Der Wahlsieg des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani lässt die deutsche Wirtschaft hoffen. „Das Wahlergebnis ermutigt zu mehr Handel mit dem Iran und mehr Investitionen im Land“, teilte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), am Samstag mit. Auch Volker Treier vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wertete das Ergebnis aus Sicht der deutschen Wirtschaft als „hoffnungsvolles Zeichen“.
Die deutschen Exporte waren 2016 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 25 Prozent auf rund 2,5 Milliarden Euro gestiegen. Im ersten Quartal 2017 legten die Ausfuhren nach DIHK-Angaben nochmal um 40 Prozent zu. Nach dem 2015 abgeschlossenen Atomabkommen hätten sich die Geschäfte mit dem Iran gut entwickelt, sagte auch Gregor Wolf vom Außenhandelsverband BGA. Der prozentuale Zuwachs trüge dabei etwas, „denn wir kommen von einem sehr niedrigen Niveau“.
Amtsinhaber Ruhani hat nach Angaben des iranischen Innenministeriums die Präsidentenwahl gewonnen. Bei der Wahl ging es um den Kurs des Gottesstaates: Ruhani steht für die Öffnung des Landes, der unterlegene Spitzenkandidat des Klerus, Ebrahim Raeissi, für Abschottung.
Der Wahlsieg Ruhanis ermögliche „eine weitere Einbindung des Irans in die Weltwirtschaft“, sagte Wolf. Er dämpfte allerdings die Erwartungen. Man habe sich zu Beginn deutlich mehr erhofft, als sich bislang wirklich realisiert habe. „Bei vielen Unternehmen ist eine große Ernüchterung eingetreten.“ Es sei zum Beispiel nach wie vor schwierig, Geschäfte im Iran zu finanzieren.
Zum einen sei es schwierig, eine Bank zu finden, die Geld aus dem Iran annehme. Noch schwieriger werde es, ein Kreditinstitut zu finden, das Garantien oder Kredite für ein Geschäft im Iran stelle, erklärte der Volkswirt. „Das ist der Hauptgrund, warum größere Investitionen im Iran derzeit nicht möglich sind.“
Dabei spielen auch noch bestehende US-Sanktionen eine Rolle, die eine große Rechtsunsicherheit etwa für Banken mit sich bringen. Deutsche und europäische Banken, die auch in den USA aktiv sind, schrecken davor zurück, Iran-Deals zu finanzieren. So musste die Commerzbank 2015 auch wegen Verstößen gegen amerikanische Sanktionen bei Geschäften mit dem Iran 1,45 Milliarden Dollar an US-Behörden zahlen. Auch die Bank BNP Paribas wurde mit einer Milliarden-Strafe belegt.
Fragen und Antworten zum politischen System im Iran
Die Grundlage basiert auf dem Welajate-Faghih-System (Statthalterschaft des Rechtsgelehrten) in dem der oberste religiöse Führer des Landes de facto Staatsoberhaupt ist und das Sagen hat. Von 1979 bis 1989 agierte Revolutionsführer Großajatollah Chomeini in dieser Funktion. Nach seinem Tod 1989 wurde Ajatollah Ali Chamenei zum neuen obersten Führer und geistlichen Oberhaupt ernannt.
Der Präsident, das Parlament und der Expertenrat werden demokratisch gewählt. Der Präsident ist politisch verantwortlich für Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik. Zwar ist der oberste Führer Staatsoberhaupt und steht über dem Präsidenten, mischt sich aber nicht direkt in die Arbeit von Regierung, Justiz oder Parlament ein. Bei strategischen Belangen - wie etwa der Billigung des Atomabkommens mit den Weltmächten 2015 - hat der Führer allerdings das letzte Wort. Der Präsident kann in solchen Fällen nicht alleine entscheiden.
Der Expertenrat ist ein Gremium von 88 Klerikern, das den Führer ernennt und dessen Arbeit kontrolliert. Da die Mitglieder des Expertenrats demokratisch gewählt werden, ist nach der Verfassung auch die Ernennung des Führers Teil eines demokratischen Prozesses. Der Wächterrat ist ein konstitutionelles Kontrollgremium mit zwölf Mitgliedern. Sechs davon sind vom Führer ernannte Kleriker, sechs vom Parlament gewählte Juristen. Jedes Gesetz muss von diesem Rat bestätigt werden. Außerdem entscheidet der Rat über die ideologische Qualifikation der Kandidaten für die Wahlen von Präsident, Parlament und Expertenrat.
Im Iran gibt es zwar Parteien, die aber mehr als politische Fraktionen und Gruppierungen agieren. Daher werden sie auch in den Medien „Dschenah“ (Flügel) genannt. Besonders hochrangige Politiker behaupten immer, dass sie überparteilich sind. Es gibt zahlreiche Fraktionen, die aber in drei Gruppen aufgeteilt werden können: die Konservativen, die Fundamentalisten - darunter auch Hardliner - und die Reformer.
Die Konservativen und die Fundamentalisten halten sich beide an die Werte der Revolution. Nur ist ein Teil der Konservativen auch offen für kontrollierte Beziehungen mit dem Westen und begrenzte innenpolitische Reformen. Die Fundamentalisten stehen den Hardlinern näher. Die sehen im Westen den imperialistischen Feind und wollen eine rein islamische Gesellschaft fern von allem Westlichen. Die Reformer wollen außen- und wirtschaftspolitisch gute Beziehungen mit dem Westen. Auch innen- und kulturpolitisch sowie gesellschaftlich fordern sie mehr Freiheiten.
Nach dem Atomabkommen von 2015 hatte eine langsame Öffnung des Irans eingesetzt. Das Wiener Abkommen soll es dem Land unmöglich machen, Atombomben zu bauen. Im Gegenzug wurden die meisten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran aufgehoben. Seitdem wurden auch größere Verträge geschlossen: Airbus soll 100 Flugzeuge an Iran Air ausliefern - die Fluggesellschaft will dafür 18 Milliarden Euro überweisen. Siemens hatte angekündigt, Gasturbinen und Lokomotiven im Iran in Lizenz bauen zu lassen. Für das vergangene Jahr meldeten die deutschen Maschinenbauer steigende Ausfuhren in den Iran.