IHS-Chefökonom Nariman Behravesh „Das goldene Zeitalter der Globalisierung ist vorbei“

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Chinesische Wachstumsprognose ist unrealistisch

Kann das Chaos eine neue Weltwirtschaftskrise auslösen?

Ich glaube, Chinas Bedeutung für die Weltwirtschaft wird überschätzt. Es ist keine Wachstumslokomotive für die Weltwirtchat, höchstens für die Schwellenländer. Für die USA etwa spielen Exporte nach China kaum eine Rolle.

Naja, die deutsche Industrie wird das anders sehen.

Stimmt… Deutschland ist da unter den westlichen Ländern eine Ausnahme und  hat da ein größeres Problem.

 Glauben Sie eigentlich den offiziellen chinesischen Zahlen, wonach die Wirtschaft dort immer noch um zwischen sechs und sieben Prozent in diesem Jahr wachsen wird.

So ein Quatsch. Die chinesische Wachstumsprognose ist nicht realistisch. Ich glaube davon nichts mehr. China wächst vielleicht um vier bis fünf Prozent in diesem Jahr. Mehr auf keinen Fall.

 

Das sind die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt

Warum hat man das Gefühl, die gesamte Weltwirtschaft ist im Siechtum?

Wir haben eine Situation, die wir fast noch nie hatten: Die westlichen Länder leiden sowohl unter einem Angebots- wie einem Nachfrageproblem.

 Welches ist schlimmer?

Ich glaube, auf längere Sicht ist das Angebots-Problem. Seit 2000 sinkt das weltweite Wachstum. Das liegt am Aufstieg der digitalen Technologie. Bis auf einige wenige Pioniere investiert kaum ein Unternehmen nennenswert in diesen Bereich. Hier in Davos müssen wir Wege finden, wie private Unternehmen in Technologie investieren. Die große Gefahr ist, dass alle vor der großen Tech-Revolution stehen und staunen, aber nicht investieren. Das wird eine große Herausforderung, wie man die dazu bringt, auch in dem Bereich Wetten auf die Zukunft einzugehen.

Warum geht das Problem niemand an?

Politik neigt zu sehr dazu, auf die Nachfrageseite zu schauen. Das verspricht schneller Erfolge, vor allem bei Wahlen. China scheint es immerhin in Ansätzen erkannt zu haben. Aber die meisten anderen Länder sind zu kurzfristig orientiert.

 

Sie sagen 2,5 bis 3 Prozent Wachstum für die Weltwirtschaft in 2016 voraus. Was heißt das für die Arbeitsmärkte?

In den USA erwarten wir zwei Millionen neue Jobs in diesem Jahr. Das ist nicht spektakulär aber gut. In Europa werden es nicht so viele, aber auch da entwickelt sich der Arbeitsmarkt nicht schlecht. Vor allem in den Krisenländern tut sich etwas am Arbeitsmarkt. Langsam, aber immerhin.

Die Gastgeber hier beim Weltwirtschaftsforum in Davos haben eine Studie veröffentlicht, wonach die digitale Revolution und die Übertragung von Arbeit auf Roboter schon kurzfristig Millionen Jobs im Westen vernichtet.

Spannend. Aber ich glaube das nicht. Jede industrielle Revolution bisher hat eben nicht zu Massenarbeitslosigkeit geführt. Diese wird es auch nicht. Vor 20 Jahren hatten wir 100000 Telefonisten. Wie viele heute? Dafür hatten wir damals keine App-Programmierer. Alte Jobs gehen verloren, neue entstehen. So ist das.

 

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