Reiseprospekten und gefühlt jedes zweite China-Restaurant ist nach ihr benannt. Nicht weiter verwunderlich also, dass 15 Prozent der Befragten mit China die Chinesische Mauer assoziieren. Sie gilt als Weltkulturerbe und erstreckt sich über 21.196 Kilometer. Früher sollte die Mauer vor allem zum Schutz vor Völkern aus dem Norden dienen, heute ist sie eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Chinas und lockt Reisende aus aller Welt an. 36 Prozent der Befragten haben daher sehr großes oder großes Interesse an China als Reiseland. Quelle: dpa
Chinesisches EssenPeking-Ente, Reis süß-sauer - und das alles mit Stäbchen: 14 Prozent der befragten Deutschen denken beim Stichwort China an chinesisches Essen. Was Viele aber nicht wissen: Chinesisches Essen ist nicht gleich chinesisches Essen. Die meisten der 23 Provinzen Chinas haben ihre eigene Regionalküche. Zu den populärsten gehört die würzige Küche aus Sichuan, die gerne Sojasauce, Ingwer und Frühlingszwiebeln verwendet, die scharfe Xiang-Küche aus Hunan und die kantonesische Yue-Küche, die vor allem durch die Verwendung ungewöhnlicher Zutaten wie Hundefleisch bekannt geworden ist. Übrigens: Die Peking-Ente ist das berühmteste Gericht der chinesischen Küche. Quelle: REUTERS
MenschenrechtsmissachtungEbenfalls 14 Prozent fallen zu China Menschenrechtsverletzungen ein. Auf die Frage, wo sie das Land gegenwärtig und in 15 Jahren beim Schutz der Menschenrechte sehen, ordneten 60 Prozent der Befragten die Volksrepublik in die Schlussgruppe ein, nur 1 Prozent sieht China als Spitzengruppe in Bezug auf Menschenrechte. Auch das Bild Chinas als ein Rechtsstaat stößt auf wenig Zustimmung bei den Deutschen. 49 Prozent stimmten der Aussagen gar nicht zur, nur 1 Prozent sieht China als Rechtsstaat an. 80 Prozent der befragten Bevölkerung geht außerdem davon aus, dass in China kaum oder keine Debatten über politische Themen geführt werden. Quelle: dpa
Diebstahl von Ideen12 Prozent denken, China spioniere deutsche Unternehmen aus und verkaufe die Ideen aus dem Westen als eigene. Nachgebaute Ware aus China, oft zum Spottpreis, macht deutschen Unternehmen das Leben schwer. Auch das Markenimage chinesischer Produkte ist bei den befragten Deutschen schlecht. So assoziieren viele Konsumenten in Deutschland chinesische Produkte mit einfache, technisch wenig anspruchsvolle Billigware. Quelle: dpa

Die renommierte Journalistin war 2014 festgenommen und im April 2015 wegen angeblichen Verrats von Staatsgeheimnissen zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Nach deutschem und internationalem Druck wurde ihr im November Haftverschonung gewährt. Doch darf sie nicht nach Deutschland ausreisen, obwohl sie Reisepass und Visum hat.

Menschenrechtsgruppen kritisierten eine Verfolgungswelle seit vergangenen Sommer. Mehr als 300 Anwälte, Mitarbeiter von Kanzleien, Menschenrechtsaktivisten und Familienmitglieder seien verhört, festgenommen, unter Hausarrest gehalten, an der Ausreise gehindert worden oder verschwunden, berichtete die Hongkonger Interessengruppe für Menschenrechtsanwälte (CHRLCG). Rund 30 würden noch festgehalten. Davon seien 19 formell in Haft, so dass ihnen Anklage drohe.

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