Gerichtsverfahren zu TTIP EU-weite Bürgerinitiative bleibt ungewiss

Bei mindestens einer Million Unterschriften können TTIP-Gegner die EU-Kommission zum Handeln zwingen. Doch Brüssel stoppt eine EU-weite Bürgerinitiative. Zurecht? Ein Gerichtsentscheid lässt auf sich warten.

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Eine offiziell registrierte EU-Bürgerinitiative mit mindestens einer Million Unterschriften aus wenigstens 7 der 28 EU-Länder kann die Kommission auffordern, einen Rechtsakt vorzuschlagen. Quelle: dpa

Luxemburg Die Zulassung einer EU-weiten Bürgerinitiative gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) bleibt nach dem Aufeinandertreffen von Gegnern und Befürwortern vor dem EU-Gericht am Dienstag in Luxemburg weiter ungewiss.

Die Richter werden voraussichtlich erst in einigen Monaten entscheiden, ob sie einer Klage der TTIP-Gegner gegen die EU-Kommission stattgeben. Die Kommission hatte 2014 der Bürgerinitiative „Stop TTIP“ die offizielle Registrierung verweigert.

Die etwa 90-minütige mündliche Verhandlung vor dem EU-Gericht drehte sich vor allem um die Frage, ob eine Bürgerinitiative, die die laufenden Verhandlungen mit den USA stoppen will, überhaupt zulässig sei.

„Es geht um die Entscheidung, wie weit die Europäische Bürgerinitiative reicht. Ob es zutrifft, dass Bürger ihr politisches Votum abgeben dürfen oder ob es weite Bereiche gibt, in denen sie nichts zu melden haben“, sagte der Vertreter der Kläger, der Völkerrechtler Bernhard Kempen von der Universität Köln.

Der Anwalt der EU-Kommission, Hannes Krämer, warnte hingegen vor der Zulassung „destruktiver Bürgerinitiativen“. Ziel der 2011 beschlossenen Einführung der Europäischen Bürgerinitiative sei es gewesen, „den Anstoß zu einem Anstoß“ zu ermöglichen. Sobald – wie bei TTIP – der „Rechtsetzungsprozess“ einmal begonnen habe, liege er „in den Händen der politischen Organe“ und könne nicht durch eine Bürgerinitiative gestoppt werden.


„Kein geeigneter Vorschlag“

Eine offiziell registrierte EU-Bürgerinitiative mit mindestens einer Million Unterschriften aus wenigstens 7 der 28 EU-Länder kann die Kommission auffordern, einen Rechtsakt vorzuschlagen. Die Kommission muss dieser Aufforderung aber nicht nachkommen.

Die Kommission argumentierte unter anderem, die Bürgerinitiative müsse laut EU-Recht die Kommission auffordern „geeignete Vorschläge zu unterbreiten“, um die EU-Verträge umzusetzen. Tatsächlich wolle „Stop TTIP“ aber, dass die Kommission das Handelsabkommen mit Kanada (Ceta) nicht abschließe und sie den Ministerrat auffordere, ihr das Verhandlungsmandat für TTIP zu entziehen.

Die Aufforderung, etwas nicht zu tun, sei kein „geeigneter Vorschlag“. Zudem habe das Verhandlungsmandat des Rates für die Kommission nur einen „vorbereitenden Charakter“. Es betreffe lediglich die beiden Institutionen und könne daher nicht Gegenstand einer Bürgerinitiative sein könne.

Kempen widersprach heftig: „Sie entscheiden darüber, ob das Europa der Bürgerinnen und Bürger nur ein leeres Versprechen ist oder ob es die politische und rechtliche Realität der Europäischen Union ist.“ Es sei überhaupt nicht einzusehen, „warum die Bürger nicht in einem schon begonnenen Prozess intervenieren sollten“.

Die USA und die EU verhandeln seit Juni 2013 über das Investitions- und Handelsabkommen. Dessen Gegner waren vor allem vor einer Absenkung europäischer Standards.

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