Gespräch mit Donald Trump Jr. Wer ist die russische Anwältin?

Donald Trump Jr. gerät zunehmend ins Visier der Ermittlungen wegen eines Treffens mit der russischen Anwältin Natalia Veselnitskaja. Was sie zu dem Treffen motivierte.

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Donald Trump Jr. gerät zunehmend ins Visier der Ermittlungen wegen eines Treffens mit der russischen Anwältin Natalia Veselnitskaja. Quelle: AP

Es ist der 9. Juni 2016 und die Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump wird immer wahrscheinlicher als sich eine russische Anwältin namens Natalia Veselnitskaja (auf Englisch/Russisch Veselnitskaya geschrieben) mit dem ältesten Sohn des republikanischen Kandidaten im New Yorker Trump Tower trifft. Den aktuellen Berichten zufolge versprach sich Donald Trump Jr. von diesem Treffen „hilfreiche“ Informationen aus russischer Hand über die gefährlichste demokratische Gegnerin Hillary Clinton.

Hätte Donald Trump Jr. sich vorher mit der Anwältin Natalia Veselnitskaja auseinandergesetzt, mit der er an diesem 9. Juni im Trump-Tower zusammentraf, wäre es ihm möglicherweise schon klar gewesen, dass Veselnitskaya möglicherweise eher eigene Interessen verfolgt, als ernsthaft „hilfreiche“ Informationen liefern zu können. Und Trump Jr. hätte sicher auch auf die öffentliche Kritik verzichten können, denn statt der Informationen ging sie rasch zum Thema der amerikanisch-russischen Adoptionen über: eine Herzensangelegenheit für Veselnitskaja.

Aber der Reihe nach: Wie aus einem New Yorker Gerichtsdokument von 2015 hervorgeht, das der WirtschaftsWoche Online vorliegt, wurde Natalia Veselnitskaja 1998 in Russland als Anwältin zugelassen, nachdem sie ihr Studium an der Moskauer Staatlichen Juristischen Universität abgeschlossen hatte. Zunächst arbeitete sie für die Moskauer Staatsanwaltschaft bis sie 2003 in die Privatwirtschaft wechselte und ihre eigene Firma gründete – Kamerton Consulting.

Laut Veselnitskajas Angaben vor dem New Yorker Gericht vor zwei Jahren ist diese auf Unternehmens- und Eigentumsstreitigkeiten spezialisiert. „Zu meinen Kunden gehören große staatseigene und private Konzerne, sowie Kunden aus dem Immobilien- und Bankensektor“, wird Veselnitskaja im Gerichtsbericht zitiert. Nach Informationen von „New York Times“ und „Washington Post“ zählen zu Veselnitskajas Klienten Einzelpersonen und Unternehmen mit Verbindungen zum Kreml.

In den USA ist Veselnitskajas Name in den vergangenen Jahren besonders im Zusammenhang mit einem Gerichtsprozess um den russischen Geschäftsmann Denis Katsyv und seiner Firma Prevezon Holdings aufgetaucht. Katsyv wird unter anderem Geldwäsche vorgeworfen. Das Verfahren, in dem er von Veselnitskaja verteidigt wird, dauert noch an.

Die Brisanz liegt hier im Detail: Der Vater von Katsyv war Transportminister in Moskau und ist heute Vizepräsident der staatlichen Eisenbahn. Sein Name ist eng verbunden mit dem Fall „Magnitski“. Als Wirtschaftsprüfer hatte Sergei Magnitski einen gewaltigen Steuerbetrug ranghoher Beamter rund um Kreml-Chef Putin aufgedeckt.

Das ist Donald Trump Jr.

Infolgedessen landete Magnitski – der westlichen Meinung nach aus fadenscheinigen Gründen – in einem russischen Gefängnis und starb dort. Nach seinem Tod wurde er posthum wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Der Fall führte zu größeren diplomatischen Verwerfungen zwischen Russland und den USA und ist bis heute die Grundlage vieler US-amerikanischer Sanktionen gegen Russland.

Von der Moskauer Staatsanwaltschaft zur Adoptionsbefürworterin

Eine Reaktion der US-Regierung unter Barack Obama war 2012 das Magnitsky Act. Das Gesetz verbietet US-Amerikanern mit bestimmten russischen Oligarchen Geschäfte zu machen. Unter anderem als Reaktion darauf verabschiedete Russlands Regierung wiederum ein Gesetz, das Adoptionen russischer Kinder durch US-amerikanische Paare verbietet.

Und hier schließt sich der Kreis. Denn für die Aufhebung dieses Gesetzes setzt sich Anwältin Veselnitskaja wohl schon seit Jahren ein. Sie gilt als Gründerin der NGO „HRAGI“ (Human Rights Accountability Global Initativ Foundation) mit Sitz in Washington D.C., die sich für die Wiederbelebung des russisch-amerikanischen Adoptionsprogramms einsetzt. „HRAGI ist bestrebt, das russische Adoptionsverbot aufzuheben“, heißt es auf der Website der Stiftung, auf der sich ansonsten allerdings keinerlei Informationen zu Gründungsmitgliedern, Unterstützern oder Projekten findet.

Es scheint logisch zu sein, dass Veselnitskaja das Treffen mit dem Sohn des womöglich nächsten Präsidenten im Juni 2016 dazu nutzte, um ihre Lobbyarbeit für russisch- amerikanische Adoptionen voranzubringen.

Ob sie tatsächlich Verbindungen zum Kreml hat, die ihr Zugang zu empfindlichen Informationen über Hillary Clinton ermöglicht hätten, lässt sich nicht klar sagen.

Gute Beziehungen zum Kreml sind zunächst nicht mehr als Mutmaßungen, die bislang vor allem aus ihrer Arbeit als Anwältin für Kreml-nahe Unternehmen, wie es „New York Times“ und „Washington Post“ bezeichnen, geschlussfolgert werden.

Klar ist nur – glaubt man den Beteiligten dieses Gesprächs: Es scheint wohl keinen Austausch brisanter russischer Informationen gegeben zu haben. Trump Jr. verneinte dies mehrfach. Und gegenüber der „New York Times“ machte auch Veselnitskaja deutlich, es sei nicht über die Kampagne gesprochen worden. Zudem habe sie „nie in Absprache mit der russischen Regierung gearbeitet“ und keine entsprechenden Themen mit Trump Jr. diskutiert.

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