IHS-Chefökonom in Davos "Meine größte Angst: Hohe Inflation – und zwar schon bald!"

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"Wenn Trump nichts total Dummes macht, läuft es in den USA weiter"

US-Präsident Donald Trump wollte sich deswegen zu Beginn seiner Amtszeit um die berufliche Bildung der Amerikaner kümmern. Was ist daraus geworden?
Es gab da nicht viel. Trump hat sich fälschlicherweise zunächst auf das Abschaffen von Obamacare und Steuererleichterungen konzentriert.

Die Steuerreform wird immerhin viel gelobt. Wie stark kann sie Ihrer Einschätzung nach wirklich zu mehr Wachstum in den USA beitragen?
Sie wird das Wachstum anheizen.

Als klassisches Strohfeuer?
Das steht zu befürchten. Ich rechne mit einem kurzen Aufschwung durch die Steuerreform – und dass sie in spätestens acht Jahren ihre eigenen Effekte konterkarieren wird.

Andere Ökonomen erwarten schon einen weltweiten Wettlauf um die niedrigsten Unternehmenssteuern als Reaktion auf Trumps Steuererleichterungen für Konzerne.
Das sehe ich nicht wirklich.

Als Donald Trump vor einem Jahr vereidigt wurde, waren Sie nicht so optimistisch, was Trump für die Wirtschaft bedeutet. Wie sehen Sie ihn heute?
Die angenehme Überraschung ist: Diese US-Regierung hat viel über Protektionismus geredet, aber nichts gemacht. Dennoch gibt es immer wieder Stänkereien gegen China und Nafta. Insgesamt würde ich sagen, dass diese Regierung in vielen Fragen, die vorher hochgekocht sind, eher pragmatisch gehandelt hat. Das kann sich aber jederzeit ändern.

Davos könnte US-Protektionismus etwas entgegensetzen

Zeigt das nicht auch, dass politische Entscheidungen für die Wirtschaft immer wichtiger werden? Gibt es gar ein Comeback des Politischen?
In den letzten Jahren habe ich das Gegenteil gedacht. Ob Politik in 2018 wichtiger wird? Das ist schon möglich. Aber wenn Trump nichts total Dummes macht, läuft es in den USA weiter. In Sachen Brexit ist alles noch zu konfus, um das zu beurteilen. Auf der anderen Seite haben wir positiven Impact durch jemanden wie Emmanuel Macron in Frankreich oder Justin Trudeau in Kanada. Es gibt also Anzeichen für eine solche Tendenz – aber noch keine harten Belege.

Vergangenes Jahr hat Chinas Präsident in Davos versprochen, sein Land werde eine Art Lordsiegelbewahrer des Freihandels. Hat er Wort gehalten?
Nein. Er klingt gut, wenn er spricht. Aber die Chinesen sind sehr protektionistisch. Ich habe eigentlich aus China nichts gesehen, was den Ankündigungen des vergangenen Jahres entspricht. Im Gegenteil. Im Bereich des Unterlaufens von Markenschutz und Urheberrechten wird es eher immer schlimmer. Dabei ist es doch einfach: Wenn du mitspielen willst, halt dich an die Regeln. Das erkennen die Chinesen aber nach wie vor nicht an.

Gerade heizt US-Präsident Trump das Thema Markenrechte im Streit mit China an. Wie ernst ist das?
Dieser Streit um Markenrechte ist wirklich ernst. Es gibt wirklich viele in den USA, die die Schnauze voll haben. Dieser Streit wird sehr schnell eskalieren.

Was ist die verborgenste Gefahr der Weltwirtschaft Anfang 2018?

Dass den Notenbanken der Weg in eine Welt, in der die Inflation wieder anzieht, nicht gelingt.

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