„Wenn Goldman Sachs unsere Regierung übernimmt, übernehmen wir Goldman Sachs.“ Unter diesem Motto gibt es seit Wochen Proteste vor dem New Yorker Firmensitz der führenden US-Investmentbank. Nachdem es ein paar Dutzend Demonstranten gelungen war, die Lobby des Gebäudes einzunehmen, wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Mit Absperrgittern hält die Polizei am Dienstag die Aktivisten auf Abstand.
So muss die kleine Demo diesmal bei Regen und Kälte vor der Tür bleiben. Dem Engagement tut das jedoch keinen Abbruch. „Hey hey, ho ho - Government Sachs has got to go“, skandiert die Gruppe ausdauernd. Kurz vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump und dessen aus gleich mehreren Ex-Bankern von Goldman Sachs bestehender Regierung hat sich das aus verschiedenen gemeinnützigen Organisationen zusammengewürfelte Bündnis hinter der Aktion etwas ganz Besonderes einfallen lassen.
Als Sumpfmonster verkleidet nehmen die Demonstranten heute Trumps Wahlkampf-Slogan „drain the swamp“ (legt den Sumpf trocken) auf die Schippe. Sie haben nicht vergessen, dass es der Immobilien-Mogul selbst gewesen war, der mit dieser Aufforderung versprochen hatte, das Interessengeflecht zwischen Finanzelite und Regierung auszumisten. Goldman Sachs hatte Trump dabei besonders ins Visier genommen und in seiner Wahlwerbung als Symbol des „korrupten Systems“ stilisiert.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Diese Zeiten scheinen inzwischen lange vorbei. Vom Trockenlegen eines Sumpfes ist bei Trump keine Rede mehr. Im Gegenteil setzte er bei der Auswahl seiner Regierung voll auf Wall-Street-Insider und Superreiche, die sich in ihren bisherigen Karrieren mitunter dadurch auszeichneten, die Interessen ihrer Firmen über das Gemeinwohl zu stellen. Dabei taucht ein Name immer wieder auf, den Trump selbst einst als Inbegriff der dubiosen Strippenzieherei charakterisiert hatte: Goldman Sachs.
Goldman Sachs profitiert stark vom Börsen-Boom
Gleich vier ehemalige Banker des wegen seines traditionell engen Drahts in die Politik „Government Sachs“ genannten Investmenthauses hat Trump mit wichtigen Posten ausgestattet. Umstritten ist vor allem Steven Mnuchin, der als Finanzminister nominiert ist. Dem Ex-Goldman-Partner - Spitzname „Mr. Zwangsversteigerung“ - werfen Kritiker vor, nach der Finanzkrise als Chef der Immobilienbank OneWest (zuvor IndyMac) Zehntausende Eigenheimer rücksichtslos und am Rande der Legalität aus ihren Häusern geworfen zu haben.
Auch Stephen Bannon, der unter Trump Chefstratege im Weißen Haus werden soll und ebenfalls früher bei Goldman Sachs angestellt war, ist äußerst umstritten. Hier geht es aber eher um seine Rolle beim rechten Nachrichtenportal „Breitbart“ und seine propagandistischen Dokumentarfilme als um seine vorherige Banker-Karriere - Bannon hat der Wall Street schon lange den Rücken gekehrt.
Das lässt sich von Gary Cohn, der Trumps oberster Wirtschaftsberater werden soll, nicht sagen. Cohn war bislang hinter dem mächtigen Bankchef Lloyd Blankfein die Nummer zwei bei Goldman Sachs und verkörpert die Finanzelite wie kaum ein zweiter - jetzt will er direkt in die Regierung wechseln. Komplettiert wird die Bande der Ex-Goldmänner in Trumps Stab vom Wall-Street-Guru Anthony Scaramucci, einem schillernden Hedgefonds-Manager, der ebenfalls Berater im Weißen Haus werden soll.
Donald Trump und seine „große, schöne Mauer“
Trump will auf dem gesamten Verlauf der 3200 Kilometer langen Grenze eine massive Mauer errichten. „Es wird kein Zaun, sondern eine Mauer“, bekräftigte er bei der Pressekonferenz am Mittwoch in New York. Sie soll bis zu 15 Meter hoch sein und aus Stahl und Beton errichtet werden. Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wären dafür 9,7 Millionen Kubikmeter Beton und 2,3 Millionen Tonnen Stahl nötig.
Experten rechnen mit Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe. Die bisherigen Grenzanlagen auf rund einem Drittel des Grenzverlaufs haben damals 2,5 Milliarden Dollar gekostet. Dabei handelt es sich überwiegend um Zäune an leichter zugänglichen Stellen. Das MIT rechnet mit Kosten von bis zu 40 Milliarden US-Dollar.
Zahlen muss zumindest zunächst einmal der US-Steuerzahler. Die Republikaner-Mehrheit im US-Kongress hat vermutlich die Möglichkeit, den Bau auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 2006 zu genehmigen und auch die Finanzierung freizugeben, ohne dass die Demokraten dies blockieren können. Trump hat allerdings immer wieder versprochen, er werde Mexiko dazu zwingen, für die Mauer zu bezahlen.
Bei der Pressekonferenz in New York sagte Trump, es gebe verschiedene Möglichkeiten, wie Mexiko die USA für die Baukosten entschädigen könnte. „Es könnte eine Steuer oder eine Zahlung sein.“ Denkbar wäre, dass die US-Regierung die Überweisungen von in den Vereinigten Staaten arbeitenden Mexikanern an ihre Familien in Mexiko mit hohen Abgaben belegt. Rund 25 Milliarden Dollar fließen pro Jahr über die sogenannten Remesas nach Mexiko - mehr als die Erdöleinnahmen.
Die mexikanische Regierung will nicht für die Kosten der Mauer aufkommen. „Natürlich wird Mexiko nicht für die Mauer zahlen“, sagte Präsident Enrique Peña Nieto nach Trumps Pressekonferenz. Auch Finanzminister José Antonio Meade betonte bereits: „Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass sie nicht im Budget steht.“
Zumindest in einigen Abschnitten lauern juristische Fallstricke. Teile des Grenzgebiets stehen unter Naturschutz, andere sind in Privatbesitz. Ein 75 Meilen langer Abschnitt zwischen dem US-Bundesstaat Arizona und Mexiko wird von dem Indianerstamm Tohono O'odham verwaltet. Nur der Kongress könnte das Gebiet aus dem Trust herauslösen - das gilt als so gut wie unmöglich.
Auf rund 1000 Kilometern wird die Grenze bereits mit einem Grenzzaun geschützt. Zudem gibt es Kameras, Drohnen und Tausende Grenzschutzbeamte, die an der Grenze patrouillieren. Hinzu kommen natürliche Barrieren wie große Wüstengebiete, der Rio Grande oder der Nationalpark Big Bend in Texas.
Sie soll die illegale Einwanderung in die USA verhindern. „Mexiko schickt uns nicht seine Besten. Es sind Drogenhändler und Vergewaltiger“, sagte Trump im Wahlkampf. Tatsächlich ist die Netto-Einwanderung aus Mexiko in die USA wegen der sinkenden Geburtenquote, besserer Chancen in Mexiko und der schleppenden US-Wirtschaft bereits seit 2012 negativ.
Experten bezweifeln das. „Eine stärkere Grenzsicherung erhöht die Kosten eines illegalen Grenzübertritts, was dazu führt, dass die Menschen länger in den USA bleiben müssen, um die Reise profitabel zu machen“, sagt der Soziologe Douglas Massey von der Universität Princeton. Während Saisonarbeiter früher nur für die Ernte in die USA kamen und danach wieder nach Mexiko zurückkehrten, bleiben sie heute meist in den Vereinigten Staaten, weil sie befürchten müssen, es in der nächsten Saison nicht wieder in die USA zu schaffen.
Verflechtungen zwischen Goldman Sachs und der Politik ist man zwar gewohnt. Auch die früheren US-Finanzminister Robert Rubin und Hank Paulson sowie etliche andere Top-Entscheider von EZB-Chef Mario Draghi bis zu Deutsche-Bank-Chefaufseher Paul Achleitner waren schon in Diensten der Investmentfirma. Dennoch lässt die starke Präsenz bei Trump aufhorchen - auch an den Finanzmärkten. So zählte die Bank mit einem Aktienkurs-Anstieg um rund 30 Prozent im ersten Monat nach der Wahl bereits zu den größten Gewinnern.
Zum Jahresende profitierte die Investmentbank bereits stark vom Börsen-Boom, den Trump mit seinem Versprechen ausgelöst hatte, die Spielregeln an den Finanzmärkten zu lockern und das Wachstum mit einem großen Konjunkturpaket anzutreiben. Dank florierender Geschäfte mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen steigerte Goldman Sachs Gewinn und Erlöse im vierten Quartal kräftig. Unter dem Strich verdiente die Bank in den drei Monaten 2,2 Milliarden Dollar (2,1 Mrd Euro). Die Erträge kletterten um gut zwölf Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar.
Bei der Investmentbank sieht man an den Ex-Angestellten indes nichts Verwerfliches. „Während ihrer fast 150-jährigen Geschichte hat Goldman Sachs ihre Mitarbeiter immer dazu ermutigt, sich gesellschaftlich zu engagieren, während und auch nach ihrer Zeit bei der Firma“, sagt ein Sprecher. Das Unternehmen sei stolz darauf, dass so viele Ex-Goldman-Banker nach ihrer Karriere ihrem jeweiligen Land und ihrer Gesellschaft gedient haben. Zu den Protesten wollte sich der Sprecher nicht äußern.