Griechenlands Euro-Austritt Schäuble spricht von möglichem Grexit

Lässt Griechenland sich helfen? Oder sucht die Regierung in Athen nur nach Sündenböcken für die Misere im eigenen Land? Diese Fragen stellt Finanzminister Schäuble. Einen ungeplanten Grexit hält er längst für möglich.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (l) ist nicht besonders gut auf und den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis zu sprechen. Quelle: dpa

Wien Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erhöht den Druck auf Griechenland. In einem Interview mit dem Sender ORF ließ er anklingen, dass er hält einen ungeplanten, unfallartigen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone für möglich hält. Darin stimme er mit seinem österreichischen Amtskollegen Hans Jörg Schelling überein, sagte Schäuble. „Da ja die Verantwortung, die Möglichkeit, zu entscheiden was passiert, nur bei Griechenland liegt, und da wir nicht so genau wissen, was die Verantwortlichen in Griechenland tun, können wir es nicht ausschließen.“

Die griechische Regierung kämpft in Gesprächen mit Fachleuten der EZB, der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF) um deren Zustimmung zu ihren jüngsten Reformplänen. Davon hängt ab, wie schnell die Finanzminister der Euro-Länder ausstehende Hilfsgelder aus dem Rettungsprogramm freigeben. Die Regierung in Athen steht unter Druck, weil sie ihre Schulden weiter bedienen muss. Heute reist Ministerpräsident Alexis Tsipras zum nächsten Krisengespräch nach Brüssel.

Schäuble sagte, Griechenland können nur dann weitere Gelder erhalten, wenn sich der Mittelmeerstaat an die Vereinbarungen mit seinen Gläubigern halte. „Europa bleibt bereit, Griechenland zu helfen, aber Griechenland muss sich helfen lassen. Das Problem ist nicht dadurch zu lösen, dass man andere zu Sündenböcken macht.“

Die griechische Regierung hatte sich zuvor formell beim Auswärtigen Amt in Berlin über angeblich beleidigende Äußerungen von Schäuble über seinen Amtskollegen Yannis Varoufakis beschwert. Dieser warf der Europäischen Zentralbank (EZB) zudem eine Politik vor, die Griechenland „die Luft zum Atmen nimmt“.

Der Ton zwischen Deutschland und Griechenland im Schuldenstreit ist rauer geworden. Via „Bild“ warf Unionsfraktionschef Volker Kauder den Verantwortlichen in Griechenland „halbstarke Sprüche“ vor, von denen sich Deutschland nicht beeinflussen lasse. Auf irgendeine Form der Vorzugsbehandlung durch seine Euro-Partner könne Griechenland im Streit um die Auszahlung von Hilfsgeldern nicht hoffen. „Griechenland bekommt keine Extrawurst“, sagte der Unionspolitiker. Das Land sollte sich darauf konzentrieren, sein Programm zur Erfüllung des zweiten Hilfspakets vorzulegen. Über ein drittes Hilfspaket zu sprechen, sei jetzt nicht die Zeit.

Die griechische Regierung hatte sich kürzlich über angeblich beleidigende Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über seinen griechischen Kollegen Yanis Varoufakis offiziell im Auswärtigen Amt in Berlin beschwert. Schäuble wies das als „Unsinn“ zurück. Zudem hatte Varoufakis in einem TV-Interview erzählt: „Herr Schäuble hat mit gesagt, dass ich das Vertrauen der deutschen Regierung verloren habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich es niemals genossen habe.“

Eine Mehrheit der Deutschen sieht die Beziehungen zwischen den Regierungen in Athen und Berlin wegen des Streits über die Hellas-Hilfsprogramme belastet. 54 Prozent der Befragten stufen das Verhältnis als weniger gut ein, wie aus dem am Freitag veröffentlichten ARD-Deutschlandtrend für das Morgenmagazin hervorgeht. Als schlecht beschreiben es 30 Prozent, als gut sehen es nur elf Prozent. Die Beziehungen zwischen den Bevölkerungen halten dagegen 45 Prozent für sehr gut oder gut und 46 Prozent als weniger gut oder schlecht.

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