Gefängnisse als Geldanlage Das lukrative Renditemodell Knast

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Justizwesen kostet 55 Milliarden Dollar im Jahr

Bedanken können sie sich bei Ronald Reagan: Der republikanische Präsident, der das Land in den Achtzigerjahren mit eiserner Faust regierte, erklärte erst den Drogenkriminellen den Krieg und erließ dann strengere Gesetze, sodass praktisch jeder kleine Kiffer ins Gefängnis wandern konnte. Später kam hinzu, dass klamme Kommunen für Ordnungswidrigkeiten wie Temposünden immer höhere Strafen verhängen durften. Wer das Knöllchen nicht bezahlen kann, wandert fortan in die Zelle. Andere wurden wegen kleinen Bewährungsverstößen zu Stammgästen.

Juana Perez flüchtete aus Guatemala in die USA. 35.000 Dollar verdiente ein Gefängnis an ihr. Quelle: Jason Myers für WirtschaftsWoche

So wuchs und wuchs über die Jahre die Kundschaft für die private Gefängnisindustrie. Außerdem setzten die Betreiber Millionenbeträge für Lobbying ein, damit Gesetze streng und Privatisierungen im Trend bleiben.

Für Amerikas Steuerzahler bedeutet dies vor allem eines: Es wird teuer. Allein auf föderaler Ebene kostet das aufgeblähte Justizwesen 55 Milliarden Dollar – eine Summe im Umfang des bayrischen Landeshaushalts. Wie hoch die Kosten für US-Bundesstaaten und Kommunen ausfallen – das weiß niemand genau, sagt Karen Dolan vom Institute for Policy Studies in Washington: „Im Gefängnis verlieren die meisten ihren Job. Oft werden sie erst wirklich kriminell, wenn sie wieder in Freiheit sind und keine ökonomischen Perspektiven mehr haben.“ Unterdessen steht der Beweis noch aus, dass die Privaten effizienter wirtschaften als staatliche Betreiber. „Es gibt keine überzeugende Studie, die das belegt“, sagt Paul Ashton vom Justice Policy Institute in Washington. Wenn CCA die Kosten pro Häftling auf täglich 76 Dollar taxiere, gelte das nur für gesunde Häftlinge.

Knast ist Knast – auf den ersten Blick unterscheiden sich private und staatliche Einrichtungen nicht. Viel Beton, drumherum eine Mauer mit Stacheldraht, vergitterte Fenster, im Innern ein Hof mit Basketballfeld. Einer, der den Unterschied nur zu gut kennt, ist Alex Friedmann aus Nashville. Der Mittvierziger saß 20 Jahre lang für bewaffneten Raub ein. Zu Recht, wie er sagt. Aber in privaten Anstalten, die zu Unrecht Profit mit Menschen machen.

Friedmanns Bild folgend, ist der Häftling für CCA wie ein Stück Fleisch: „McDonald’s brät keine Burger, damit die Leute satt werden, sondern damit sie Geld verdienen“, sagt er. CCA schließe keine Häftlinge weg, damit sie zu besseren Menschen werden, sondern damit sie Geld verdienen. Das Justizsystem funktioniere mit Privatgefängnissen nicht, denn es fehle an einem Anreizsystem, die Zahl der Insassen gering zu halten. Zuallererst sparen die Privaten am Personal, sagt Friedmann. „Es gibt in ihren Anstalten mehr Prügeleien und Aufstände als in staatlichen“, so der Insider.

Die Betreiber zahlen den Mindestlohn und leisten sich so wenige Wärter wie möglich. Üblich sei Gefängnisarbeit zu Ein-Dollar-Stundenlöhnen, Häftlinge pumpen Basketbälle für Handelsketten auf oder drucken Nummernschilder für den Staat.

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