Härtere Gesetze Türkei verschärft Kontrolle des Internets

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr verschärft die Türkei die Kontrolle von Internetnutzern. Behörden dürfen nun auch ohne Gerichtsbeschluss Seiten sperren lassen und Daten über das Surfverhalten der Nutzer sammeln.

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Internetanbieter müssen Anweisungen der Telekommunikationsbehörde zur Sperrung von Webseiten künftig innerhalb von vier Stunden umsetzen. Quelle: dpa

Ankara Die Türkei verschärft nochmals die Kontrolle von Internetnutzern. Die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB darf künftig Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss sperren lassen, wenn sie die „nationale Sicherheit“ oder die „öffentliche Ordnung“ gefährdet sieht.

Außerdem kann sie Daten über das Surfverhalten von Internetnutzern uneingeschränkt sammeln. Einer entsprechenden Gesetzesänderung stimmte das türkische Parlament in der Nacht zu Mittwoch zu, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Es ist bereits die zweite Verschärfung in diesem Jahr.

Internetanbieter müssen die Anweisung zur Sperrung von Webseiten innerhalb von vier Stunden umsetzen. Erst nach 24 Stunden müsse die Telekommunikationsbehörde die Entscheidung einem Gericht vorlegen, um die Sperrung bestätigen zu lassen.

Die Türkei-Expertin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Emma Sinclair-Webb, verurteilte den Beschluss. „Die türkische Regierung spricht ständig vom Schutz der Privatsphäre und von Sicherheit, dabei ist dieses Gesetz eine Eingriff in die Privatsphäre aller Internetnutzer“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

Die Regierung hatte das Internetgesetz zuletzt im Februar verschärft. Seitdem müssen Internetanbieter bestimmte Nutzerdaten zwei Jahre lang aufbewahren und sie bei Bedarf von Fall zu Fall an staatliche Behörden weitergeben. Schon seit Februar können die Behörden auch Webseiten bei „Verletzung der Privatsphäre“ sperren lassen.

Zudem sperrte die Regierung in diesem Jahr mehrere Wochen lang den Kurznachrichtendienst Twitter und die Videoplattform YouTube. Regierungsgegner hatten zuvor vor allem dort Telefonmitschnitte verbreitet, die den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatschef Recep Tayyip Erdogan unter Korruptionsverdacht brachten. Das Verfassungsgericht hob beide Sperren auf, weil es die Meinungsfreiheit verletzt sah.

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