Fast 46 Millionen Menschen werden unter Verletzung ihrer Menschenrechte von kriminellen Unternehmern zur Arbeit gezwungen, viele von ihnen schon als Kinder, manche werden als Sexobjekte verkauft. Für die australische Menschenrechtsorganisation Walk Free Foundation sind dies „moderne Sklaven“. Deren Zahl ist nach dem aktuellen „Global Slavery Index“ der Foundation stark gestiegen. 2014 seien es noch 35,8 Millionen Menschen gewesen.
Der Index listet 167 Staaten nach ihrer Anfälligkeit für Sklaverei auf. Demnach leben zum Beispiel in Deutschland rund 14.500 Menschen in „moderner Sklaverei“. Zum Vergleich: Im Sudan sind es laut Index 454.700 Menschen.
Insgesamt leben nach dem Index in Indien die meisten modernen Sklaven, nämlich geschätzte 18,4 Millionen. Pro Kopf der Gesamtbevölkerung sei der Anteil in Nordkorea am höchsten, wo jeder 20. Einwohner dem Index zufolge betroffen sei.
Die im Index genannten Zahlen sind Schätzungen, die auf 42.000 Interviews mit Betroffenen in 25 Ländern beruhen. Für die Mehrheit der 167 untersuchten Länder beruhen die Zahlen also allein auf Hochrechnungen auf Basis ähnlicher Länder und einer Untersuchung der staatlichen Aktivitäten gegen Sklaverei. Dass die Ergebnisse nicht sonderlich belastbar sind, geben die Autoren selbst zu: „Die Zahl der Menschen in moderner Sklaverei zu messen ist ein schwieriges Unterfangen aufgrund der versteckten Natur dieses Verbrechens und des geringen Grades der Opfer-identifikation“, sagt die Walk Free Foundation selbst über ihre Methoden. Zu Deutsch: Die „modernen Sklaven“ wissen selbst meist nicht, dass sie solche sind.
Sklaverei ist bekanntlich in allen Staaten der Welt abgeschafft. Kein Mensch ist mehr das Eigentum eines anderen Menschen – zumindest vor keinem Gesetz. Doch das Gesetz ist nicht in allen Staaten der Maßstab der sozialen und ökonomischen Wirklichkeit und die Grenzen zwischen Sklaverei und „sklavereiähnlichen“ Erscheinungen wie etwa Zwangsarbeit von Häftlingen sind fließend. Wenn die Walk Free Foundation von Sklaverei spricht, so ist damit Freiheitsberaubung und Nötigung von Menschen als Verstoß gegen die geltenden Gesetze gemeint.
Entsprechend fragwürdig ist daher generell die Verwendung des schockierenden Begriffs „Sklaverei“. Und noch fragwürdiger die Gleichsetzung „moderner Sklaven“ in Deutschland mit solchen im Sudan oder Usbekistan.
Die in westlichen Demokratien lebenden „modernen Sklaven“ sind in der Mehrheit illegale Migranten. Einwanderer seien besonders verwundbar für ökonomische Abhängigkeiten, heißt es bei der Walk Free Foundation.