Gentiloni in Berlin Italien droht der Patt

Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni betont bei Kanzlerin Merkel, wie stabil sein Land ist. Doch die Wahl könnte zu einer neuen Blockade führen.

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Rom „Es besteht nicht die Gefahr, dass es in Italien eine populistische oder antieuropäische Regierung geben wird.“ Das war die Botschaft des italienischen Premiers Paolo Gentiloni an Bundeskanzlerin Angela Merkel bei seinem Besuch in Berlin.

Ein Treffen, das ursprünglich schon vor einer Woche stattfinden sollte. Doch da ging es in Berlin um die Einigung auf die GroKo und die Kanzlerin hatte keine Zeit für den Gast aus dem Süden.

Gentiloni hatte die letzten Umfragen im Gepäck. Denn ab heute dürfen vor den Parlamentswahlen am 4. März keine mehr veröffentlicht werden. Sie sagen übereinstimmend einen Patt voraus: Keiner der drei Blöcke, die antreten, wird demnach eine Mehrheit erzielen, die zum Regieren reicht – weder Mitte-links, noch Mitte-rechts mit Berlusconi und auch nicht die im Moment in Führung liegende Fünf-Sterne-Bewegung. Dazu kommt, dass mit rund 35 Prozent die Zahl der Unentschlossenen noch immer sehr hoch ist und viele politikmüde Italiener überlegen, gar nicht zur Wahl zu gehen.

„Italien wird eine stabile Regierung haben“, sagte Gentiloni der Kanzlerin. Nicht die Umfragen, sondern die Wähler würden am 4. März entscheiden. „Meiner Meinung nach ist die einzige tragende Säule einer möglichen stabilen pro-europäischen Koalition das Mitte-links-Bündnis“, erklärte er. Seit dem Rücktritt von Matteo Renzi im Dezember 2016 ist Gentiloni Premier und bleibt im Amt, bis es eine neue Regierung gibt – vielleicht noch Monate, wie nicht wenige in Italien und auch in Europa hoffen. 

Die Parallelen zwischen Rom und Berlin sind gar nicht so gering: Regieren ist nur im Bündnis möglich. „Für Italien ist das Koalitionsabkommen in Deutschland gut und richtig“, sagte Gentiloni in Berlin. „Es hilft dem europäischen Projekt und ich glaube, dass die Entscheidung der SPD-Spitze, es zu unterschreiben, in eine wichtige Richtung für Europa und Italien geht.“

Beide Länder hätten eine gemeinsame Vision, die sehr wichtig sei für die Zukunft der EU. Beim Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor kurzem in Rom war er allerdings enthusiastischer gewesen.

Die Wirtschaftsbeziehungen von Deutschland und Italien sind traditionell eng. Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, ist nach Deutschland das zweitgrößte EU-Land beim produzierenden Gewerbe, die Verbindungen vor allem der Lombardei und des Veneto nach Deutschland sind stark.

Doch es sind die Makro-Wirtschaftsdaten, die Europas Norden bei Italien immer wieder Sorgen machen. Ein schwaches Wachstum, eine hohe Staatsverschuldung, die lähmende Bürokratie und ein langsames Justizsystem sind die Schwachstellen, die Reformen sind ins Stocken geraten.

Immerhin, Gentiloni konnte auch gute Daten nach Berlin bringen: Nach Angaben des Statistikamtes Istat ist die Industrieproduktion im Dezember deutlich gestiegen, die Arbeitslosenquote gesunken und das Bruttoinlandsprodukt erstmals seit Jahren deutlich gestiegen. 2017 habe es ein Plus von 30 Prozent bei den privaten Investitionen gegeben und eine Steigerung beim Export von sieben Prozent im Vergleich zu 2016, sagte Vincenzo Boccia, der Präsident des italienischen Industrieverbands Confindustria, dem Handelsblatt.

Gentiloni, der zur Regierungspartei Partito Democratico gehört und selbst in Rom kandidiert, hat in puncto Beliebtheit Matteo Renzi längst den Rang abgelaufen. Die Industrieführer, auf die Reputation ihres Landes bedacht, würden sich wünschen, wenn er auch der nächste Premier würde. Doch eine schnelle Regierungsbildung zeichnet sich nicht ab.

Mit der Bundeskanzlerin sprach der italienische Premier in Berlin auch über die Flüchtlingspolitik der EU. Die Zusammenarbeit mit Rom sei eng, sagte Merkel nach dem Treffen. Beide Staaten seien in der Frage des europäischen Asylsystems „komplett auf einer Linie“. Dazu gehört die Verteilung der Flüchtlinge, für die die EU einem Schlüssel beschlossen hat, gegen den sich die Ostländer Polen, Ungarn und die Slowakei jedoch wehren. „Hier muss sich Solidarität manifestieren“, sagte Gentiloni, bevor er in den römischen Wahlkampf zurückkehrte.

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