Global Slavery Index Fast 46 Millionen Menschen werden wie Sklaven zur Arbeit gezwungen

Nach einer aktuellen Untersuchung sind sklavenähnliche Schicksale auch in westlichen Ländern möglich. Besonders verbreitet sind sie in afrikanischen und zentralasiatischen Ländern – und in der größten Demokratie der Welt: in Indien.

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Mehr als 45 Millionen Menschen leben weltweit in

Fast 46 Millionen Menschen werden unter Verletzung ihrer Menschenrechte von kriminellen Unternehmern zur Arbeit gezwungen, viele von ihnen schon als Kinder, manche werden als Sexobjekte verkauft. Für die australische Menschenrechtsorganisation Walk Free Foundation sind dies „moderne Sklaven“. Deren Zahl ist nach dem aktuellen „Global Slavery Index“ der Foundation stark gestiegen. 2014 seien es noch 35,8 Millionen Menschen gewesen.

Der Index listet 167 Staaten nach ihrer Anfälligkeit für Sklaverei auf. Demnach leben zum Beispiel in Deutschland rund 14.500 Menschen in „moderner Sklaverei“. Zum Vergleich: Im Sudan sind es laut Index 454.700 Menschen.

Insgesamt leben nach dem Index in Indien die meisten modernen Sklaven, nämlich geschätzte 18,4 Millionen. Pro Kopf der Gesamtbevölkerung sei der Anteil in Nordkorea am höchsten, wo jeder 20. Einwohner dem Index zufolge betroffen sei.

In diesen Ländern ist das Elend am größten
BruneiSchlusslicht des Rankings und somit das Land mit den besten Werten ist Brunei. Das asiatische Sultanat bekommt 4,94 Punkte auf der Elends-Skala. Es profitiert vor allem von enormen Erdgasfeldern und Erdölvorkommen, die dem Staat eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen von Südostasien verschafft. Der von Ökonomie-Professor Steve H. Hanke von der Johns-Hopkins-Universität in Washington erstellte Index ist die Summe von Inflationsrate, Arbeitslosenquote, Stagnation der Wirtschaft in den untersuchten Staaten. Je höher der Elendsindex eines Landes ist, umso schlechter ist die gesamtwirtschaftliche Lage.
SchweizMit nur 5,39 Punkten auf der Elendsindex-Skala landet die Schweiz auf dem vorletzten Platz im Ranking und gehört damit zu den am wenigsten elenden Ländern der Welt. Die Schweiz zählt zu den wohlhabendsten Ländern der Welt und in Europa zu den acht wirtschaftsstärksten Ländern. Quelle: dpa
ChinaUm 7,4 Prozent ist Chinas Wirtschaft 2014 gewachsen - der schwächste Wert seit 24 Jahren. Trotzdem erhält China nur 5.69 Elendspunkte – ein gutes Ergebnis. Trotzdem hat Chinas Wirtschaft  eine ganze Reihe von Problemen: das Platzen der Immobilienblase, die Pleite der überschuldeten Provinz- , Kreis- und Stadtregierungen, den Zusammenbruch des Schattenbankenwesens. Quelle: dpa
TaiwanUnter den besten fünf Ländern landete 2014 überraschend Taiwan, mit 5,91 Punkten auf der Elendsindex-Skala. Taiwan hat eine hoch entwickelte, stark exportabhängige Marktwirtschaft. Mit 23 Mio. Einwohnern und einem BIP von 474 Mrd. US-Dollar zählt es zu den 30 größten Volkswirtschaften und den 15 wichtigsten Handelsnationen der Welt. Quelle: dpa/dpaweb
DeutschlandDeutschland landet im Elendsranking mit 7.62 Punkten auf Platz 99 von 108. Das Bruttoinlandsprodukt betrug hier 2014 2.903 Milliarden Euro. Ende 2014 stagnierte die deutsche Wirtschaft und die Wirtschaftsweisen senkten den Daumen. Nur noch 1,0 Prozent Wachstum erwarten sie für 2015. Quelle: dpa
SpanienMit 34,32 Punkten ist Spanien das elendste europäische Land im Ranking. Das Land ist ein beliebtes Urlaubs-Ziel ist, leidet aber weiterhin vor allem unter dem Arbeitslosigkeitsproblem. Generell hat sich der Indexwert vor allem in den Euro-Krisenstaaten in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Quelle: dpa
UkraineAuch in der Ukraine belasten die Unruhen die Wirtschaft – das Land landete damit 2014 erstmals unter den fünf elendsten Ländern der Welt (51,80 Punkte). 2014 schrumpfte die ukrainische Wirtschaft nach Angaben der Zentralbank um 7,5 Prozent. "So ein schwieriges Jahr hat unser Land mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt", sagte Notenbankchefin Walerija Gontarewa. Quelle: dpa

Die im Index genannten Zahlen sind Schätzungen, die auf 42.000 Interviews mit Betroffenen in 25 Ländern beruhen. Für die Mehrheit der 167 untersuchten Länder beruhen die Zahlen also allein auf Hochrechnungen auf Basis ähnlicher Länder und einer Untersuchung der staatlichen Aktivitäten gegen Sklaverei. Dass die Ergebnisse nicht sonderlich belastbar sind, geben die Autoren selbst zu: „Die Zahl der Menschen in moderner Sklaverei zu messen ist ein schwieriges Unterfangen aufgrund der versteckten Natur dieses Verbrechens und des geringen Grades der Opfer-identifikation“, sagt die Walk Free Foundation selbst über ihre Methoden. Zu Deutsch: Die „modernen Sklaven“ wissen selbst meist nicht, dass sie solche sind.

Sklaverei ist bekanntlich in allen Staaten der Welt abgeschafft. Kein Mensch ist mehr das Eigentum eines anderen Menschen – zumindest vor keinem Gesetz. Doch das Gesetz ist nicht in allen Staaten der Maßstab der sozialen und ökonomischen Wirklichkeit und die Grenzen zwischen Sklaverei und „sklavereiähnlichen“ Erscheinungen wie etwa Zwangsarbeit von Häftlingen sind fließend. Wenn die Walk Free Foundation von Sklaverei spricht, so ist damit Freiheitsberaubung und Nötigung von Menschen als Verstoß gegen die geltenden Gesetze gemeint.

Entsprechend fragwürdig ist daher generell die Verwendung des schockierenden Begriffs „Sklaverei“. Und noch fragwürdiger die Gleichsetzung „moderner Sklaven“ in Deutschland mit solchen im Sudan oder Usbekistan.

Die in westlichen Demokratien lebenden „modernen Sklaven“ sind in der Mehrheit illegale Migranten. Einwanderer seien besonders verwundbar für ökonomische Abhängigkeiten, heißt es bei der Walk Free Foundation.

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