Griechenland Tsipras' Reformliste hat Brüssel erreicht

Die EU-Kommission hat die Reformpläne der griechischen Regierung erhalten. Offenbar ist man in Brüssel damit ganz zufrieden – am Nachmittag wird über die Verlängerung des Hilfsprogramms entschieden.

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Die Reformpläne der griechischen Regierung stoßen in Brüssel offenbar auf Zustimmung. Quelle: Reuters

Brüssel Mit Verspätung endlich eingetroffen: Die griechische Regierung hat die von Deutschland und den anderen Geldgebern geforderte Reformliste gegen Mitternacht eingereicht. Das teilte die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel mit. Noch am Nachmittag soll nach bisherigem Zeitplan bei einer Telefonkonferenz der Euro-Gruppen-Finanzminister darüber entschieden werden, ob das Hilfsprogramm für das hoch verschuldete Land verlängert wird.

Nach Angaben eines Insiders hält die EU-Kommission die Liste zunächst für ausreichend. „Nach Auffassung der Kommission ist die Liste umfassend genug, um ein guter Ausgangspunkt für einen erfolgreichen Abschluss der Überprüfung zu sein“, sagt der Insider am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir sind vor allem ermutigt durch das starke Engagement zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption.“

Die Gruppe der Euro-Finanzminister hatte sich am Freitag geeinigt, ihr laufendes Hilfsprogramm für Griechenland um vier Monate zu verlängern. Voraussetzung ist aber die Zustimmung zu den Athener Reformplänen. Diese sollten ursprünglich schon am Montag nach Brüssel gesendet werden. Sie wurde stattdessen erst am Dienstagmorgen übermittelt.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein radikales Linksbündnis Syriza hatten sich bis zuletzt geweigert, harte Sparauflagen der Geldgeber zu akzeptieren. EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans ermahnte die Regierung dazu, Reformzusagen einzuhalten. „Viel Spielraum gibt es nicht. Die Reformen müssen gemacht werden. Wir haben wenige Alternativen“, sagte der Niederländer am Dienstag im „Morgenmagazin“ der ARD. Zugleich warnte er vor zu hohen Erwartungen: „Wir müssen vorsichtig sein. Wir haben in den letzten Wochen gesehen, wie schwierig das war, mit den Griechen zu verhandeln“, betonte er.

Die Tsipras-Regierung hatte die Vereinbarung mit der EU von vergangener Woche als Erfolg gefeiert. Sie unterstrich unter anderem, dass man über Reformvorhaben selbst entscheiden dürfe und die Haushaltsziele habe abschwächen können. Zum den Reformplänen gehöre das Schließen von Steuerschlupflöchern, Bürokratieabbau und der Kampf gegen Armut, hieß es aus Athener Regierungskreisen. In Brüssel erklärte ein Syriza-Vertreter zudem, Priorität hätten die Begleichung überfälliger Schulden, der Schutz griechischer Bürgern mit Hypothekenrückständen und ein Stopp von Zwangsvollstreckungen von Hauptwohnsitzen.


Innenpolitische Herausforderung für Tsipras

Experten betonen jedoch, dass Athen beim Schuldenpoker in mehreren Punkten nachgegeben hat. Wichtigster Punkt dabei ist, dass das letzte Wort über die Reformen nach wie vor bei den drei Institutionen liegt, die bisher als Troika bekannt waren.

Griechenland steht letztlich mit dem Rücken an der Wand. Sollte das frische Geld der Kreditgeber nicht fließen, könnte das Land schon in wenigen Tagen zahlungsunfähig werden. In letzter Konsequenz droht das Ausscheiden aus dem Euro. Auch für die Geldgeber ist das Risiko hoch. Seit 2010 haben sie Athen bereits mit 240 Milliarden Euro Rettungskrediten geholfen, die bei einem Staatsbankrott wohl zum Großteil verloren wären.

Tsipras hatte vor seiner Wahl versprochen, die harten Bedingungen für die Hilfskredite zu lockern, weil Griechenland ihretwegen verarme. Prominente Mitglieder seiner Partei Syriza drängen ihn, die Versprechen einzuhalten. Umweltminister Panagiotis Lafazanis ging Deutschland scharf an, weil Berlin auf Sparmaßnahmen in Griechenland beharrt. „Wenn die Deutschen es auf einen Bruch ankommen lassen, könnten sie katastrophale Konsequenzen für sich selbst verursachen“, sagte er.

„Die kurzfristig größte Herausforderung könnte es für Tsipras sein, seine zersplitterte Koalition zusammenzuhalten“, sagte Analyst Holger Schmiding von der Berenberg Bank.

Griechenlands Vizeaußenminister Nikos Chountis versicherte, die Regierung habe ihr Hauptziel nicht aufgegeben: die Schuldenlast des Landes durch einen Schuldenschnitt zu erleichtern. Die Verhandlungen darüber stünden nach der Verlängerung des Rettungsprogramms an.

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