Vielen Amerikanern war Donald Trump vor seiner Präsidentschaft vor allem als TV-Star bekannt. Bei der Reality-Show „The Apprentice“ suchte er Management-Talente, zudem machte sich der New Yorker Baulöwe als Ausrichter diverser Schönheitswettbewerbe wie der Wahl zur „Miss Universe“ einen Namen. Als Politiker gilt Trumps Leidenschaft zwar anderen Themen, besonders am Herzen liegt ihm der Bau einer „großartigen Mauer“ zum Nachbarland Mexiko. Doch Firmen, die sich beteiligen wollen, müssen ebenfalls eine Art Schönheitswettbewerb durchlaufen.
Denn Trump hat bei seinem Traum von der Mauer gewisse Ansprüche. „Hübsch“ soll sie sein, doch zugleich „stark“. Menschen dürfen sie nicht überwinden können. An diesem Dienstag soll die Frist für Unternehmen enden, um Vorschläge einzureichen. Die Regierung macht beim umstrittenen Bauwerk zur Abwehr illegaler Einwanderer klare Vorgaben. Auf der US-Seite soll es - trotz massiver Beschaffenheit, die Attacken etwa durch Presslufthammer oder Spitzhacke für mindestens eine Stunde standhält - „ästhetisch ansprechend“ sein. Farbgebung und Textur müssen zur Landschaft passen.
Die Ausschreibung hat Casting-Charakter: Die ausgewählten Bewerber bekommen zunächst bis zu zweieinhalb Stunden Zeit, die Jury in einer mündlichen Präsentation zu überzeugen. Nach Verkündung der Gewinner - Ende Mai - geht es in der nächsten Runde ans Eingemachte: Die Prototypen werden als Mauerabschnitte zur Begutachtung vorgeführt. Gewünscht ist eine „imposante Höhe“ zwischen fünfeinhalb und gut neun Metern. Unterirdischen Tunneln soll aber auch vorgebeugt werden. Ausgeschrieben ist der Auftrag als „solide Betonmauer“, doch andere Materialien dürfen teilweise ebenfalls zum Einsatz kommen.
Donald Trump und seine „große, schöne Mauer“
Trump will auf dem gesamten Verlauf der 3200 Kilometer langen Grenze eine massive Mauer errichten. „Es wird kein Zaun, sondern eine Mauer“, bekräftigte er bei der Pressekonferenz am Mittwoch in New York. Sie soll bis zu 15 Meter hoch sein und aus Stahl und Beton errichtet werden. Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wären dafür 9,7 Millionen Kubikmeter Beton und 2,3 Millionen Tonnen Stahl nötig.
Experten rechnen mit Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe. Die bisherigen Grenzanlagen auf rund einem Drittel des Grenzverlaufs haben damals 2,5 Milliarden Dollar gekostet. Dabei handelt es sich überwiegend um Zäune an leichter zugänglichen Stellen. Das MIT rechnet mit Kosten von bis zu 40 Milliarden US-Dollar.
Zahlen muss zumindest zunächst einmal der US-Steuerzahler. Die Republikaner-Mehrheit im US-Kongress hat vermutlich die Möglichkeit, den Bau auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 2006 zu genehmigen und auch die Finanzierung freizugeben, ohne dass die Demokraten dies blockieren können. Trump hat allerdings immer wieder versprochen, er werde Mexiko dazu zwingen, für die Mauer zu bezahlen.
Bei der Pressekonferenz in New York sagte Trump, es gebe verschiedene Möglichkeiten, wie Mexiko die USA für die Baukosten entschädigen könnte. „Es könnte eine Steuer oder eine Zahlung sein.“ Denkbar wäre, dass die US-Regierung die Überweisungen von in den Vereinigten Staaten arbeitenden Mexikanern an ihre Familien in Mexiko mit hohen Abgaben belegt. Rund 25 Milliarden Dollar fließen pro Jahr über die sogenannten Remesas nach Mexiko - mehr als die Erdöleinnahmen.
Die mexikanische Regierung will nicht für die Kosten der Mauer aufkommen. „Natürlich wird Mexiko nicht für die Mauer zahlen“, sagte Präsident Enrique Peña Nieto nach Trumps Pressekonferenz. Auch Finanzminister José Antonio Meade betonte bereits: „Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass sie nicht im Budget steht.“
Zumindest in einigen Abschnitten lauern juristische Fallstricke. Teile des Grenzgebiets stehen unter Naturschutz, andere sind in Privatbesitz. Ein 75 Meilen langer Abschnitt zwischen dem US-Bundesstaat Arizona und Mexiko wird von dem Indianerstamm Tohono O'odham verwaltet. Nur der Kongress könnte das Gebiet aus dem Trust herauslösen - das gilt als so gut wie unmöglich.
Auf rund 1000 Kilometern wird die Grenze bereits mit einem Grenzzaun geschützt. Zudem gibt es Kameras, Drohnen und Tausende Grenzschutzbeamte, die an der Grenze patrouillieren. Hinzu kommen natürliche Barrieren wie große Wüstengebiete, der Rio Grande oder der Nationalpark Big Bend in Texas.
Sie soll die illegale Einwanderung in die USA verhindern. „Mexiko schickt uns nicht seine Besten. Es sind Drogenhändler und Vergewaltiger“, sagte Trump im Wahlkampf. Tatsächlich ist die Netto-Einwanderung aus Mexiko in die USA wegen der sinkenden Geburtenquote, besserer Chancen in Mexiko und der schleppenden US-Wirtschaft bereits seit 2012 negativ.
Experten bezweifeln das. „Eine stärkere Grenzsicherung erhöht die Kosten eines illegalen Grenzübertritts, was dazu führt, dass die Menschen länger in den USA bleiben müssen, um die Reise profitabel zu machen“, sagt der Soziologe Douglas Massey von der Universität Princeton. Während Saisonarbeiter früher nur für die Ernte in die USA kamen und danach wieder nach Mexiko zurückkehrten, bleiben sie heute meist in den Vereinigten Staaten, weil sie befürchten müssen, es in der nächsten Saison nicht wieder in die USA zu schaffen.
Der Schutzwall zur Grenzsicherung soll sich auf einer Strecke von gut 1900 Kilometern erstrecken, an der bislang keine befestigten Hindernisse stehen. Es handelt sich auch mit Blick auf die Kosten um ein Mammutvorhaben. Das Heimatschutzministerium kalkuliert vorläufig mit rund 21 Milliarden US-Dollar (knapp 20 Mrd Euro), Trump geht von etwa der Hälfte aus. „Ich baue die Mauer sehr günstig“, so sein Versprechen. Doch auch wenn die Vorbereitungen bereits laufen, stehen hinter dem Projekt zahlreiche Fragezeichen. Ob und in welchem Ausmaß es jemals vom US-Kongress bewilligt wird, ist unklar.
So geht es bei der Ausschreibung zunächst auch nur um erste Vorschläge für Designs und Konzepte. Trump hat indes wiederholt klargemacht, dass er die „große und schöne“ Mauer wirklich hochziehen will. Das Milliarden-Projekt war von Beginn an ein zentrales Versprechen seiner Kampagne, „Build that Wall!“ (Baut die Mauer) wurde rasch zum Schlachtruf der Anhänger Trumps. Dieser hatte bereits bei der Ankündigung seiner Präsidentschaftskandidatur erklärt: „Ich werde eine großartige Mauer an unserer südlichen Grenze bauen und Mexiko dafür bezahlen lassen. Merkt euch meine Worte.“
Abgesehen davon, dass die Regierung des Nachbarlands oft genug betont hat, für diese Mauer kein Geld lockerzumachen, sind Sinn und Umsetzbarkeit des Vorhabens auch sonst höchst umstritten. Weite Teile des Grenzabschnitts befinden sich in Privatbesitz, in anderen Bereichen würde die bergige und von Canyons durchzogene Landschaft das Unterfangen erschweren oder von vornherein überflüssig machen. Ob sich etwa der Drogenschmuggel wirklich durch Trumps Plan eindämmen ließe, wird von Experten bezweifelt. Zudem ist mit Klagen von Gegnern des Projekts und heftigen Protesten von Aktivisten zu rechnen.
Obwohl mehr als 700 Firmen Interesse bekunden, bleibt abzuwarten, wie viele sich letztlich wirklich engagieren wollen. Der Auftrag ist heikel, große Namen der Branche halten sich zurück. Wie kontrovers die Sache ist, zeigt sich daran, dass sogar der mit Trump befreundete Immobilienentwickler Jorge Perez aus Florida dem US-Magazin „Bloomberg Businessweek“ sagte, der Plan sei „idiotisch“ und käme für ihn nicht in Frage. Auch der deutsche Baukonzern Hochtief stellte klar, mit seinen US-Töchtern von einer Bewerbung abzusehen.
Dass der Mauerbau eine Herkulesaufgabe ist, zeigt sich jetzt schon. Der Auftakt der Ausschreibung verlief chaotisch, mehrmals mussten die Vorgaben verändert und Deadlines verlängert werden. Das Verfahren sei „einzigartig kompliziert und verwirrend“, twitterte der auf die Vergabe von Regierungsaufträgen spezialisierte Professor Steven Schooner von der George Washington University. Trumps Motto „Amerika zuerst“ gilt übrigens nicht - auch internationale Firmen und Großaufträge für Baumaterial aus dem Ausland sind zugelassen.