Großbritannien Nordirische Parteien bleiben skeptisch

Drei der großen Parteien Nordirlands bleiben nach dem Deal der DUP mit der britischen Premierministerin May skeptisch. Der Vorwurf: Sie breche das Karfreitagsabkommen. Der nordirische Friedensprozess steht auf dem Spiel.

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Die Vorsitzende der nordirischen, katholischen Sinn-Fein-Partei, Michelle O'Neill (l-r), der Präsident der Sinn-Fein-Partei, Gerry Adams, die stellvertretende Vorsitzende der Sinn-Fein-Partei, Mary Lou McDonald und die Parlamentsabgeordnete der Sinn-Fein-Partei, Elisha McCallion. Nach den Gesprächen mit Premierministerin May sehen drei der großen nordirischen Parteien den geplanten Deal der britischen Premierministerin über eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der DUP weiter skeptisch. Quelle: dpa

London Nach Gesprächen mit Theresa May sehen drei der großen nordirischen Parteien den geplanten Deal der britischen Premierministerin über eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der DUP weiter skeptisch. Er habe May „sehr direkt“ erklärt, dass sie „das Karfreitagsabkommen bricht“, sagte der Chef der katholischen Sinn-Fein-Partei, Gerry Adams, am späten Donnerstagnachmittag.

Das Abkommen von 1998 hatte nach Jahrzehnten der Gewalt in Nordirland den Weg für eine Einheitsregierung zwischen Katholiken und Protestanten geebnet. Nach dem Verlust ihrer Parlamentsmehrheit bei der Wahl am 8. Juni will May nun mithilfe der zehn Abgeordneten der protestantischen DUP eine Minderheitsregierung führen. Damit wäre die britische Regierung aus der Sicht ihrer Kritiker als Garant des Karfreitagsabkommens nicht mehr neutral. Der Deal dürfe der DUP keine Macht über die konservativen Tories geben. „Er darf den Friedensprozess in Nordirland nicht infizieren und zerstören“, sagte der Chef der sozialdemokratischen SDLP, Colum Eastwood.

Auch nach Meinung der Vorsitzenden der liberalen Alliance Party, Naomi Long, ist die Neutralität der konservativen Regierung durch ihr geplantes Bündnis mit den rechten Unionisten kompromittiert. Zusammen mit der katholischen Sinn Fein und der SDLP hatte die Alliance Party zuvor einen Rückzug des Nordirland-Ministers James Brokenshire von den Koalitionsverhandlungen in Belfast gefordert.

Der Chef der Ulster Unionist Party (UUP), die wie die DUP die Einheit des Vereinigten Königreichs erhalten will, bezeichnete die Debatte um Brokenshire dagegen als „Ablenkungsmanöver“. Die Parteien in Nordirland hätten nur noch zwei Wochen Zeit, um eine funktionierende Regierung für die Region auf die Beine zu stellen, sagte Robin Swann. Die Regierungskoalition in Belfast, in der sich Katholiken und Protestanten die Macht teilen, war im Januar auseinandergebrochen.

Die Gespräche zur Bildung einer britischen Regierung werden nach Angaben von Premierministerin Theresa May fortgesetzt. Allerdings sei es am Mittwoch wichtiger gewesen, sich dem Hochhausbrand in London zu widmen, sagte die Regierungschefin am Abend. „Wir führen weiter Gespräche, aber wie Sie sich vorstellen können, lag der Fokus heute auf dieser schrecklichen Tragödie in London.“

May will sich die Unterstützung der nordirischen DUP sichern, um nach der Schlappe ihrer Konservativen bei der Parlamentswahl zumindest eine Minderheitsregierung zu formen. Die BBC hatte berichtet, dass sich die Bekanntgabe eines Regierungsbündnisses wegen des Brands verzögern könnte. Der Sender Sky News meldete, DUP-Chefin Arlene Foster sei nach Belfast abgereist. Andere hochrangige Parteivertreter würden aber weiter Gespräche führen. Eine verzögerte Regierungsbildung könnte sich laut dem BBC-Bericht auch auf die Brexit-Verhandlungen mit der EU auswirken, die eigentlich in der kommenden Woche beginnen sollen.

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