Gefeuerter FBI-Direktor Wie Comey Trump gefährlich werden könnte

James Comey wird reden – und Washington wartet auf ein politisches Beben. Die Spannung vor der Aussage des von Donald Trump fallengelassenen FBI-Chefs könnte kaum größer sein. Für den Präsidenten steht viel auf dem Spiel.

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Der von US-Präsident Donald Trump entlassene FBI-Direktor James Comey muss vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen. Er könnte die amerikanische Regierung mit seinen Ausführungen möglicherweise in Bedrängnis bringen. Quelle: AP

Fast wie vor einem Wahltag blickt das politische Washington gebannt auf den Donnerstag: Der von Donald Trump entlassene FBI-Chef James Comey muss vor dem Geheimdienstausschuss des Senats Rede und Antwort stehen. Wird Comey auspacken und damit dem Präsidenten schaden? Steht eine Überraschung bevor? Oder gibt die Aussage der Russland-Affäre eine völlig neue Richtung? Alles ist möglich, vieles ist offen. Die wichtigsten Fragen zu der Anhörung:

Hat Comeys Aussage das Potenzial, Trump zu Fall zu bringen?
Das ist die wohl spannendste Frage. Fest steht: Egal was Comey auch auspacken mag - um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten, braucht es eine einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus. Und das wird von den Republikanern dominiert. Somit müssten Dutzende von Trumps Parteifreunden gegen ihn stimmen. Das ist nur dann zu erwarten, wenn die von Comey aufgetischten Vorwürfe so gravierend und auch unumstößlich wären, dass selbst Parteifreunde nicht daran vorbei könnten. Allerdings: Die Mehrheit im Abgeordnetenhaus könnte nach der Wahl 2018 kippen. Dann könnten die Demokraten Trump ins Impeachment zerren. Ein Impeachment-Verfahren selbst kann dann Jahre dauern.

Was werden die Senatoren fragen?
Die Demokraten unter den Mitgliedern des Geheimdienstausschusses werden dem ehemaligen FBI-Chef vor allem eine Frage stellen: „Hat Trump versucht, Einfluss auf die Russland-Ermittlungen des FBI zu nehmen?“ Presseberichte, die auf der Grundlage einer Gesprächsnotiz Comeys entstanden waren, unterstellen genau das. Würde Comey den Vorwurf untermauern, wäre Trump in der Klemme. Die Republikaner im Ausschuss, die Trump vorher noch einmal zum Essen eingeladen haben soll, wollen unter anderem wissen, wie Einzelheiten aus den Ermittlungen an die Medien gelangten. Die illegalen Leaks wurmen Trump enorm.

Falls es nicht für ein Impeachment-Verfahren reicht, kann Comey Trump anderweitig schaden?
Ja. Die Russland-Affäre hat inzwischen Wurzeln geschlagen in Washington und auch erste Opfer gekostet. Comey könnte durchaus Dinge wissen - und publik machen - die für Stützpfeiler aus Trumps engstem Umfeld brenzlig werden könnten, etwa Schwiegersohn Jared Kushner. Beispielsweise gibt es Hinweise auf Verbindungen Kushners zur Alfa-Group, einem von russischen Oligarchen geführten Konzern mit großer Nähe zum Kreml. Grundsätzlich hat Comeys Aussage das Potenzial, die ohnehin große Zahl offener Fragen in der Affäre zu erhöhen - und das Thema damit noch länger und prominenter in den Schlagzeilen zu halten - Trump kann das nicht wollen.

Worum geht es bei der Russland-Ermittlung?
Das FBI untersucht mögliche Verbindungen zwischen Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam und Vertretern der russischen Regierung vor dem Amtsantritt. US-Amerikanern, die nicht offiziell ein Amt bekleiden, ist der Kontakt mit ausländischen Offiziellen nicht ohne weiteres erlaubt. US-Geheimdienste beschuldigen den Kreml, sich mit Cyberangriffen in den Wahlkampf eingemischt zu haben, um Hillary Clinton zu schaden und Trump zu helfen.

Hacker hatten E-Mails der Demokraten gestohlen, die die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte. Die entscheidende Frage ist, ob die Kontakte von Trump-Mitarbeitern nach Russland so weit reichten, dass sie vorab von den Angriffen auf die Demokraten wussten oder sie sogar orchestriert haben. Beweise gibt es dafür aber bislang nicht. Das Justizministerium hat in dem Fall einen Sonderermittler eingesetzt, den ehemaligen FBI-Chef und Comey-Vorgänger Robert Mueller.

Wer steht im Fokus der Affäre?

Mehrere Männer, die während des Wahlkampfes in unterschiedlichem Maße als Berater für Trump wirkten. Michael Flynn, Carter Page und Roger Stone. Immer wieder genannt wird auch Paul Manafort, der einstige Wahlkampfchef des Republikaners. Auch für die Treffen von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak und einem russischen Banker interessieren die Ermittler sich nach Medienberichten.

Flynn wurde wegen seiner Kontakte zu Kisljak vom FBI befragt. Er stürzte über ein Telefonat mit dem Botschafter, weil er zum Inhalt log. Im Fall von Page hegte die Behörde nach Angaben der „Washington Post“ im vergangenen Sommer die Befürchtung, er sei ein russischer Agent. Die Ermittler beantragten deshalb seine Überwachung.

Stone prahlte im Wahlkampf damit, mit Wikileaks in Kontakt zu stehen. Vor kurzem erklärte er, er habe sich im August mit dem Hacker „Guccifer 2.0.“ Nachrichten geschrieben - hinter dem US-Geheimdienste russische Dienste sehen.

Warum wurde Comey von Trump überhaupt entlassen?
Das ist nicht ganz klar. Der Präsident und das Weiße Haus haben mehrere, sich zum Teil widersprechende Gründe genannt. In ersten Erklärungen wurde dem FBI-Chef vor allem Fehlverhalten in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton angelastet. Trump und viele Republikaner regt noch heute auf, dass Comey damals empfohlen hatte, Clinton nicht anzuklagen. Damit habe er seine Kompetenzen überschritten. Trump sagte auch, er sei bei der Entlassung dem Rat von Justizminister Jeff Sessions und dessen Vize Rod Rosenstein gefolgt. Dann erklärte er, er habe Comey seit längerem feuern wollen. Später sagte er in einem Interview, er habe bei dem Rauswurf auch „diese Russland-Sache“ im Kopf gehabt. Die Opposition ist sich fast sicher: Comey sei Trump als FBI-Chef zu gefährlich geworden, deswegen habe er gehen müssen.

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