„Impeachment“ des US-Präsidenten Der lange Weg zur Amtsenthebung

Der US-Präsident leistet sich Fehler, die auch seine Parteifreunde schockieren. Doch die Republikaner kritisieren Donald Trump nur zaghaft. Der Grund: Ein Amtsenthebungsverfahren hätte bislang kaum Aussicht auf Erfolg.

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US-Präsident Donald Trump. Quelle: AP

Donald Trump war kaum im Amt, da wurde in Washington bereits darüber diskutiert, wie man den umstrittenen US-Präsidenten schnellstmöglich wieder loswerden könnte. Seit Trump in der vergangenen Woche den FBI-Direktor James Comey feuerte, dann vertrauliche Geheimdienstinformationen an den russischen Außenminister Lawrow ausplauderte und jetzt auch noch beschuldigt wird, Comey zur Einstellung der Ermittlungen gegen Michael Flynn aufgefordert zu haben, hat die Debatte über eine Amtsenthebung („Impeachment“) wieder Fahrt aufgenommen.

Der einflussreiche republikanische Senator John McCain nannte Trump wegen des Gesprächs mit dem russischen Außenminister einen „Strohmann“ und verglich die Vorkommnisse mit dem Watergate-Skandal. Die Medienberichte seien „zutiefst verstörend“. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, ging vorsichtig auf Distanz: „Weniger Drama“ aus dem Weißen Haus wäre „hilfreich“, sagte er und kündigte an, einige Vorstöße Trumps im Gesetzgebungsverfahren behindern zu wollen.

Der unabhängige Abgeordnete Angus King aus dem US-Bundesstaat Maine wurde am Dienstag gefragt, ob die neuen Vorwürfe rund um die Ermittlungen gegen Michael Flynn ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump rechtfertigen können. „Ich sage ja, aber nur weil die Behinderung der Justiz ein so schwerwiegender Vorwurf ist. Und ich sage das mit Traurigkeit und Widerstreben“, so Young im Nachrichtensender CNN. In der Vergangenheit hatten Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsidenten meist auf dem Vorwurf der Justizbehinderung gegründet.

Viele Republikaner halten sich indes mit Zuspruch Trumps zurück – äußern aber auch wenig scharfe Kritik. Ein Grund dafür ist, dass sie wahrscheinlich noch lange mit Präsident Trump auskommen müssen. Denn dem sogenannten Impeachment-Verfahren sind enge Grenzen in der Verfassung gesetzt. Nur wenn man Trump Landesverrat, Bestechung und Bestechlichkeit oder „schwere Straftaten und Fehlverhalten“ (wie der Justizbehinderung) nachweisen könnte, hätte der amerikanische Kongress die Möglichkeit, den Präsidenten abzusetzen.

Am vergangenen Wochenende forderte der US-Rechtswissenschaftler Laurence Tribe von der Eliteuniversität Harvard die Amtsenthebung und begründete das mit dem Vorwurf, der Präsident habe durch den Rauswurf Comeys die Justiz behindert und sich damit eines schweren Fehlverhaltens schuldig gemacht. Der FBI-Chef leitete die Ermittlungen gegen die angebliche „Russland-Connection“ der Trump-Regierung.

Pence steht treu zu Trump

Die Behinderung der Justiz ist in den USA keine Kleinigkeit. Bereits die Amtsenthebungsverfahren gegen die früheren Präsidenten Richard Nixon und Bill Clinton stützten sich auch auf diesen Vorwurf. Nixon kam einer Amtsenthebung mit seinem Rücktritt zuvor, Clinton „überlebte“ genau wie mehr als 100 Jahre vor ihm Andrew Johnson das Verfahren, weil es keine politische Mehrheit gab. Findet sich im Repräsentantenhaus jedoch eine einfache Mehrheit, kommt es zu einer Art Gerichtsverfahren vor dem Senat. Hier müssten zwei Drittel der Senatoren (67 von 100) den angeklagten Präsidenten für schuldig befinden.

Die republikanischen Parteifreunde Trumps haben im Repräsentantenhaus derzeit eine Mehrheit von 46 Abgeordneten. In der zweiten Kammer verfügen die Republikaner über 52 von 100 Senatoren. 19 Republikaner und zwei parteilose Senatoren müssten also zusammen mit allen Demokraten für eine Amtsenthebung von Trump stimmen. Obwohl es inzwischen eine gute Handvoll Senatoren um den Trump-Kritiker John McCain gibt, ist die innerparteiliche Opposition weit von dieser Zielmarke entfernt. Und auch im Repräsentantenhaus zeichnet sich keine Mehrheit gegen Trump ab.

Solange die politische Mehrheit der Meinung ist, dass der Präsident kein offensichtliches Fehlverhalten an den Tag gelegt oder einen Gesetzesbruch begangen hat, müssen die Trump-Kritiker mindestens bis zu den Halbzeitwahlen im November 2018 warten. Dann werden das Repräsentantenhaus und Teile des Senats neu gewählt.

Genauso unwahrscheinlich erscheint es im Moment, dass Trump dem 25. Verfassungszusatz zum Opfer fällt. Dort gibt es die Möglichkeit, den Präsidenten abzusetzen, wenn er sein Amt aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht mehr ausüben kann. Dafür müsste allerdings Vizepräsident Mike Pence im Kabinett eine Mehrheit finden. Weder Pence noch ein anderes Kabinettsmitglied haben bislang angedeutet, dass sie dazu bereit wären. Im Gegenteil: Der Vizepräsident gehört zu Trumps treuesten Verbündeten.

Genau wie die Mehrheit seiner Parteifreunde wird Pence sich erst dann gegen den Präsidenten stellen, wenn sein eigenes politisches Überleben in Gefahr ist. Zwar hat Trump in der Bevölkerung an Zuspruch verloren – wenn sich jedoch seine Partei nicht gegen ihn wendet, wird er bis zur nächsten Präsidentschaftswahl 2020 im Amt bleiben.

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